Chinas Weinmarkt nach Bordeaux

23.03.2016 - arthur.wirtzfeld

CHINA (Beijing) - Bis zum Wendejahr 2012 wurden Top-Weine aus Bordeaux in China kaum konsumiert - diese Tropfen waren ein Statussymbol und ein sehr begehrtes Geschenk. Der aktuelle gestiegene Konsum, vor allem der Konsum der Mittelschicht, ist dagegen völlig neu. Das bedeutet aber auch, die Weine sind nicht mehr die gleichen wie noch bis 2012 - vor allem der Preis ist ein anderer. Die Qualitäten liegen nunmehr im mittleren Bereich, die Preise eher noch darunter. Öffnet dieses veränderte Konsumverhalten den Weinen aus aller Welt Tür und Tor? Schauen wir uns mal die Situation näher an:

 

Die Analysten der IWSR (International Wine and Spirit Source) bescheinigen China derzeit Platz fünf der Wein konsumierenden Ländern und das zweitgrößte Wachstum, nach dem russischen Markt, bis zu Jahr 2019. Die Zahlen für 2015 sind schwindelhoch - 1,278 Milliarden Liter Wein konsumierten die Chinesen im vergangenen Jahr. Im Jahr 2019 sollen es über 1,322 Milliarden Liter sein. Zusammen mit China bescheinigen die Analysten der Region Asien-Pazifik weltweit das größte Wachstum im Weinkonsum bis zum Jahr 2019. Allein der aktuelle Konsum von ca. 1,704 Milliarden Flaschen (0,75 Liter) wird in dieser Region bis zum Jahr 2019 um weitere 246 Millionen Flaschen zunehmen - vielleicht sogar die Marke von zwei Milliarden Flaschen erreichen oder sogar übertreffen.

Die größten Chancen für exportierende Weinländer bestehen in Asien zurzeit in China und in Japan. Bezogen auf den stetig steigenden Konsum beider Länder wird mit einem Zuwachs von bis zu 17 Prozent bis zum Jahr 2019 gerechnet, wobei derzeit die importierten Weine in China einen Marktanteil von 20 Prozent erreicht haben. Längst weiß der chinesische Verbraucher die Preise der ausländischen Weine einzuschätzen - er weiß auch viel mehr über diese Weine als zuvor. Früher mussten die Weine teuer und sehr gut sein - jetzt dreht sich alles um normale Qualitäten und um günstige Preise.

Das Stigma 'Bordeaux', was im positiven Sinne für Qualität, Können und Tradition steht, ist scheinbar unauslöschlich in den Köpfen der Chinesen eingebrannt. Allerdings nicht mehr hinsichtlich der qualifizierten Châteaux. Auch aus Bordeaux haben nur noch die Weine mit guter Qualität zu vernünftigen Preisen eine reale Chance. Im Bezug auf die mittlerweile gewachsene Vielfalt der importierten Weine werden sich unweigerlich Trends bilden. Die Chancen für die Weine Europas, vor allem aus Italien sowie der Weine aus den neuen Weinländern (Nord- und Südamerika, Südafrika und vor allem Australien) sind stark gestiegen. Jetzt ist ein intelligentes und nachhaltiges Marketing gefragt, um den Vorteil 'Bordeaux’ auszugleichen.

Weißweine haben immer noch eine markante Hürde in Chinas dominierendem Rotweinmarkt zu nehmen. Ganz anders in Japan, wo der Markt für Weißweine schon 30 Prozent überschritten hat und stetig zunimmt. Rotwein profitiert enorm von dem Verständnis der Chinesen - die Farbe Rot ist ein Symbol für Glück, weiß ist die Farbe des Todes. In China wird sich der Konsum der Rotweine daher weiter behaupten - nur auf mittelfristige Sicht haben hier Weißweine eine realistische Chance, Marktanteile zu erobern.

Der zunehmende Konsum der Sektion 'weiße Schaumweine' in China darf dabei nicht täuschen. Es sind die vinophilen Konsumenten in den urbanen Zentren, wo Sekte, Champagner und Co. in den Klubs immer mehr Zuspruch erhalten. Weiter draußen im Land, auch in den Städten zweiten und dritten Ranges, ist dieser Trend noch nicht angekommen, aber er wird kommen. Wenn man den Markt in China in den letzten zehn Jahren betrachtet, so ist festzustellen, dass sich die Trends etwa alle zwei Jahre erneuern. Insofern werden wir in 2017 vielleicht veränderte Verhältnisse haben.