Donauriesling – eine neue, verwirrende Sorte

06.01.2015 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Krems) - Der klassische Riesling ist vom Namen her nicht ganz allein auf sich gestellt. Er hat nicht nur einige Dutzend Synonyme in verschiedenen Ländern. Erlaubt ist auch eine „Firmierung“ als Rheinriesling und Riesling Mosel (die beiden einzigen Flüsse mit zulässigem Zusammenhang). Wie man inzwischen weiß, gibt es mit Roter Riesling einen Urahnen, von dem der Riesling wohl per Mutation abstammt (wir berichteten: ‚Macht Roter Riesling in Deutschland Karriere?’). Und dann gibt es noch als eigenständige, auch stilistisch nicht verwandte Sorten den in Österreich weit verbreiteten Welschriesling, die vorwiegend sächsische Spezialität Goldriesling (Kreuzung Riesling x Früher Malingre) sowie das uralte Synonym Grobriesling für Elbling. Historisch verbürgt ist außerdem die heute wohl vermutlich ausgestorbene Züchtung Elbriesling (Elbling x Riesling) aus dem 19. Jahrhundert. Und neuerdings gibt es noch Donauriesling…

 

Manche Rieslingfans werden bei Nennung dieser Bezeichnung zum großen Fragezeichen mutieren. Verständlich. Denn Donauriesling ist eine neue Sorte mit bislang sehr geringer Verbreitung ausschließlich in Österreich. Im Raum Krems soll sie in nächster Zeit in etwas größerem Umfang angepflanzt werden. Winzer Josef Bauer aus Großriedenthal (Wagram) pflanzte im Frühjahr 2012 rund 800 Stöcke auf Anraten eines Verwandten, dem bio-orientierten Kellereiinspektor a. D., Walter Bauer. Landeshauptmann Erwin Pröll ließ es sich nicht nehmen, diesem Akt beizuwohnen. Die erste Ernte des Jahrgangs 2014 mit 300 Kilo Trauben reichte nicht, um einen selbstständigen Wein zu erzeugen. Aber die ersten Erfahrungen von Bauer sind nicht schlecht. Das Mostgewicht war gut (18 KMW = etwa 90 Grad Oechsle), die Säure etwas niedriger als beim klassischen Riesling. Und der Einsatz von Spritzmitteln konnte deutlich reduziert werden, weil die Sorte zur Kategorie der pilzwiderstandsfähigen Varietäten (Piwi) gehört. 

Gezüchtet wurde die Sorte bereits 1978 auf der Höheren Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg. Eltern und Mitbeteiligte sind Riesling und eine Kreuzung von Freiburger Sorten mit Anteilen von Seyve Villard (eine um 1928 gezüchtete Hybride aus Frankreich), Pinot Gris und Gutedel. Die gezüchteten Reben fanden zunächst keine Beachtung, ehe sie Dr. Ferdinand Regner, Leiter der Abteilung Rebenzüchtung in Klosterneuburg, in einer ungepflegten Anlage entdeckte, sie vor der Vernichtung bewahrte und so weiter entwickelte, dass sie 2012 freigegeben werden konnte. Bei Blindverkostungen habe die Sorte vorher im Vergleich mit dem klassischen Riesling stets gute Bewertungen bekommen, berichtete Regner bei der Pflanzaktion dem „Kurier“.

Scheinbar wurde in Klosterneuburg länger überlegt, welchen Namen man der Sorte geben kann. In der Vergangenheit musste immer wieder mal ein Züchter oder leitender Mitarbeiter von Klosterneuburg herhalten, etwa beim Zweigelt (dessen Züchtervater trotz seiner intensiven Nähe zum Nationalsozialismus zum Namenspaten wurde), aber ebenso bei den jüngeren Piwi-Sorten Rathay und Roesler (deren Paten einen tadelsfreien Ruf hatten). Regner wäre denkbar gewesen, aber der Klosterneuburger Experte hatte sich ohnehin schon international einen sehr guten Namen für seine Erbforschung bei Sorten gemacht (eine spezielle genetische Analyse, mit der viele „Ahnen“ von Reben erst bestimmt oder bei Züchtungen falsche Zusammensetzungen korrigiert werden konnten). 

Also kam man auf Donauriesling. Das wiederum erzürnt derzeit einen Winzer in Krems. Meinrad Forstreiter verkauft „Donau Riesling“ (meist in dieser Schreibweise) bereits seit über 20 Jahren, obwohl es sich um den klassischen Riesling handelt. Die Weine haben eine Reihe von Auszeichnungen errungen, der 2005 schaffte sogar den Einzug in den „Salon Österreichischer Wein“. Sie gehören zur DAC Kremstal-Kategorie. Es gab nur einmal eine kritische Nachfrage von Kellereiinspektor Bauer, die aber im Sande verlief. Ansonsten blieben die Behörden stumm – obwohl die Donau im Zusammenhang mit Riesling nie unter den zulässigen Synonymen aufgeführt wurde. Der Wein wurde auch nach Deutschland exportiert; Importeur Gert Rindchen in Hamburg reagierte ebenfalls nicht irritiert und bietet nach wie vor „Donau Riesling DAC von faszinierender Vitalität“ an.

„Mit welchem Recht steht Donau Riesling auf dem Etikett?“, fragt sich Dr. Ferdinand Regner. „Es gibt keinen DAC-Wein in Österreich, der Donau im Namen hat.“ Er selbst sieht sich im Recht mit seiner Namenswahl und verweist darauf, dass im deutschsprachigen Raum kein Weinbaugebiet mit Donau im Namen gebe, also auch keine Verwechslungsgefahr bestehe. Außerdem könne die Slowakei eine Sorte namens Dunja und Ungarn eine Donauperle vorweisen. „Ein Verbot von Donau im Rebsortennamen würde nicht ganz selbstverständlich hingenommen werden“, glaubt Regner. 

Der Vergleich hinkt etwas, zumal Donauperle eher eine Markenbezeichnung für einen Wein von der Mädchentraube ist und Dunja allenfalls als Tafeltraube Erwähnung findet. So kann ein Verbot des irritierenden Flussnamens im Zusammenhang mit einer Rebsorte durchaus ein Thema werden – auch wenn das in Österreich über zwei Jahrzehnte lang verpennt wurde. Schließlich gibt es das Beispiel der Züchtung von Riesling mit Silvaner, die ursprünglich als fränkische Kreuzung Mainriesling hieß (wir berichteten: ‚Jubiläum in Franken: Vom Mainriesling zum Rieslaner’) und dann 1963 zum Rieslaner umbenannt werden musste, wegen der Verwechslungsgefahr mit Riesling.

Kann sein, dass namhafte österreichische Winzer, die an der Donau mit klassischem Riesling Erfolg haben, den Aufstand anzetteln, wenn sie erst richtig mitbekommen, was da vor sich geht. Der Kremser Forstreiter wird dann nicht an der Front stehen. Er signalisiert bereits, dass es bei ihm ab der Ernte 2014 keinen Donau Riesling mehr geben wird – sein Statement: „Wir möchten nicht mit diesem Piwi verwechselt werden.“

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