Gemischte Gefühle in Frankreich wegen des neuen Pflanzrechtes der EU

11.01.2016 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Paris) - Die lang debattierte und viel diskutierte Deregulierung bezüglich der Pflanzrechte für Reben in den Weinbergen seitens der EU sind am 1. Januar in Kraft getreten. Das bisherige System ist damit aufgeweicht, was letztlich bedeutet, theoretisch können auf Ländereien und Gebieten, die bisher nicht für den Weinbau vorgesehen waren, nunmehr Reben kommerziell angepflanzt werden. 

 

Die Befürchtung französischer Appellationen war groß, dass ihre angestammten Weingebiete darunter leiden, ja sogar gefährdet sein könnten. Denn die neuen Regeln erlauben es in der Theorie, dass beispielsweise die nordfranzösische Region Picardie (Departementes Aisine, Oise und Somme), wo an der Grenze zur Champagne auch Weinbau betrieben wird oder die Ile de France (identisch mit dem Ballungsraum Paris) zukünftig auf den Etiketten steht. Weine aus diesen Gebieten durften bisher ausschließlich nur für den Privatgebrauch produziert werden.

Doch die Lobbyarbeit aller EU-Mitgliedstaaten, unterstützt von ihren jeweiligen Winzerschaften, haben für die Einführung von Schutzklauseln gesorgt. Die Wichtigste davon: Neupfanzungen dürfen ein Prozent der bestehenden Rebfläche eines Mitgliedstaates nicht überschreiten. Für Frankreich bedeutet dies, dass im Jahr 2016 rund 8.000 Hektar zusätzliche Rebflächen neu angepflanzt werden dürfen. Außerdem haben die Mitgliedstaaten der EU das Recht, die Ausweitung von Rebflächen in bestimmten Bereichen zu beschränken - sie dürfen entscheiden, wo zusätzlicher Anbau "angemessen" oder "gerechtfertigt" ist.

Dennoch regieren viele Winzer in Frankreich nervös - sie befürchten, die Änderungen seien Vorboten zukünftiger Schwierigkeiten. "Die neue Vorschrift ist an sich erst einmal überschaubar, aber sie hat das Potenzial für größere zukünftige Änderungen", kommentier Jean Baptiste Bourotte, ein Weinhändler und Winzer aus Pomerol in Bordeaux gegenüber dem Decanter. "Es ist und bleibt sicherzustellen, dass Weinbau nicht in ungeeigneten Gebieten betrieben wird und das die bestehende Qualität der Weine aus Frankreich gewahrt und geschützt bleibt."

Das neue Pflanzrecht hat auch Auswirkungen auf die Levels des französischen Weinbaus. Es gelten nunmehr Kategorien AOC/AOP (Appellation controllée), IGP (indication géographique protégée) und VSIG (vins sans indication géographique) - Letztere ersetzt die Kategorie der Tafelweine (Vin de France). Das Gesetz sieht eine Übergangszeit bis zum Jahr 2030 vor. Bis dahin dürfen bisherige Bezeichnungen auf den Etiketten verwendet werden.