Florenz, die Stadt Michelangelos und der Medici, und Siena, Schauplatz des Palio

Mein Weinweekend im Chianti

Fotos: www.andreadilorenzo.it, Martin Odini, z.V.g.

Florenz, die Stadt Michelangelos und der Medici, und Siena, Schauplatz des Palio: Zwischen diesen Polen der Toskana liegt das Chianti, eine der grossen Reblandschaften der Welt. Hier wurde der Chianti Classico geboren und die Supertuscans begannen ihren Siegeszug. Aber hier findet man auch Schlösser, Bikerouten, Wanderwege und natürlich eine ganz eigenständige Küche.

In Florenz, der Stadt am Arno, schufen Künstler wie Giotto, Brunelleschi und Michelangelo ihre Meisterwerke, hier begann die Renaissance ihren Siegeszug. Und noch heute bringen Designer wie Armani, Cavalli und Ferragamo Italianità in die Mode. Gerade in der Abenddämmerung verbinden sich honigfarbene Mauern und rosafarbenen Dächer zu einer Einheit, die von einem einzigen gewaltigen Gebäude dominiert wird: dem Dom mit der majestätischen Kuppel des Architekten Brunelleschi, «schlicht in seiner Silhouette, aber prunkvoll im Detail», wie es so schön heisst. Florenz hat die Geschichte Europas geprägt. Die Medici stellten Geschäftsleute, Kunstmäzene und Päpste. Katharina von Medici brachte erst den Franzosen bei, was Haute Cuisine ist – wovon sie nach Ansicht vieler Florentiner immer noch zehren. So ist denn auch die Gastronomie von Florenz mit der Enoteca Pinchiorri, Cibrèo oder dem Mercato Centrale schon eine Reise wert. Florenz bietet sich auch als idealer Auftakt für eine Reise ins Chianti an, das quasi vor den Toren der Stadt, bei Impruneta und San Casciano Val di Pesa beginnt.

Chianti ist beides, ein Wein und eine Landschaft. Ersterer ist rot und besteht vor allem aus Sangiovese, zweitere liegt zwischen 250 und 600 Metern Meereshöhe, ist hügelig und von Weinbergen, Olivenhainen und Wäldern geprägt. Hier erheben sich befestigte Städte und Weiler, die zahlreiche Dichter und Maler inspirierten, sowie trutzige Burgen, die einst von den verfeindeten Florentinern und Sienesen an der Grenzlinie ihrer beiden Einflussbereiche errichtet wurden. Eine der geschichtsträchtigsten Burgen des Chianti ist Castello di Brolio, das untrennbar mit der Geschichte des Weines verbunden ist: Im 19. Jahrhundert entwickelte Baron Bettino Ricasoli, erster Minister des neuen italienischen Staates, hier die magische Formel für den Chianti. Für einen langlebigen Chianti empfahl er eine Mischung aus Sangiovese und Canaiolo. Je höher der Anteil an Sangiovese, desto länger brauche der Wein zur Trinkreife, meinte er.

«Das Besondere am Chianti ist, dass man in diesem klar abgegrenzten Gebiet unterschiedlichste Terroirs findet.»

Giovanni Manetti, Präsident Consorzio Chianti Classico

Sangiovese ist die dominante, oft auch einzige Rebsorte im Chianti Classico DOCG. Die  Ursprungsbezeichnung erstreckt sich über 7200 Hektar Weinberge zwischen Florenz im Norden und Siena im Süden sowie dem Elsa- und dem Arno-Tal im Westen und Osten. Hier produzieren Hunderte von Weinbaubetrieben Annata-, Riserva- oder Gran-Selezione-Weine. «Das Besondere daran ist, dass man in diesem klar abgegrenzten Gebiet unterschiedlichste Terroirs findet», erklärt Giovanni Manetti, der Präsident des Consorzio Chianti Classico. «Das beginnt bei der Bergkette der Monti del Chianti, die eine Meereshöhe von 900 Metern erreichen und das Chianti im Osten vom Arno-Tal trennen. Westlich davon liegen Hügelketten, unterteilt in Täler, die das Chianti stark fraktionieren. Dazu kommen dann noch unterschiedliche Einflüsse von Klima und Witterung und natürlich Bodenformationen. Ideale Voraussetzungen für Terroirweine aus Einzel- oder Grosslagen.» Diese kann man in den Weingütern, Vinotheken und Restaurants des Gebietes verkosten. Bis hinein in die mittelalterlichen Gassen von Siena, der Stadt jenseits der Südgrenzen des Chianti.

