Mouton Cadet und radikale Korrekturen

24.03.2016 - R.KNOLL

FRANKREICH (Bordeaux) - So mancher Weinfreund, der sich normalerweise teure Bordelaiser Weine nicht leistet, hat sich schon einen Mouton Cadet aus dem Regal gegriffen, im Glauben, ein besonderes Schnäppchen gemacht zu haben, weil der Wein nur so um 13, 14 Euro kostete. „Preis falsch ausgezeichnet“, wurde frohlockt. Wenn es in der Vergangenheit jemand war, der gewisse Ansprüche an die Qualität stellt, wurde spätestens nach dem Öffnen der Flasche klar, dass das nicht der legendäre Mouton-Rothschild war.

 

Aber es handelt sich um eine weltweit erfolgreiche Marke. In rund 140 Länder wird sie in einer Auflage von etwa 10 Millionen Flaschen geliefert. Kreiert wurde sie einst im Jahr 1930 von Philippe de Rothschild (1902-1988), der 1922 das Weingut von seinem Vater übernommen hatte, aber das Leben eines Playboys führte und auch einige Autorennen fuhr. Doch zugleich entpuppte er sich als Marketingprofi. Er „erfand“ die Château-Abfüllungen und lieferte seine Weine nicht mehr in Fässern an die Großhändler, wie es damals üblich war. So konnte er bessere Geschäfte ohne Zwischenhandel machen. Dann versuchte er sich 1927 an einem einfacheren „Carruades de Mouton“, der aber floppte. Der nächste Versuch mit dem „Mouton Cadet“ klappte dagegen und funktionierte bis heute. „Cadet“ bedeutet „Junior“ oder „Jüngster“ – das Synonym für Philippe innerhalb der Familie. 

Vor rund 15 Jahren begann im Unternehmen das Nachdenken über die Qualität des Mouton Cadet, der sich aufgrund seiner Cabernet Sauvignon-Dominanz meist ziemlich grün und derb präsentierte, auch deshalb, weil die Grundweine kaum aus dem Besitz des Hauses stammten, sondern offen zugekauft wurden. Es dauerte einige Jahre, bis die nötige Umstellung vollzogen war. Hugues Lechanoine, der Geschäftsführer von Baron Philippe de Rothschild, der 2001 ins Unternehmen einstieg, leitete den Relaunch in Sachen Qualität in die Wege. Auch der einfache Wein des Hauses muss schmecken, war seine Devise. 

Die im August 2014 verstorbene Philippine de Rothschild gab als damalige Chefin grünes Licht für notwendige Änderungen, die hausintern durchaus die Gewinnspanne schmälerten. Denn inzwischen werden nur mehr allenfalls 20 Prozent zugekauft. Der größte Teil des Weines stammt von 400 Vertragswinzern, die über das Jahr intensiv betreut werden. Das kostet natürlich mehr, aber tut der Qualität gut. Außerdem wurde die Sortenstruktur radikal verändert, weg vom kantigen Cabernet, hin zum geschmeidigen, saftigen oder sogar fruchtig anmutenden Merlot, der heute 80 Prozent Anteil an der Marke hat. Lechanoine erinnert sich an den Start: „Früher waren die Winzer im Bordelais wenig geneigt, Grundwein für diese Marke zu liefern. Heute hat sich die Einstellung geändert, weil das Niveau besser ist und wir zudem gute Preise bezahlen.“ Der personelle Einsatz hat sich ebenfalls geändert. Vor 15 Jahren waren im Haus gerade mal zwei Leute für den Mouton Cadet zuständig; heute ist das ein Team von sieben Fachleuten. 

Auch beim weißen Mouton, der in einer deutlich geringeren Auflage auf den Markt kommt, hat man an der Qualitätsschraube gedreht. Sauvignon blanc und Semillon liefern einen knackigen, feinwürzigen Wein. Die aktuelle Änderung für Deutschland war der Wechsel des Importeurs, weg von Wein-Wolf, hin zu Eggers & Franke. Das Bremer Haus bekommt damit rund 650.000 Flaschen Zuwachs, 120.000 Flaschen fließen dabei über Duty Free an den Flughäfen ab. Der Geschäftsführer erklärt: „Deutschland ist für unsere Marke einer der wichtigsten Märkte weltweit. Wir wollen hier noch mehr Akzente setzen und in allen Vertriebsnetzen aktiv sein.“

Wie hält es Hugues Lechanoine selbst mit Wein? „Ich trinke besonders gern den weißen Mouton Cadet“, erzählt der 46-Jährige, der von Pernod Ricard kam und Business in Japan studierte. Auch die Réserve-Version des roten Mouton Cadet macht ihm Spaß. Eine Flasche mit dem großen Namen Mouton-Rotschild nimmt er vielleicht 20 Mal im Jahr in die Hand, „aber kaum einmal allein.“