Skandal in der Champagne

Ermittlungen gegen Menschenhandel eingeleitet

Text: Alice Gundlach | Veröffentlicht: 28. September 2023


Unter «erbärmlichen» Bedingungen lebend und arbeitend haben Ermittler 52 Erntehelfer ohne Papiere in der Champagne aufgefunden. Die französische Staatsanwaltschaft hat deshalb zwei Ermittlungen wegen Menschenhandels eingeleitet. Das berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP.

Bei einer Routinekontrolle in Nesle-le-Repons, einem Dorf im Marne-Tal, fanden die Gendarmen Arbeiter in einer heruntergekommenen Hütte vor, die hungrig und schwer erschöpft waren. Die Männer stammten dem Bericht zufolge aus dem Senegal, Mali, Mauretanien, Guinea und Gambia.

«Unhygienische Zustände»

Die Polizei und Beamte der französischen Agentur MSA inspizieren Unterkünfte von Erntehelfern regelmässig, um Schwarzarbeit zu bekämpfen. Sie entdeckten in diesem Fall «behelfsmässige Betten, Baufälligkeit, unhygienische Zustände, mangelnde Reinigung und Desinfektion, den ekelhaften Zustand der Toiletten, Sanitäranlagen und Gemeinschaftsräume [und] die Ansammlung von Fäkalien in den Sanitäranlagen», heisst es in einem Bericht der Präfektur. Die Beamten stellten auch fest, dass die Elektrik nicht den Vorschriften entsprach.

80 Euro pro Tag versprochen – und nicht gezahlt

Einer der Erntehelfer teilte mit französischen Medien ein Video der Unterkunft, das einen Lehmboden und schmutzige Betten ohne Decken zeigt. Die Männer erzählten den Reportern, dass sie in Paris angeworben wurden und ihnen 80 Euro pro Tag für die Ernte von Champagnertrauben versprochen wurden, sie aber das Geld nicht erhalten haben. Stattdessen hätten sie nur einen Sack Reis und ein paar Trauben zu essen bekommen.

Mehrere Dienstleister im Visier

Berichten in Frankreich zufolge gehörten die Betriebe einem in Paris ansässigen Unternehmen namens Anavim, einem auf die Arbeit in den Weinbergen spezialisierten Dienstleister. Die stellvertretende Staatsanwältin von Châlons-en-Champagne, Céline Fassey, erklärte jedoch gegenüber AFP, dass mehrere Unternehmen im Visier der Ermittlungen stünden. Fassey machte keine Angaben darüber, in welchen Weinbergen die Männer arbeiteten.

Problem tritt häufiger auf

In der Champagne ist die maschinelle Weinlese verboten. Die Winzer der Region rekrutieren die Traubenpflücker in der Regel über spezialisierte Agenturen. In der Region werden immer wieder Fälle von Menschenhandel aufgedeckt. Im vergangenen Sommer etwa wurden die Gründer eines Weindienstleisters namens Rajviti zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem sie Migranten ohne Papiere und unter unhygienischen Bedingungen untergebracht hatten.

 

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