Unser Ziel ist hier die Piazza del Campo, der Hauptplatz der mittelalterlichen Stadt, der zweimal im Jahr zumindest für die Sienesen zum Mittelpunkt der Welt wird: Am 2. Juli und am 16. August findet auf dem zu diesem Anlass mit Sand eingestreuten Platz der sogenannte Palio statt, das wohl berühmteste Pferderennen Italiens: 40 000 Zuschauer, gedrängt auf dem Campo, in den Fenstern und auf den Balkonen beobachten und bejubeln den historischen Festzug und schliesslich das Rennen, das nicht einmal drei Minuten dauert. Jockeys auf ungesattelten Pferden reiten im Auftrag eines der historischen Stadtviertel, Contrade, um den Platz.

Die siegreiche Contrade erhält den Palio, das Seidenbanner an einer Hellebarde, als Preis, den sie dann bis zum nächsten Rennen aufbewahren darf. Für die Sienesen bleibt ein fröhlicher Festabend, bei dem auch der Chianti Classico in den Gläsern nicht fehlen darf.


Erlebnis & Natur

Zwischen den Highlights der Florentiner Renaissance und den mittelalterlichen Gassen Sienas locken viel Natur, Bikerouten sowie geschichtsträchtige Schlösser.

Infos

Kunst und Wein

In einem der berühmtesten Kunstmuseen der Welt finden sich unter anderem Botticellis «Primavera», die «Madonna mit Kind und Engeln» von Fra Filippo Lippi und natürlich der «Bacco» von Caravaggio. Gleich daneben führt die Ponte Vecchio über den Arno: 1345 erbaut, ist diese Brücke wohl das meistfotografierte Bauwerk der Stadt.

www.uffizi.it

Brunelleschis Kuppel

Das Wahrzeichen der Stadt Florenz und der Toskana: die mächtige Kuppel des Domes Santa Maria del Fiore, 90 Meter hoch und 42 Meter im Durchmesser. Im Rahmen eines Besuches kann man sie auch besteigen und die Stadt von oben sehen.

www.duomo.firenze.it

Erlebnis

Mitfiebern beim Palio

Startberechtigt am berühmtesten historischen Pferderennen, dem Palio, sind nur die Teilnehmer der 17 Sieneser Contraden, der Stadtviertel. Er findet zweimal pro Jahr auf dem wichtigsten mittelalterlichen Platz Sienas – der Piazza del Campo – statt, und zwar am 2. Juli und am 16.  August. Der Tag des Rennens beginnt mit einem Festumzug in historischen Kostümen und anschliessend um 19.30 Uhr startet das Rennen, das nur drei Minuten dauert, bevor der Gewinner-Contrade des Palio – des Festbanners – feststeht.

www.terredisiena.it

Biken

Heroisch strampeln

Die Eroica ist ein berühmtes Rennen für historische Räder, das jedes Jahr Ende September/Anfang Oktober über die Strassen des Chianti führt und zahlreiche Teilnehmer, Nostalgiker und Zuschauer in die Toskana – genauer gesagt in das kleine Bergdorf Gaiole in Chianti, zieht. Zur Wahl stehen fünf unterschiedliche Routen. Bei der längsten Strecke – die übrigens das ganze Jahr über ausgeschildert und für Bikebegeisterte zu befahren ist – sind insgesamt rund 3700 Höhenmeter zu bewältigen: Rund 15 Stunden dauert die Tour – eine rechte Herausforderung. Dabei kommt natürlich auch das Kulinarische nicht zu kurz: An den Etappenzielen geben Chianti Classico und toskanische Köstlichkeiten frische Kraft für die nächste Steigung.

www.eroica.cc


Essen & ­Trinken

Vino e Cibo – das findet man überall zwischen Florenz und Siena, von einfachen Trattorie mit Ribollita und Peposo über Bistecca-Griller bis zu Sternerestaurants.

