Weitblick im ­Burgenland • Unique Wineries of the World – Österreich

Weingut Umathum, Neusiedler See

Fotos: z.V.g.

Wer das Weingut am Ortsende (oder Ortsanfang) der 3000-Einwohner-Stadt Frauenkirchen im Seewinkel besucht, kann hier nicht nur serienweise gross­artige Weine verkosten (und mitnehmen), sondern bei Interesse auch einen Schnellkurs im Bio-Weinbau machen. Hausherr Josef Uma­thum begleitet dann durch gepflegte Reben, die als «Nahrung» Kompost auf Basis von Rindermist aus dem nahen Nationalpark und Trester aus der Traubenverarbeitung bekommen und bei deren Pflege Schafe eingesetzt werden. Der Chef, den alle Welt nur «Pepi» nennt, erzählt von eigenen, gezielt vermehrten Reben-Selektionen. Zur intelligenten Technik im Betrieb gehört eine riesige Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die Strom für alle Bereiche inklusive der Fahrzeuge liefert.

«Unser Wein-Profil ist fein, elegant und ausdrucksstark.»

Josef Umathum

Auch im Keller wird getüftelt. Im Gewölbe, mit Sandsteinen eines alten Klosters erbaut, reifen die klassischen Gewächse in Weiss und Rot in grossen Holzfässern. In der «Kathedrale» ruhen die besten Lagenweine, die danach weitere Reifezeit im wohltemperierten Flaschenlager bekommen. Dass sie alle einen Glasverschluss haben, beeinträchtigt die Haltbarkeit, so Umathum, «absolut nicht». Durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Fassbindern kann die Fertigung der Fässer schon auf den Stil des später eingelagerten Weines abgestimmt werden. Pepi überlässt eben nichts dem Zufall.

Dabei war es nicht vorbestimmt, dass der Mann mit Jahrgang 1960 Winzer wird. Der für die Übernahme des elterlichen Betriebes auserwählte Bruder entschloss sich jedoch kurzfristig, Theologe zu werden. Und der angehende Landschaftsarchitekt Josef musste ausgerechnet im Krisenjahr 1985, in dem es in Österreich den Weinskandal gab, den damals kleinen Betrieb mit 7,5 Hektar übernehmen. Bald fiel er mit profilierten Rotweinen auf, in einer Zeit, in der rote Sorten am Neusiedler See kaum gepflegt wurden. Dass er seine Weingärten begrünte, irritierte die Nachbarn und fiel Touristen wohlwollend auf. Irritiert hat er auch mit seinen Weinen. Er legt keinen Wert auf hohe Mostgewichte, erntet bei den weissen Sorten lieber nach Säure und gönnt den Roten – Zweigelt, St. Laurent und Blaufränkisch – viel Reifezeit im Fass.

Seine rote Hitparade wird angeführt von diversen Lagenweinen wie Kirschgarten (Blaufränkisch), Vom Stein (St. Laurent), Unter den Terrassen (Pinot Noir à la Bourgogne) und Hallebühl (Zweigelt mit Legenden-Charakter). Bei den Weissweinen trumpft er mit den aromatischen Muskateller und Traminer auf, fasziniert mit Sauvignon Blanc, Pinot Gris und der ungarischen Sorte Lindenblättriger («Königlicher Wein» genannt, weil das Weingesetz den Sortennamen verbietet) und immer wieder mal mit delikaten edelsüssen Gewächsen. Und weil Pepi nicht jünger wird, denkt er an die Zukunft. Er praktiziert hier Weitblick und holte sich mit Sophie Butz eine vormalige Praktikantin zur gemeinsamen Leitung in den Betrieb zurück. Sophie Butz lernte Weinbau in einem Bio-Gut in ihrer badischen Heimat und studierte anschliessend an der Wein-Uni Geisenheim. Gern folgte sie noch im letzten Jahr dem Ruf aus Frauenkirchen. «Wir ziehen nun miteinander an den Fäden der weiteren Gestaltung und Entwicklung des Weingutes», meint Pepi.

Unsere Selektion

Blaufränkisch Kirschgarten 2018

Ausdrucksstarke, feine Kirsch- und Brombeerfrüchte; enorme Dichte und Würze im Geschmack, reife, angenehme Tannine, viel Schwungkraft; im Abgang wird reichlich Potenzial erkennbar. Ein rotes Aushängeschild des Weingutes.

 

Rosa Rosé Saignée 2022

Schonender Saftabzug bei besten Chargen von Blaufränkisch, St. Laurent und Zweigelt steht hier Pate. Im Aroma tummeln sich Himbeeren, Erdbeeren und etwas Kirsche. Im Geschmack präsentiert sich der Wein komplex, saftig, mit feiner Säure. Ein Rosé mit viel Profil.

 

Königlicher Wein MMXIX (Lindenblättriger)

Die klassische Sorte aus 2021, die schon bei ungarischen Königen auf den Tisch kam, duftet nach Birne sowie Lindenblüten und präsentiert sich auf der Zunge geschmeidig, etwas cremig, herrlich saftig und mit nur 11,2 Vol.-% angenehm leichtgewichtig, hat aber viel Nachhall.