Unique wineries of the World - Deutschland

Weingut Wöhrle

Text: Rudolf Knoll, Fotos: freevectormaps.com / z.V.g.

Breisgauer Weine mit viel Spiel und Charakter

Langweilig wird es Markus Wöhrle nie. Auf den warmen Hängen des Schutterlindenberges, des weinigen Wahrzeichens der 47 000-Einwohner-Kreisstadt Lahr im Schwarzwald, bewirtschaftet er rund 60 Parzellen. Einige dieser Fluren mit viel Löss im Boden sind nach den Statuten des VDP klassifiziert, bei dem Wöhrle seit 2005 Mitglied ist. Als da wären Lahrer Kronenbühl als Erste Lage sowie die VDP.Grossen Lagen Herrentisch, Gottsacker und Kirchgasse (Alleinbesitz). Wer den Weinbau im Berg inspiziert, merkt schnell den Unterschied zu den Flächen anderer Winzer (alle Lieferanten für Genossenschaften). Wöhrles Fluren sind sehr gepflegt und begrünt, kurz vor der Weinernte hängt wenig am Stock, der Durchschnittsertrag liegt bei maximal 50 Hektoliter/Hektar.

«Wir sind stolz auf unsere ökologischen Weingärten. Sie haben einen ungemein vitalen, lebendigen Boden.»

Markus Wöhrle

In diesem Wert sind auch die Basisweine von Müller-Thurgau (ein Tropfen mit hohem Spassfaktor), Spätburgunder Rosé und Spätburgunder enthalten, ebenso die Ortsweine mit den Spezialitäten Riesling, Auxerrois, Muskateller sowie Rieslaner, der als Auslese das Sortiment ergänzt.

Zu dieser Sorte hat Wöhrle (Jahrgang 1971) eine besondere Beziehung. Nach seinem Studium in Geisenheim war er vier Jahre, bis 2001, Mitarbeiter der Kellermeister-Legende Hans-Günter Schwarz beim Weingut Müller-Catoir in Neustadt an der Weinstrasse. Der Pfälzer (2021 wird er 80 Jahre alt) hat viele junge Winzer geprägt und ihnen auch seine Leidenschaft für die Züchtung von Riesling und Silvaner vermittelt, die im edelsüssen Bereich grossartige Weine möglich macht.

Vater Hans, 74, noch immer in den Reben aktiv und mit seinem kleinen Traktor schneidig um die Kurven fahrend, leistete keinen Widerstand gegen Rieslaner, als der Sohn in das Familiengut einstieg. Schliesslich hatte er selbst bis dahin schon Grossartiges geschaffen. Das Weingut war einst ein städtischer Betrieb und lag danieder. 1979 entschloss sich Hans Wöhrle, der damals als gelernter Betriebswirt nebenbei Weinbau betrieb und seine Trauben an die grosse Genossenschaft in Breisach ablieferte, das Stadtgut zu pachten und neu zu orientieren. Schon nach wenigen Jahren machte er mit seiner Qualität auf sich aufmerksam. 1991 erwarb er sich Pionier-Status im südlichen Baden, als er sich entschloss, voll auf Öko-Weinbau umzusteigen. 1997 wurde das Gut von der Stadt gekauft. 2003, als Vater und Sohn schon zusammenarbeiteten, wurden die Gebäude saniert. 2014 erfolgte die lang überfällige Namensänderung von «Weingut der Stadt Lahr» in «Weingut Wöhrle».

Im Keller zieht Markus Wöhrle alle schonenden Register, um charaktervolle Weine in allen «Gewichtsklassen» bei Weiss (75 Prozent Anteil) und Rot zu erzeugen. Die Guts- und Ortsweine werden in Edelstahl ausgebaut. Darüber spielen Maischegärung oder -standzeit, Spontangärung und langes Hefelager sowie das Holzfass eine wichtige Rolle. Stolz ist er auf die Entwicklung bei Spätburgunder. «Wir sind als Weissweinbetrieb bekannt, aber inzwischen zeigen wir, dass wir der klassischen Rotweinsorte tolle Weine entlocken können.»

Drei Spitzenweine

2019 Chardonnay Gottsacker Grosses Gewächs

Das Ergebnis einer Qual der Wahl, denn auch Weissburgunder und Grauburgunder sind bedeutende Weine. Der hier stammt von 30 Jahre alten Reben, wurde gekonnt von neuem Holz geküsst, ist elegant und spannungsgeladen, vibriert sanft auf der Zunge.

2018 Spätburgunder Lahrer Kronenbühl Selection Carl

Der erstklassige Zweitwein hinter dem roten Grossen Gewächs, benannt nach Junior Carl, 16. Klassische, typische, animierende Cassis in der Nase. Auf der Zunge elegantes Spiel, vielschichtig und tiefgründig, sanftes Feuer und Ausdauer im Abgang.

2019 Lahrer Auxerrois trocken

Die schwer aussprechbare, rare Sorte ist seit Jahren ein Renner im Wöhrle-Sortiment, weil sie hier viel Profil entwickelt. Im Aroma trumpft der Weisswein mit delikater Würze auf. Im Geschmack zeigt er eine feste Struktur, viel Spiel, Länge und lässt sich förmlich kauen.