Feine Weine aus Bordeaux schmachten in Lagerhallen

27.11.2015 - arthur.wirtzfeld

CHINA (Shanghai) - Es ist ein trauriges Bild, aber eines mit Symbolcharakter - die Kisten von Château Brehat aus Bordeaux sind verstaubt. Schon drei Jahre liegen diese in einem Zolllager am Stadtrand von Shanghai. Mehr als drei Viertel des ursprünglichen Preises habe er verloren, beklagt der Importeur Europasia. Es ist ein herbes Erwachen für den Weinhandel in China. Der Boom, der seinen Höhepunkt nach 2010 erreichte, ist Vergangenheit. Chinas Weinkonsum, der sich jährlich zu verdoppeln pflegte, ist eingebrochen. Bis zum Jahr 2020 soll der Konsum nur noch rund ein Prozent pro Jahr ansteigen, sagen Analysten.

 

Der markante, ernüchternde Rückgang des Konsums bereitet dem Handel arge Kopfschmerzen. Viele Importeure, geleitet durch den Weinboom der letzen Dekade, hatten hoch investiert und sich ein breites Portfolio an ausländischen Weinen angelegt. Die Weinhändler trieb die Hoffnung auf ein immer schnelleres Wachstum. Aber die Kampagne gegen Korruption und die gleichzeitige Aufforderung der kommunistischen Regierung, weniger Alkohol zu konsumieren, begründen im Wesentlichen die Flaute im Weinimport und im gesamten Weinhandel in China.

"Als wir anfingen gab es eine große und stetig steigende Nachfrage. Wir waren in der Lage, die Preise zu diktieren und große Importmengen waren für uns kein Problem", sagt Xavier Grangier, Vertriebsleiter des Logistikers Europasia. Das Unternehmen unterhält in Shanghai ein 4.000 Quadratmeter großes Lager und hortet dort über 250.000 Flaschen Wein, die meisten aus Europa. Nun hat Europasia die Preise gesenkt - und dennoch, die meisten Weine sind im Moment unverkäuflich. "Allein hier in Shanghai haben seit 2013 über 2.000 Weinhändler aufgegeben. Alle haben sie ihre Geschäfte geschlossen und sind nicht mehr im Weinhandel tätig", sagt Grangier.

Laut Analysten von IWSR schaffte der chinesische Weinhandel ein Umsatzvolumen von 78 Milliarden Yuan (knapp 11,5 Milliarden Euro) pro Jahr, wobei ein Drittel davon importierte Weine betraf. Diese Zahl wird auf viele Jahre hinaus wohl nicht mehr erreicht werden. Der Weinkonsum in China steuert auf ein Rekordtief zu, glaubt man den Analysten. Sie machen vor allem das Vorgehen der Regierung gegen die Korruption dafür verantwortlich. Darunter leidet nicht nur der Weinhandel, sondern auch alle Luxusgüter, wie weltweite bekannte Designermarken und auch global agierende Automobilhersteller.

"Noch in 2010 war China das El Dorado für Wein. Jeder Millionär leistete sich einen großen Bestand an den besten Tropfen. Viele Neureiche und Firmenchefs kauften sich Weingüter, vor allem in Bordeaux und Weinimporteure wurden praktisch täglich geboren. Jeder wollte mitmischen", resümiert Grangier das Geschehen. "Jetzt sind wir schon froh, wenn wir die importierten Weine gerade noch zum Bezugspreis verkaufen können. Und es kommt noch ein Faktor dazu. Die meisten Lagerhallen sind nicht zum Lagern von Weinen geeignet, die Hallen des Zolls sowieso nicht. Man war ja darauf eingestellt, die Weine direkt nach dem Import auch auf den Markt zu bringen und gewohnt an jeder Ecke einen Käufer zu finden. Es ist schon traurig jetzt mit ansehen zu müssen, wie feine Weine aus Bordeaux für 15 Yuan (etwa 2,20) verkauft werden müssen."