Winzertalent von der Mosel: Philipp Kettern mag es steil

09.11.2012 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Piesport) - Es ist noch keine Ewigkeit her, da stand die Mosel mit 13 000 Hektar in der Rebflächen-Statistik. Heute sind es weniger als 9000 Hektar. Wer durch das Gebiet fährt, sieht in mancher steiler Flur große Brachen, wo einst Riesling wuchs. Viele Flächen wurden aufgegeben, weil die Arbeit zu mühsam ist und die finanziellen Erträge oft nur gering sind. Wer als Winzer keinen bekannten Namen hat, tut sich schwer, Preise durchzusetzen, von denen sich leben lässt. Aber immer wieder machen junge Winzer Hoffnung auf eine dennoch gute Zukunft dieser uralten Weinregion. Aktuelles Beispiel: Philipp Kettern aus Piesport.

 

Ihn faszinierte der Weinbau, in vorwiegend steilen Fluren von Vater Lothar betrieben, schon in der Jugend. Aber erst 2009 entschied sich der junge Mann, der Mitte November 2012 seinen 27. Geburtstag feiert, in das 6,5-Hektar Weingut der Familie einzusteigen. Vorher hatte er eine Ausbildung zum Winzergesellen bei den Hessischen Staatsweingütern im Rheingau gemacht und anschließend die Fachschule für Weinbau in Bad Kreuznach besucht.

Für ihre Gastfreundschaft ist die Familie durch ihre Straußwirtschaft und die vier Gästezimmer mit Moselblick schon länger bekannt. Wer hier einzieht, kann wählen zwischen den Zimmern Treppchen, Günterslay, Falkenberg und Goldtröpfchen. Das sind die vier Lagen, in denen man Besitz hat. Die Parzellen im renommierten Piesporter Goldtröpfchen gehören den Ketterns schon seit rund 200 Jahren. Den Riesling aus dieser Flur stellt Philipp Kettern in den Vordergrund. „Diese Lage ist eine hervorragende Voraussetzung für die Erzeugung hochwertiger Rieslingweine.“

Im Weinberg entdeckte der junge Mann vor einigen Jahren einen rund hundert Jahre alten Gedenkstein mit einigen Symbolen, denen er spontan Bedeutung beimaß. Ein Kreuz ist für ihn „der Glaube an die Renaissance des Riesling“, ein Herz sieht er als „Liebe zur knallharten Arbeit in den Steillagen der Mittelmosel“. Und mit einem Anker verbindet er „die Hoffnung, dass sich das unternehmerische Risiko auszahlt.“

Für die Zukunft will er sich ausschließlich auf Riesling konzentrieren und möglichst alles in der Flasche vermarkten. Flache Lagen sollen gegen Steillagen ausgetauscht werden. In denen will er „biologische Erkenntnisse ohne die Geißel einer Zertifizierung nutzen“. Späte Lese und lange Reifezeit werden angestrebt, wenn es die Natur zulässt. In die Flaschen kommen soll Riesling, der „nicht vordergründig blendet oder betört“, aber Trinkspaß sowie „tänzelnde Frische“ liefert. Das kam schon vor einem Jahr gut an, als er im Gault Millau Trauben-Premiere feiern konnte und Lob bekam für nachhaltige trockene und feinherbe Rieslinge sowie eine „blitzblanke Reihe fruchtsüßer Spät- und Auslesen“.

2011 war mindestens auf dem gleichen Niveau. Schon der trockene Basisriesling aus allen vier Steillagen ist herzerfrischend. Die feinherbe Version könnte etwas mehr schmeckbare Säure vertragen. Im fruchtigen Bereich trumpft er mit einem brillanten, verspielten Kabinett aus dem Goldtröpfchen und einer feinmaschigen Spätlese auf. Eine feinherbe Spätlese überzeugt mit delikater Fülle und cremiger Note; nur war hier wegen einer doch etwas ausgeprägten Fruchtsüße die Bezeichnung feinherb nicht mehr angebracht. Als „meinen trockenen Grand Cru“ bezeichnet Philipp Kettern das Goldtröpfchen, das im großen Holzfass ausgebaut wurde, ein sehr mineralischer, vielschichtiger und eleganter Riesling, der durchaus mit Großen Gewächsen aus den Reihen des VDP und des Bernkasteler Ring mithalten kann (beide Vereinigungen verwenden diese Bezeichnung seit einigen Jahren).

Sämtliche Weine wurden nach der Vergärung ohne Reinzuchthefen vergoren und erst im Juli abgefüllt. Kettern schreibt „spontan vergoren“, was allerdings genau genommen nicht ganz zutrifft. Denn nahezu in jedem Keller, in dem vorher mit Reinzuchthefen gearbeitet wurde, sind noch alte Hefestämme vertreten, die bei der Gärung Einfluss nehmen. Aber die auch optisch vorteilhaft ausgestatteten Weine haben Profil, entsprechen dem klassischen Typ eines feinen, saftigen Mosel-Riesling und sind sicher etliche Jahre in guter Form.

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