Tipps

Drei Sterne

Enoteca Pinchiorri, Florenz

Annie Feoldé war die erste Frau, die ausserhalb Frankreichs drei Michelin­sterne erhielt. Heute führt Chefkoch Riccardo Monco die Tradition weiter. Einen Besuch ist das Lokal nicht nur wegen der drei Sterne, sondern auch wegen des wohl einzigartig bestückten Weinkellers von Giorgio Pinchiorri wert.

www.enotecapinchiorri.it

Essen mit Aussicht

Ristoro di Lamole, Lamole

Im kleinen Weiler Lamole blickt man von der Terrasse über die Hügellandschaft und kann dabei ein hervorragend gebratenes Bistecca Fiorentina und eine breite Auswahl an Chianti Classico geniessen – natürlich auch von den umliegenden Weingütern mit den zum Teil höchsten Rebberglagen im Chianti. 

www.ristorodilamole.it

Genuss im Römertunnel

La Taverna di San Giuseppe, Siena

Der Weinkeller ist in einem etruskischen Wohnhaus untergebracht, das Restaurant selbst in einem Tunnel aus römischer Zeit – und das alles nur 300 Meter vom Campo entfernt. Probieren Sie die Ribollita und die Pici – die handgemachten dicken Nudeln aus Pienza!

www.tavernasangiuseppe.it

Gin aus dem Chianti

I Parolai Tapas Bar, Siena

Gilt als eine der besten Weinbars Sienas mit einer breiten Auswahl an Chianti Classico und mehr im Offenausschank. Dazu werden Antipasti serviert. Von den Besitzern wird auch der Senensis destilliert, ein London Dry Gin mit Kräutern aus dem Chianti-Gebiet. Probieren Sie den Negroni, der daraus gemixt wird! 

Tel. +39 0577 28 24 67

Caffé Rivoire, Florenz

Der Negroni

Vor hundert Jahren wurde DER Kult-Cocktail Italiens und einer der bekanntesten Aperitifs der Welt in Florenz erfunden – von einem italienischen Grafen namens Camillo Negroni. Das Geheimnis seines Erfolgs? Von der Zusammensetzung her ist er einer der einfachsten Cocktails der Welt: ein Drittel Gin, ein Drittel Vermouth und ein Drittel Campari. Der Geburtsort des hochprozentigen Florentiners war der Vorgänger des «Caffé Rivoire». Am schönsten Platz der Stadt wird er gegenüber vom Palazzo Vecchio immer noch original zubereitet.

www.rivoire.it

Weinfest

Vino al Vino, Panzano

Jedes Jahr findet am dritten Septemberwochenende das renommierteste Weinfest des Chianti rund um den Hauptplatz von Panzano statt. Dann schenken die Mitglieder der Unione Viticoltori di Panzano an den Ständen selbst ihre Weine aus und plaudern mit den Weinliebhabern. 

www.viticoltoripanzano.com

Officina della Bistecca, Panzano

Fleisch, Fleisch, Fleisch!

Dario Cecchini gilt als der Papst des Bistecca Fiorentina. In seinem «Officina della Bistecca» gleich neben seiner Antica Macelleria (seiner Metzgerei, in der er oft noch selbst hinter der Theke steht) im Herzen von Panzano kann man sein Bistecca oder das Panzanese an einem langen Tisch mit anderen Gästen geniessen, dazu wird sein Hauswein serviert. Hat man allerdings nur Lust auf ein mit Leckereien gefülltes Panino, dann empfiehlt sich ein saftiges Lampredotto-Sandwich – ein Stück vom Labmagen des Rindes, wie es in Florenz Tradition hat – am mobilen «Cecchini Panini Truck» am Ortseingang von Panzano.

www.dariocecchini.com


Übernachten

Mitten im Herzen von Florenz lässt kann man natürlich danz stilvoll in Renaissance-Palästen übernachten. Besonderen Charme und ideal, um die typische toskanische Landschaft zu entdecken, bieten dagegen kleine Weingüter vor den Toren von Florenz.

