Trauer um Ahr-Winzer Wolfgang Hehle vom Deutzerhof

20.03.2013 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Mayschoß) - Er stammte aus einer Bäckerei, wollte aber scheinbar nie kleine Brötchen backen und eigentlich Steuerberater werden. Aber dann lernte Wolfgang Hehle in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Mayschoß im Ahrtal eine Winzertochter namens Hella kennen, die ihm den Wein schmackhaft machte. Auch deren Vater Alfred Cossmann nahm „mit geschickter Diplomatie“ (so erzählte Wolfgang Hehle gern) Einfluss, so dass sich der junge Mann für die Arbeit in den Weinbergen und im Keller intensiv begeistern konnte. Er legte den Steuerberater ad acta, machte zunächst die Gehilfenprüfung und avancierte schließlich 1982 als 26-Jähriger zum Winzermeister, fünf Jahre nachdem er in das Weingut Deutzerhof in Mayschoß eingeheiratet hatte.

 

Hehle war voll mit Wein infiziert. Es konnte passieren, dass er – von der Gattin liebevoll gerüffelt – eine Tasse mit Kaffee schwenkte wie ein Weinglas. Mit seiner Einstellung zum Wein passte er perfekt zum Schwiegervater, der 1950 mit der Selbstvermarktung begonnen hatte und sich gegen den damaligen süßen Trend beim Ahr-Wein stemmte. Mit seinen trockenen Rotweinen eckte er immer wieder bei der Weinprüfung an und füllte sie deshalb hin und wieder einfach als Tafelwein ab. Die ersten „offiziellen“ trockenen Spätlesen und Auslesen sowie Beerenauslesen (!) füllten Schwiegersohn und Schwiegervater (respektvoll „Chef“ genannt) erst mit dem Jahrgang 1988 ab.

Damals schon wurde strenge Ertragsselektion im Weinberg betrieben, obwohl viele alte Rebanlagen ohnehin keinen reichen Ertrag hatten. Neue Holzfässer hielten Einzug in den Keller. Später machte sich Wolfgang Hehle verdient um die Erhaltung steiler, terrassierten Fluren. 2007 erfolgte auf einem Teil der 9,5 Hektar eine Umstellung auf biodynamischen Anbau. Die Rotweine sind Ergebnis einer Spontangärung. Sie brauchen alle etwas Zeit, bis sie voll aufblühen. Sie konnten immer wieder gewisse, aber sympathische Ecken und Kanten haben. Schon vor rund 15 Jahren gehörte der Deutzerhof zu den Top-Rotweinerzeugern in deutschen Landen (und hatte nebenbei immer wieder interessante herbe Weißweine und edelsüße Gewächse im Keller).

Aber dann der erste Schicksalsschlag: 2010 verunglückte Sohn Johann, der schon voll involviert war, bei einem Verkehrsunfall. Und bald darauf musste die Familie erfahren, dass Wolfgang Hehle selbst schwer krank war. Am 14. März wurde er, nur 57 Jahre alt, von seinem Leiden erlöst – womit das Anbaugebiet Ahr nach dem Tod von Gerhard Stodden (wir berichteten: "Ahrwinzer Gerhard Stodden: Tod auf dem Laufband") innerhalb weniger Wochen einen zweiten profilierten Winzer verlor.

Um Wolfgang Hehle trauern, neben vielen Weinfreunden, die den Winzer auch persönlich schätzten, seine Frau Hella, Schwiegertochter Dorothee mit Kindern und der langjährige Freund und Mitarbeiter Hans-Jörg Lüchau. Sie haben sich vorgenommen, sein Lebenswerk in seinem Sinn weiter zu führen. Auf der Homepage des Betriebes ist ein Spruch mit sanftem Trost zu lesen: „Euch, die ich so sehr liebe, muss ich verlassen, um zu denen zu gehen, die ich geliebt habe.“