#weinheimatwürttemberg, Jungwinzervereinigungen

Wir sind weinzigartig!

Text: Eva-Maria Dülligen, Fotos: Daniel Schneider, z.V.g.

Über die gesamte Weinrepublik verteilen sich Jungwinzervereinigungen mit Taufnamen wie «Moseljünger», «Generation Riesling», «Vinitiative», oder «Triebwerk». Da war es nur eine Frage der Zeit, bis auch der Nachwuchs der Remstalkellerei seine gebündelten Ideen und das innovative Potenzial unter einen organisatorischen Hut bringen wollte.

Am Anfang aber war das Wort, ein Name musste her. Einer mit großer medialer Wirkung. «Als man sich noch physisch in einer Gruppe treffen konnte, haben wir uns mit zwölf Leuten zusammengesetzt und mehrfach über den besten Namensvorschlag abgestimmt. ‹Weinzigartig› konnte am Ende alle Stimmen auf sich vereinen», begeistert sich Sophie Kuhnle im Rückblick. Die 21-jährige Remstälerin brennt für den Wein ihrer Heimatregion und hat eine duale Ausbildung absolviert: zur Winzerin mit Stationen wie dem VDP-Weingut Jürgen Ellwanger und zur Groß- und Einzelhandelskauffrau bei der Remstalkellerei. Denn Wein, sei er noch so gut, verkauft sich nicht ohne Marketing. Ihre Eltern besitzen 8,5 Hektar in Weinstadt, deren Reben sie an die Winzergenossenschaft liefern. Schon als Mädel fuhr Sophie auf dem Schlepper mit über die Weinberge oder brachte den Fasswein im elterlichen Besen «Kuhnle Neue Scheuer» an die Holztische. Heute bringt sie sich an vielen Stellen der Genossenschaft ein, hilft unter anderem bei Rebschnitt und Lese, füllt im Keller mit ab, betreibt Verkaufsinnendienst oder verfasst gemeinsam mit dem Team Texte, um auf Instagram zum nächsten Online-Tasting einzuladen, bevor die Live-Tasting-Pakete rausgehen. «So hilfreich es in Zeiten von Social Distancing ist, über soziale Netzwerke zu kommunizieren, so sehr fehlt die Nähe. Unsere WhatsApp-Gruppe ist kein Ersatz für Weinfeste oder Verkostungen im Wein-Pavillion oder in unserem Wengerthäusle», räumt die Jungwinzerin ein.

Der Lockdown-Blitz traf die 40-köpfige Gruppe vor der ersten geplanten Weinzigartig-Weinprobe, bei der auch ihr Piwi-Baby – Klon WE/88-101-13 – mit Namen «Sauvitage» ausgeschenkt werden sollte. Die Kreuzung aus Sauvignon Blanc, Riesling und Grauburgunder fand auf Rat des lokalen Rebveredlers Thomas Wahler seine Heimat auf einer freien Rebfläche, die die Remstalkellerei 2017 von der Stadt erworben hatte. «Für pilzwiderstandsfähige Rebsorten wie den Sauvitage ist diese Steillage mit Trockenmauern maßgeschneidert. Es wäre dumm gewesen, Lemberger in den Mauerwengert zu setzen, da hätten wir viel mehr Aufwand mit Pflanzenschutz gehabt», erklärt Carl Pfeifer. Der 21-Jährige ist ein weiteres Mitglied bei Weinzigartig. Auch er bringt den Verband mit seinem Knowhow steil voran: Nach dem Abi verbrachte er seine Lehrjahre erst auf dem Weingut Aldinger, wo er im Fellbacher Lämmler alles über Rebschnitt und Begrünung abschöpfen konnte. Auf dem Demeter-zertifizierten Weingut Pflüger im pfälzischen Bad Dürkheim wollte er anschließend herausfinden, «was im Bioweinbau besser und was schlechter läuft». Fasziniert war er davon, wie tief die Biodynamie in die Natur hineingeht und wie lagenspezifisch der Anbau gehandhabt wird. «Aber wäre ich aus der Pfalz heimgekehrt und hätte den alten Hasen das volle Bio-Programm überstülpen wollen, wäre das nach hinten losgegangen», sagt der Jungwinzer, der mittlerweile Weinbau und Önologie in Geisenheim studiert. Stattdessen hat er erstmal mit einer artenreichen Begrünung der Rebanlagen begonnen, um das Bodenleben ökologisch aufzuwerten. Da gehen die Älteren auf jeden Fall schon mal mit. Als nächstes könne man die Spontanvergärung ausweiten und weitere Piwis pflanzen.

Was man mitbringen müsse, um Mitglied bei den weinzigartigen Jungwinzern zu werden? «Eigentlich nur die Leidenschaft für den Wein», apostrophieren Sophie und Carl wie aus einem Winzermund. «Vom Remstäler, dessen Opa einen Wengert hat, bis zum studierten Önologen ist alles dabei», sagt Sophie. «Man muss Bock haben, mit anzupacken. Ganz gleich, ob im Wengert oder auf unseren Weinfesten. Erst vorgestern haben wir über Instagram wieder eine Mitgliedsanfrage bekommen.» Danach gefragt, was Weinzigartig so einzigartig mache, läuft die MacBook-Tastatur beim Mitschreiben heiß: Angefangen beim Standort Remstal, einer landschaftlichen Perle entlang des Remsufers, kaum eine halbe Autostunde von der Stuttgarter Metropole entfernt. Über die Weinstädter Bodenvielfalt, mal vom Schilfsandstein, mal vom Muschelkalk, mal vom bunten Mergel dominiert, und den entsprechend komplexen Gewächsen bis zu ihrer jüngst lancierten Auslese aus der Piwi-Sorte Sauvitage, die laut Sophie und Carl sogar das Zeug zum Cocktail-Basic besitzt.

Weinzigartig Sauvitage

Auslese 2019 – 375 ml

10,5 Vol.-%

Die pilzwiderstandsfähige Kreuzung Sauvitage trägt von jeder ihrer Rebsorten aromatische Fingerprints: Die exotische Frucht von Mango und Mandarine lässt sich dem Riesling zuordnen. Eine gewisse Kräuterwürze vom Sauvignon Blanc bringt Frische in die Auslese. Und der Grauburgunder bespielt sie mit Akazienhonig. Trockene Süße und eine Ahnung von Fleur de Sel im Mund. Trotz einer Restsüße von 60,2 g/l weit entfernt davon, klebrig zu sein. Die Ausgewogenheit des Edelsüßen macht ihn zu einem außergewöhnlichen Partner von gegrillten Garnelen oder Seefisch. Für traditionellere Genießer bietet sich ein Foodpairing zu einem schön gereiften Camembert an.

Preis: 12,49 Euro | www.remstalkellerei.de