Neues Qualitäts-Management in Moldawien

09.03.2013 - R.KNOLL

MOLDAWIEN (Chișinău / Kischinau) - Eine neue Ländermarke in Sachen Wein soll in den nächsten Monaten auf den westlichen Märkten etabliert werden: „Wine Moldova“ steht für Weine aus der einstigen Sowjetrepublik zwischen Rumänien und der Ukraine, die seit 1991 selbstständig ist und wirtschaftlich allmählich Boden unter den Füßen bekommt, nachdem Moldawien noch vor einigen Jahren als ärmstes Land Europas galt.

 

Nicht zum ersten Mal stellen sich Erzeuger aus diesem Staat auf der ProWein vor, aber diesmal in besonders starker Besetzung. Über ein Dutzend Betriebe, einige davon schon mit Exporterfahrung in den Westen, werden ihre Weine in Halle 6, Stand B50, präsentieren. Dabei wollen sie demonstrieren, dass die Investitionen in Weinberge und die Kellerwirtschaft in den letzten Jahren Früchte getragen haben. Außerdem gehen die Erzeuger aus Moldawien fremd mit zwei Verkostungen am Sonntag, 24. März und Montag, 25. März jeweils um 11 Uhr im neuen ProWein-Forum in Halle 7.1. Die Proben wird der Weinjournalist Rudolf Knoll leiten, der eine gründliche Vorauswahl betrieb und selbst schon vor einigen Jahren das Land besuchte und über eine spannende Entwicklung erzählen kann.

Das noch junge Qualitäts-Management ist indirekt dem Druck eines 2006 verhängten, aber inzwischen wieder aufgehobenen Embargos von Russland zu verdanken. Der „große Bruder“ war einst, auch nach dem Zerfall der Sowjetunion, der wichtigste Abnehmer für moldawischen Wein. Als diese Exporte nicht mehr möglich waren, musste man sich nach neuen Märkten umsehen und bekam hier sehr schnell zu hören, dass dafür andere Qualitäten als früher notwendig waren.

Wer heute Wein aus Moldawien verkostet, wird meist angenehm überrascht sein und kann auch echte Entdeckungen machen. Denn das Klima meint es gut mit den Reben, das Land liegt auf dem gleichen Breitengrad wie die Bourgogne und Österreich. Die Sommer sind lang und warm, die Zahl der Sonnenstunden liegt zwischen 2700 und 3000.

Dieses Potenzial nutzt man mit klassischen internationalen Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Malbec, Chardonnay, Grauburgunder und Traminer, die schon im 19. Jahrhundert vom damaligen Adel aus Frankreich eingeführt wurden. Das war die Zeit, als Moldawien-Wein sogar internationale Berühmtheit erlangte. 1878 errang ein Rotwein aus Purcari Gold bei der internationalen Weltausstellung in Paris. Das Englische Königshaus kaufte daraufhin die gesamte Partie auf.

Zu den bekannten Sorten gesellen sich einige landestypische Varietäten wie Feteasca Alba , Rkatsiteli, Feteasca Neagra, Saperavi und Rara Neagra. Die Erzeuger haben inzwischen auch Fingerspitzengefühl für den Umgang mit Cuvées entwickelt, hantieren durchaus geschickt mit Barriques und wagen sich erfolgreich an Spezialitäten wie Eiswein und Likörwein. Einer der Kellermeister hat sogar vier Jahre im württembergischen Weinsberg das Weinmachen gelernt. Bedingt durch die unterschiedliche Größe und Struktur der Betriebe kann Moldawien heute Weine für jede Vermarktungsschiene – immer mit einem ausgezeichneten Preis-Wert-Verhältnis - anbieten.

Wer durch einen Messebesuch neugierig wird auf das Land mit rund 5000 Jahren Weinbaugeschichte, sollte wissen, dass man dort die Möglichkeit hat, zwei besondere Keller zu besichtigen, die sich bis zu 70 tief unter der Oberfläche erstrecken. Einer gehört dem Staatsweingut Cricova in der Hauptstadt Chişinӑu. Er ist 120 Kilometer lang, war einst ein riesiger Steinbruch, ehe dieser 1952 zum Weinkeller umfunktioniert wurde. In diesem Untergrund gibt es einige Prachträume (in einem feierte Russlands Staatschef Putin 2002 seinen 50. Geburtstag) und die Sektkellerei des Staatsgutes sowie die sog. „Göring-Kollektion“, ein Weinlager, in dem nach 1945 Schätze aus dem Bestand von Reichsmarschall Hermann Göring deponiert wurden, darunter auch einige Lafite und Mouton Rothschild.

Noch länger ist, etwas außerhalb der Hauptstadt, der Keller von Mileştii Mici. Dessen 220 unterirdische Kilometer werden auf rund 50 Kilometer als Weinlager benutzt. Viele Vorräte sind nicht mehr taufrisch oder stark von der Säure und Gerbstoffen geprägt. Aber sie sind auch nicht für Exportmärkte vorgesehen.