Unique wineries of the World - Deutschland

Weingut K. H. Schneider

Text: Rudolf Knoll, Fotos: freevectormaps.com / z.V.g.

Anregender, schlanker Riesling von der Nahe

Ein staatlich anerkanntes Heilbad und mehrere Kureinrichtungen verleihen der 6500-Einwohner-Stadt Sobernheim im Weinbaugebiet Nahe den Titel «Bad». Hier gibt es ein Weingut, dessen Weinen man durchaus anregende und heilsame Wirkung bescheinigen kann. Grossvater Karl machte in der Familie Schneider vor 64 Jahren mit einem Gemischtbetrieb den Anfang. Der heutige Senior Bernd (Jahrgang 1957) konzentrierte sich mehr auf Weinbau der eher konventionellen, grundsoliden Art und konnte vor gut zehn Jahren die Verantwortung an die beiden Söhne Andi (1981) und Christoph (1984) übergeben, die schnell mit viel Ambitionen durchstarteten.

«Die Arbeit in steilen Lagen nehmen wir gern in Kauf, weil wir hier die Basis für grossartigen Riesling legen können.»

Andi Schneider

Was nicht ganz selbstverständlich war. Denn Andi, der «grosse Bruder», hatte zunächst keine Ambitionen, in den Betrieb einzusteigen. Er studierte deshalb in Heilbronn Betriebswirtschaft, machte dann aber doch ein prägendes Praktikum im rheinhessischen Top-Betrieb Wagner-Stempel. «Die Zusammenarbeit mit Daniel Wagner hat mich enorm inspiriert und dann zu Hause auch dazu gebracht, dass wir uns mehr auf den Riesling fokussierten», blickt er zurück. Heute praktiziert er mit dem Bruder, der eine klassische Winzerausbildung machte, eine harmonische Arbeitsteilung. «Christoph ist für alles Technische zuständig, drinnen und draussen», erläutert Andi. Die Reben sind vor allem das Aufgabengebiet von Bernd Schneider. Das Männer-Trio dirigiert Familien-Chefin Marion Schneider mit lockerer Hand.

Beim Wein ist man froh über die geologische Bodenvielfalt in den Bad Sobernheimer Fluren Marbach und Domberg (Rotliegendes mit Schiefer und Quarzit). Vor allem mit dem Marbach-Riesling fiel man vor gut zehn Jahren erstmals auf breiterer Front auf. Aber dann nutzte man eine erste Gelegenheit, um im rund zehn Kilometer entfernten Schlossböckelheim in zwei steilen, renommierten Lagen mit alten Reben mit idealen Voraussetzungen Fläche zu erwerben. So nach und nach bekam man Zugriff auf 4,5 Hektar. «Das war für uns ein enorm wichtiger Schritt, um noch bessere Weine zu erzeugen, auch wenn es mit mühsamer Arbeit in den Reben verbunden ist», erläutert Andi Schneider. Beim Ausbau stehen mit rund 70 Prozent trockene, bevorzugt schlanke Weine im Vordergrund, ohne fruchtige Kosmetik. «Das Wischiwaschi mit 8 Gramm Restzucker kommt für uns nicht in Frage», meint Vater Bernd. Ausgebaut werden die Weine vielfach in grossen Stückfässern, die noch der Opa anschaffte. Spontangärung ist Usus, ebenso ein längeres Lager auf der Vollhefe. Zielsetzung ist spannungsgeladener Riesling. Sorten wie Rivaner, Grauburgunder, Sauvignon Blanc und Spätburgunder (als Blanc de Noir) runden das Sortiment ab. Andi hat ein kleines Lager an reiferen Weinen angelegt, um das Potenzial deutlich zu machen. Im Exportgeschäft (Anteil immerhin 20 Prozent) wurde man bereits entdeckt. «Sogar im für deutsche Weine schwierigen Österreich haben wir Abnehmer», lacht der Nahe-Winzer.

Drei Spitzenweine

2019 Schlossböckelheimer Ortsriesling Vulkanstein

Die Basis wird bei den Schneiders nicht vernachlässigt. Bereits der trockene Ortsriesling zeigt Klasse. Er hat im Aroma einen charmanten Hauch von der Spontangärung, ist verspielt, saftig und feingliedrig im Geschmack und ist schon ein Stück starke Wein-Persönlichkeit.

2018 Riesling Schlossböckelheimer Königsfels

Er ist so etwas wie das Sahnehäubchen bei den trockenen Rieslingweinen des Hauses, der Schlossböckelheimer Zuwachs, gewachsen auf Porphyr. Mineralische Elemente, Zitrusnoten und Grapefruit im Aroma, feinmaschig, geschmeidig und vielschichtig. Grosses Potenzial.

2017 Riesling Spätlese Marbach

Auch für fruchtige Weine hat man im Haus ein glückliches Händchen und zeigt dabei auch hier im Preis vornehme Zurückhaltung (10 Euro). Pfirsich, Ananas und mineralische Noten kitzeln die Nase. Im Geschmack straff, saftig, rassig – Prototyp einer klassischen Spätlese.