Rheinhessens VDP forciert „Ortswein“

02.05.2011 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Westhofen) - Ein neuer Begriff beginnt sich in Deutschlands Weinwelt langsam zu etablieren. Ausgangspunkt und Impulsgeber für den „Ortswein“ ist das Anbaugebiet Rheinhessen und hier wiederum der regionale Verband der Prädikatsweingüter (VDP) mit seinem Vorsitzenden Philipp Wittmann aus Westhofen.

 

Kürzlich bat der Verband zur ersten deutschen „Ortswein-Preview“ in Mainz im Vorfeld der Mainzer Weinbörse. Für die gut besuchte Veranstaltung, die ihren übersetzten Titel „Vorschau“ wohl deshalb bekam, weil der Begriff keine offizielle gesetzliche Legitimation hat, gab es sogar Lob aus Russland. Die Moskauer Journalisten Irina Klimenko urteilte: „Sehr interessant. Und sehr gute Weine.“

Ortsweine sind Bestandteil der dreistufigen Klassifikation innerhalb des VDP. Sie stehen zwischen dem Gutswein und dem Großen Gewächs (Erste Lage), sind also gewissermaßen „Zweitweine“ der Güter, haben aber durchaus erstklassige Ansprüche. Steht „Westhofen Silvaner“ oder „Nierstein Riesling“ auf dem Etikett, soll klar sein, dass die Sorten vom Charakter der Böden des jeweiligen Ortes geprägt sind und auch ein typisches Geschmacksbild (in der Regel trocken) haben. Für die Ortsweine gilt, so das Lob von Rheinhessens Weinwerber Bernd Kern, „dass sie ein attraktives Preis-Genuss-Verhältnis bieten“.

Otto Schätzel, Direktor der Staatsdomäne Oppenheim und einer der Vordenker in Rheinhessen, nennt ein Motiv für diese Initiative: „Der internationale Wettbewerb zwingt die Weinwirtschaft zur Profilierung von Herkünften, Betrieben, Rebsorten und Lagen. Das dreistufige Klassifikationsmodell ist eine klar verständliche Einteilung der Weinkategorien.“

Die Möglichkeiten hat Deutschland durch die EU-Weinmarktreform bekommen. Sie kann eine Abkehr vom Mostgewichtsprinzip zum Herkunftsprinzip bedeuten und lässt die Einführung von neuen geschützten Ursprungsbezeichnungen zu. Zugleich wäre das eine Chance, die durch die Markenweine längst überflüssigen Großlagen abzuschaffen. Hinzu kommt hier, dass die Namen oft suggerieren, es handle sich um kleine, individuelle Dorf-Steillagen - eine klare Irreführung der Verbraucher. Auch das bisherige System mit teilweise ausgeuferten Einzellagen, die manchmal größer sind als ein ganzes Anbaugebiet, ließe sich reformieren. VDP-Präsident Steffen Christmann spricht sich zudem für eine deutliche Anhebung der Mindestmostgewichte aus: „Nicht unter 80 Grad Öchsle beim Ortswein, bei Einzellagen-Angabe nicht unter 85 Grad.“

Neue Begriffe müssen dafür nicht gefunden werden. Aber die Herkunft wird klarer heraus gestellt. Das gibt, so Christmann, „dem Konsumenten den Hinweis auf ein authentisches Geschmackserlebnis, das nur in der Region entstehen kann.“ Kapieren müssen das allerdings auch die Winzer, die zum Beispiel mit einem Begriff wie „Classic“ ziemlich achtlos umgehen und hier mit allen möglichen Geschmacksvarianten irritieren. Ein „Westhofen Bacchus“ mit der Geschmacksangabe feinherb wäre nicht das, was die Erfinder unter Ortswein verstehen. Sie haben den Begriff eingegrenzt auf klassische Burgundersorten, Silvaner und Riesling und freuen sich, dass immer mehr rheinhessische Erzeuger, die (noch) nicht dem VDP angehören, auf das Drei-Stufen-Modell aufspringen. Philipp Wittmann: „So können wir gemeinsam an einem neuen Rheinhessen-Profil arbeiten.“ 

Das könnte Sie auch interessieren

Zurück zur Übersicht