Graf Schönborn: Ermittlungsverfahren eingestellt – Spannung bleibt

25.03.2015 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Hattenheim) - Aufatmen bei Paul Graf von Schönborn, dem Hausherren des traditionsreichen Domänen-Weingutes Schloss Schönborn in Hattenheim mit "Filiale" Schloss Hallburg im fränkischen Volkach. Das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren wegen Weinmanipulationen wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

 

Derartige Modalitäten werden in der Rechtsprechung offenbar modern. Auf jeden Fall hat Graf Schönborn jetzt etwas gemeinsam mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, der sich bei einem spektakulären Schmiergeld-Prozess in München freikaufen konnte. Nur bei der Summe gibt es erhebliche Unterschiede. Der Brite musste 100 Millionen Dollar löhnen, der Gutsbesitzer kam mit schlappen 35 000 Euro davon.

Er habe als Arbeitgeber und Betriebsinhaber Mitverantwortung übernommen, weil er seine Mitarbeiter besser hätte kontrollieren müssen, informiert der Graf. Nach wie vor hinterlässt es bei ihm "ein großes Fragezeichen", welche Motive seinen vormaligen Rheingauer Betriebsleiter Peter Barth zu Manipulationen im Keller getrieben hätten. Unerlaubte Konzentration, verbotener Verschnitt und Zusatz von Alkohol bei edelsüßen Weinen waren unter anderem aufgeflogen. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum er so gehandelt hat", meint Paul Graf von Schönborn.

Ein Grund war vielleicht die Vergabe der Weinbergbewirtschaftung an ein externes Unternehmen. Innerhalb weniger Jahre verschlechterte sich der Zustand der Rebanlagen auch in klassifizierten Gewächs-Lagen merklich. Aber niemand nahm Anstoß, lediglich der fränkische Betriebsleiter Georg Hünnerkopf übte gelegentlich ergebnislos Kritik. Durchaus denkbar, dass damit eine Verschlechterung der Traubenqualität einher ging und deshalb im Keller nachgeholfen werden musste. Schließlich wollte Betriebsleiter Barth (der schnell nach Bekanntwerden der Ermittlungen "verabschiedet wurde") seinen Status als "Gutsverwalter des Jahres 2009" im Gault Millau wahren.

Wie dem auch sei, die Vorfälle hatten erhebliche Konsequenzen. Das Weingut musste sich mit beiden Betriebsteilen aus dem Verband der Prädikatsweingüter (VDP) verabschieden. Es kam wohl zudem zu Absatzeinbußen, weshalb in letzter Zeit auch Teile der Rebfläche verpachtet wurden. Die Qualität wurde nicht erschüttert. Nach Bekanntwerden der Vorfälle wurde das Rheingauer Weingut durch den Oenologen Steffen Röll auf Kurs gebracht. Er reorganisierte den Außenbetrieb und tätigte einige Investitionen in den Keller.

Jetzt sind die Weichen für die Zukunft gestellt. Ein neues Führungsteam mit Florian Franke als Kellermeister (vormals beim Öko-Betrieb Peter Jakob Kühn) und Christian Valk (vorher Wein-Wolf) als Weingutsleiter ist seit Dezember 2014 im Amt. Graf Schönborn selbst will mit einer regelmäßigen Anwesenheit in Hattenheim dazu beitragen, dass das Weingut "wieder in eine kreative Phase" kommt und "den Fortbestand unserer seit 1349 gelebten Tradition im Rheingau gewährleistet."

Einen richtigen Neustart datiert der Gutsbesitzer auf den 14./15. Mai 2015, den Tagen des offenen Weinkellers. Hier könne man sich einen Eindruck vom neuen Domänenweingut machen. Der nächste Schritt sei die Wiedererlangung der Mitgliedschaft im VDP für beide Betriebe in die jeweiligen Landesverbände. Schließlich zähle man hier zu den Gründungsmitgliedern. "Beide Weingüter sollen unbelastet von der Vergangenheit am Markt teilnehmen und sich entsprechend neu positionieren", wünscht sich der Graf.

Ganz ausgestanden ist die Sache indes nicht. Peter Barth wird sich noch zu verantworten haben und dann möglicherweise vor Gericht auf seinen vormaligen Arbeitgeber treffen. Nach seinem Ausscheiden war er nicht hart gefallen, sondern hatte sofort eine neue Stelle als Kellermeister im Weingut Fitz-Ritter in Bad Dürkheim angetreten. Dieses Haus ist pikanterweise Mitglied im VDP und beschäftigte damit einen Mann, der ein VDP-Weingut zum Ausscheiden gezwungen hatte. Jetzt lässt Johann Fitz, der Inhaber des Weingutes, wissen, dass Barth das Weingut Ende März wieder verlässt. Das Ziel ist unbekannt. Obwohl Barth gegenüber der "Weinwirtschaft" betonte, er bleibe dem Betrieb freundschaftlich verbunden, bleibt Raum für Spekulationen. Hängt es mit der Qualität zusammen? Schließlich kritisierte der Gault Millau in seiner letzten Ausgabe "einen Trend nach unten" und einen "ältlichen Stil bei den Rieslingen." Oder gab es von Seiten des VDP einen Wink mit dem Zaunpfahl? Oder befürchtet man bei Fitz-Ritter, dass eine Anklage gegen den Kellermeister des Hauses negative Auswirkungen haben könne? Die Spannung bleibt noch ein Weilchen erhalten. (rudolf.knoll)

PS: Wie wir nach Veröffentlichung dieses Beitrages erfuhren ist der neue Arbeitgeber von Peter Barth ab dem 1. Mai 2015 das Weingut Ottes in Lorch im Rheingau.