Tipps

5 Sterne | The St. Regis Florence

Luxus am Arno

In der Stadt Michelangelos bietet diese Luxusherberge nicht nur Blick auf den Arno und auf die Skyline von Florenz, sondern auch jeglichen Zimmerkomfort. Wie wäre es mit der Präsidentensuite mit mehr als 200 Quadratmetern?

www.starwoodhotels.com

 

4 Sterne | Villa Mangiacane

San Casciano Val di Pesa

Unter Michelangelos DachVom Balkon der prachtvollen Villa, die Michelangelo geplant haben soll, geniesst man einen atemberaubenden Blick auf die Hügel und dahinter Florenz und die Kuppel des Doms. Die Landschaft rundherum verlockt zu Wanderungen und Biketouren, und danach gibt’s als Belohnung ein Glas Chianti Classico aus den eigenen Rebbergen. 

www.mangiacane.com

 

Winery, Osteria und Ferienhaus

Brancaia, Radda in Chianti

Wer auf einem toskanischen Gutshof übernachten möchte, der wird am Weingut Brancaia der Familie Widmer fündig: Inmitten einer Idylle mit Rebbergen und See liegen die drei Wohnungen und das Studio. Swimmingpool und Osteria – wo auch die eigenen Weine ausgeschenkt werden – ergänzen das Ensemble.

www.brancaia.com

 

5 Sterne | Winery & Resort

San Felice, San Gusmè in Chianti

Das kleine Borgo im Süden des Chianti Classico ist nicht nur ein Topweingut, sondern in den Zimmern und Suiten des Resorts kann man auch abseits der Touristenströme und inmitten der Rebberge übernachten. Ausflüge nach Siena und ins nahe Chianti inklusive.

www.borgosanfelice.it

Villa Le Corti, San Casciano in Val di Pesa

Beim Fürsten übernachten

Die Fürsten Corsini produzieren nicht nur Chianti Classico und Supertuscans, sondern nennen auch die prachtvolle Renaissancevilla Le Corti in San Casciano Val di Pesa, nur 30 Kilometer von Florenz entfernt, ihr eigen. Die Villa ist von Weinbergen und Olivenhainen umgeben und ein einzigartiger Ort, um Hochzeiten und andere private Veranstaltungen aller Art zu organisieren. In Le Gugliaie, einem der komfortablen Case Coloniche auf dem Grundstück, kann man komfortabel übernachten – eigener Pool inklusive.

wwww.principecorsini.com

Il Ristoro di Ama, Gaiole

Kunst im Keller

Castello di Ama ist nicht nur einer der renommiertesten Betriebe des Chianti, sondern offeriert auch fünf toprenovierte Suiten in der Villa Ricucci inmitten des Borgo. Traditionelle toskanische Küche gibt’s im angeschlossenen Ristoro der Villa Pianigiani: von Ribollita bis zum Bistecca. Auf keinen Fall sollte man einen Besuch im Weinkeller und eine Führung durch die hauseigene Kunstsammlung verpassen.

www.castellodiama.com

Castello di Bossi, Castelnuovo Berardenga

Der Traum des Marco Bacci

Marco Bacci hat sich vor mehr als 40 Jahren mit dem Castello di Bossi einen Traum erfüllt: Er kaufte sich das trutzige Schloss nahe Castelnuovo Berardenga gemeinsam mit viel Wald, Weinbergen und Äckern rundherum. In den einzelnen Cascine seines 800 Hektar grossen Gutes wurden gemütliche Ferienwohnungen untergebracht, die Stil und viel Aussicht über die sanfte Hügellandschaft im Süden des Chianti bieten.

www.castellodibossi.it