Einzigartige Reblandschaft im Südtirol

Jede Sorte hat ihren Platz

Fotos: Südtirol Wein  / Tiberio Sorvillo / Clemens Zahn

Wer sie sieht, aktiviert fast reflexartig den Fotomodus seines Smartphones: Im Vinschgau thront majestätisch der Ortler, der König der Südtiroler Berge, über den Reben und wer zu den Winzern in Völs unterwegs ist, blickt immer wieder hoch zur spektakulären Silhouette des Schlern, dem westlichen Pfeiler der Dolomiten. Wer das Weinland Südtirol bereist, merkt schnell: Die Alpengipfel sind stets nah.

Die unnachahmliche Topografie Südtirols, wo sich die Rebberge wie Perlenketten in unterschiedlichen Höhenlagen entlang der Flüsse Etsch und Eisack reihen, ist aber nicht nur ein Garant für spektakuläre Fotos, es ist auch mehr denn je ein entscheidender Qualitätsfaktor für die Südtiroler Winzer. Zwischen 200 und 1'000 Metern über Meer wird hier heute Weinbau betrieben, mit einer moderaten Tendenz zu vermehrt höheren Lagen. Über 20 Sorten finden in dem vielfältig strukturierten Gelände optimale Reifebedingungen. Und die Klimaerwärmung hat das diesbezügliche Potential der unterschiedlichen Lagen noch akzentuiert. Kein Wunder zählen sich die Südtiroler Winzer zu den Gewinnern dieser Entwicklung.

Ein eigenständiger Südtiroler Stil

Dies zeigt sich beispielsweise in der warmen Talebene, etwa in der Umgebung des Weinbaudorfes Kurtatsch im südlichsten Zipfel des Südtirols, wo heute Bordeaux-Sorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Cabernet Franc mit einer noch nie dagewesenen Regelmässigkeit perfekt ausreifen. Bereits sprechen Kritiker von einer eigenständigen Südtiroler Stilistik, die sich in Weinen äussert, die etwas mehr Frische aufweisen als die Bordeaux-Blends aus der Toskana, aber doch etwas mehr warme Fülle als die Originale aus Bordeaux.

Auch der Lagrein profitiert von den Veränderungen. Im warmen Talkessel von Bozen Gries aber zunehmend auch in ähnlich begünstigten Tallagen mit leicht erwärmbaren Schwemmböden reifen Lagrein-Weine mit samtig südlich anmutender Fruchtfülle. Auf der anderen Seite werden für Sorten wie Weissburgunder, Sauvignon Blanc aber auch Pinot Noir, bei denen die Winzer nach Eleganz und Finesse streben, bei Neuanpflanzungen tendenziell eher höhere Lagen erschlossen. Ab 500 Meter über Meer zeigen diese Gewächse heute ihre besten Eigenschaften. So nutzen die Südtiroler Winzer kontinuierlich die vielfältige Topografie ihres Landes für ein «Fine Tuning», um gerade in Zeiten grösserer klimatischer Veränderungen noch mehr Qualität in die Flaschen zu bringen.