Ein Gut schreibt Geschichte

Château de Pressac

mit Jean-François Quenin

Wenn es einen unumgänglichen Ort für Besucher gibt in Saint-Émilion, ist es das historische Weinschloss de Pressac. Seit 23 Jahren arbeitet Jean-François Quenin mit viel Einsatz an der Rehabilitierung des geschichtsträchtigen Gutes.

Das Buch in meinen Händen enthält alle Verkaufsdokumente von Château de Pressac. Seine Geschichte lässt sich so lückenlos bis zurück ins 15. Jahrhundert verfolgen. Wir erfahren etwa, dass es hier immer schon Reben gab. Das heutige Schloss wurde in den Jahren 1860 bis 1870 neu gebaut. Doch die Baumeister folgten dabei exakt den Plänen des alten Schlosses, das völlig verfallen war. Pressac ist in mancher Beziehung ein geschichtsträchtiger Ort. Hier wurde, nach der Schlacht von Castillon im Jahre 1453, die Kapitulation der englischen Armee unterzeichnet, die dem Hundertjährigen Krieg ein Ende machte. Hier führte der aus Cahors stammende Vassal de Montviel den dort angebauten Malbec ein, unter dem Namen «Noir de Pressac», bis zur Reblauskrise die wichtigste Sorte der Region.

Aus historischen Gründen habe ich wieder etwas Malbec angepflanzt. Doch guten Wein produzieren leider erst alte Reben. Von meiner Initiative werden folglich meine Kinder profitieren. Unsere eigentliche Sorte ist der Merlot, der auf unseren stark kalkhaltigen, sehr mageren Böden besonders komplexe, finessenreiche Weine ergibt.

  • Château de Pressac, Saint-Émilion

Wer mich vor meinem Schloss sitzen sieht, mag mich für einen Landjunker halten. Doch als ich vor 23 Jahren hier ankam, habe ich mich zuerst um den Rebberg gekümmert, der in schlechtem Zustand war, obschon ich ja ursprünglich ein Landhaus erwerben wollte und kein uraltes Weinschloss. Um dieses haben wir uns zuletzt gekümmert, haben das Dach flicken lassen, weil es hereinregnete, und die elektrischen Leitungen, weil wir eine Feuersbrunst fürchteten. Dann erst haben wir für uns ein Zimmer renoviert, und was es sonst noch braucht. Zuerst kam hier immer der Wein, auch wenn wir hier mittlerweile jährlich 10 000 Besucher empfangen. Viele kommen nicht wegen des Weins, sondern wegen des beeindruckenden Ortes. Man fragt mich schon mal, warum ich nicht auf dem Pferd sitze, mit einer Feder auf dem Kopf. Meine Antwort ist immer dieselbe: Ich bin kein Schlossherr, sondern Herr Jedermann!