Macht Wein aus Naturstein Karriere?

11.11.2016 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Passau) – Holz und Stahl sind die klassischen Umhüllungen für Wein, in unterschiedlichsten Varianten. Hinzu kommen noch Stahlbeton und Kunststoff. In den letzten Jahren sind die traditionellen Amphoren aus Ton, die in Georgien seit Jahrtausenden bekannt sind, wieder in Mode gekommen – mit manchmal sehr merkwürdigen, nicht mehr unbedingt weinigen Ergebnissen (Stichwort: Orangewein). Auch Beton in Eiform wird zunehmend genutzt. Die spezielle Form soll für zusätzliche Spannung im Wein sorgen. Aber aktuell scheint ein neuer, natürlicher Stoff der letzte Schrei zu sein: Granit.

 

Begonnen hat es vor einigen Jahren, als Alois Bauer, Steinmetzbildhauer-Meister aus Passau, auf einer Messe in Gols (Burgenland), seine Arbeiten ausstellte und nach einem Messetag in gemütlicher Runde mit einigen anderen Ausstellern beim Wein zusammensaß. Hier wurde die Idee zum Natursteinfass geboren, aus Bauers ganz natürlichem Lieblingsmaterial Granit. Und es entstand für den Vertrieb die Firma Steinfass mit Sitz in Deggendorf, die seitdem Winzer mit diesem speziellen Gefäss beliefert.

Einer hat gerade in Iphofen seinen ersten Silvaner aus dem Jahrgang 2015 gefüllt. VDP-Mitglied Johann Arnold ist hochzufrieden mit dem Resultat. Der Wein lässt eine betonte Mineralik erkennen, ist sehr dicht, komplex, wirkt beinahe vibrierend und weist im Aroma eine zarte nussige Note auf. 600 Liter umfasste die Granithülle, die eher wie ein überdimensionaler Waschzuber anmutet als ein Fass. Arnold hat sich auch deshalb an dieses Material gewagt, weil ein erster Versuch bei der Landesanstalt für Weinbau in Veitshöchheim positiv verlief und sich nach Untersuchungen zeigte, dass Granit keinerlei Rückstände hinterlässt – anders als etwa beim Betonei, das Stoffe im geringen Umfang absondern kann. 

Aber Granit hat andere Eigenschaften, die ein Winzer beachten muss. „Das Material saugt sich förmlich mit Wein voll“, hat Arnold registriert. Deshalb muss alle paar Wochen Schwundausgleich vorgenommen werden. Bei seinem 600-Liter-Fass waren das immerhin so 20 bis 30 Liter. Notwendig ist eine Lagerung bei 70 bis 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. 

Auch ein größeres Gebinde wäre noch möglich gewesen. Steinfass bietet neben den 600 Liter Fassungsvermögen noch Behälter mit 1000, 400, 100 und 50 Liter an, sowie 5 Liter für den Hausgebrauch. Die Steinfässer werden aus einem Block gefertigt, sie haben eine Wandstärke von 10 cm, am Boden sind es 15 cm. Das Gewicht ist beachtlich. Das größte Gebinde wiegt 1784 kg, die 600 Liter, die Arnold stemmen musste, bringen es – ohne Wein – auf 1350 Liter. Der Preis wirkt happig: 15 000 Euro durfte Arnold berappen. Aber anders als zum Beispiel ein Barriquefass, das um 1000 Euro kostet, kann es langfristig eingesetzt werden. Der Hersteller gibt 30 Jahre Garantie. Und wenn man die Preise selbstbewusst ansetzt, wie es Arnold mit 30 Euro für den Bocksbeutel (den im neuen, modernisierten Stil) getan hat, dann sind die Anschaffungskosten bald amortisiert.

Der Franke ist nicht der erste Winzer, der Wein im Granit ausbaute. Das Haus Steinfass kann schon einige Abnehmer vorweisen, darunter Winzer in Österreich (zum Beispiel den Steirer Walter Skoff und Waldschütz im Kamptal), in Neuseeland (Giesen Wine) und in Deutschland, wo unter anderem die Genossenschaft Divino in Nordheim aktiv geworden ist. Die meiste Erfahrung hat freilich das Weingut Emil Bauer & Söhne in Landau-Nussdorf. „Bauer besucht Bauer“, war das Motto vor einigen Jahren, als Alois Bauer einen Abstecher zu seinen Namensvettern in die Pfalz machte, über sein Steinfass informierte und sich Alexander und Martin Bauer „aus Jux und Dollerei“ zu einem ersten Experiment verführen ließen. Mit den bisherigen Ergebnissen nach drei Jahren sind die ambitionierten Pfälzer, die mit einem 1000-Liter-Behältnis arbeiten, sehr zufrieden. Durch die leichte Verdunstung werden die Weine sehr konzentriert, sie entwickeln nach ihren bisherigen Erfahrungen viel Würze und eine gewisse Salzigkeit. Wie gut sie sind, konnte 2016 bewiesen werden, als zwei „Granit-Rieslinge“ aus Nussdorf beim Wettbewerb Riesling-Champion von Vinum ins Finale kamen. Ein Versuch mit Rotwein schlug allerdings fehl. Alexander Bauer: „Das hat nicht funktioniert.“

Die Frage ist, was kommt noch in Sachen Weinbehälter und Material? Denkbar wäre eines Tages Marmor. Schließlich gibt es im nordgriechischen Thrakien einige Gutsbesitzer, die sich ihr Geld für die Gründung eines Weinbaubetriebes durch den Abbau vor Marmor verdienten. Aber abgesehen davon, dass Marmor-Fässer wohl im Preis noch um einiges höher liegen würden als Steinfässer, wäre ihr Gebrauch nicht empfehlenswert. Josef Hällmayer von der Vertriebsfirma Steinfass winkt ab: „Marmor ist kalkhaltig. Kalk löst sich und würde damit den Wein ziemlich entsäuern.“ Er ist glücklich, dass Produzent Bauer Zugriff auf den idealen Granit hat. „Der Bayerwald hat besonders reiche Vorkommen an dichtem und reinem Granit. Er funktioniert nach unseren bisherigen Erkenntnissen auch bei Rotwein, es dauert nur etwas länger, bis der Wein gut in Form ist.“ Der Fass-Preis ist für ihn kein Hindernis. „Die Kosten lassen sich meist schon nach dem ersten Jahrgang ausgleichen.“