Italiens Weinpionier Livio Felluga verstorben

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 26. Januar 2017

ITALIEN (Brazzano) – Er war der Gründer einer der größten Weinkellereien in der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien und seine Pioniertaten sind unzweifelhaft. Livio Felluga hat die Weine der Region mit seiner ehrgeizigen Vision für Weinbau, Weinbereitung und Vermarktung wieder zum Leben erweckt. Der weithin geschätzte Patriarch verstarb am 21. Dezember in einem biblischen Alter von 102 Jahren. Sein Tod erfüllte viele Wegbegleiter mit Traurigkeit, aber die Erinnerungen an Fellugas Wirken, Erfolge und an die besonderen Qualitäten seiner friaulischen Weine bleiben erhalten und wirken für viele tröstend. 

Umstellung auf Weißwein und Stopp der Landflucht

Livio Felluga erlangte Berühmtheit durch seine Rolle in der Wiederherstellung des Qualitätsweinbaus in Friaul-Julisch Venetien nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier, wo das österreich-ungarische Reich schon vorher zerbrach, Friaul zwischen den Mächten aufgeteilt wurde, herrschte über Jahrzehnte Landflucht. Viele Bauern und Winzer, die ihre Heimat aufgaben, suchten sich Arbeit in den Städten der Region. Ganz anders reagierte Livio Felluga. Er erkannte das Potenzial der verlassenen Hügel und Weinberge, insbesondere deren außergewöhnliche Qualität basierend auf den aus Mergel und Sandstein bestehenden Böden, ideal für den Anbau von weißen Rebsorten. Anfang der 1950er Jahre begann er mit dem Kauf von Rebflächen und startete Neupflanzungen, erst mit dem Ziel, Familienweine zu produzieren. Seine harte Arbeit lohnte sich im Laufe der Zeit. Bis heute hat Livio das im Ortsteil Brazzano der Gemeinde Cormòns, dem Hauptort des Collio, beheimatetes Familiengut zu einer der einflussreichsten Kellereien der Region werden lassen.

Mit seiner unbändigen Kraft und seiner Persönlichkeit war er über die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts der Motor zur Erneuerung der Weinbereitung der gesamten Region Friaul. Sein Wirken führte dazu, dass die bis dahin vornehmlich auf Rotwein dominierte Produktion auf Grundlage von Cabernet Franc und Merlot gegenüber Weißwein nach und nach umgestellt wurde. Livio Felluga konzentrierte sich anfangs auf die lokale Friaul-Traube, die früher als Tocai Friulano bekannt war. Diese Sorte und der Sauvignon Blanc waren besser für das Klima in Friaul-Julisch Venetien geeignet. Und er sollte Erfolg haben. Schon in den 1960er Jahren gelangten seine Weißweine in die globalen Märkte. Sein Wirken und seine Erfolge führten dazu, dass die anderen Winzer der Region ermutigt wurden, vor allem die nachrückende jüngere Generation tat es ihm gleich. Immer mehr von ihnen blieben auf dem Land und so belebte sich nach und nach die gesamte Weinregion des Friaul.

Respekt und Dankbarkeit

"Livio war ein großartiger Winzer. Aber wichtiger noch, er war ein Führer für uns alle", sagt Giorgio Colutta, ehemaliger Präsident des örtlichen Erzeuger-Konsortiums und Inhaber des Weinguts Colutta im benachbarten Manzano. "Vor 60 Jahren bewirkte Livio als Vorbild den Aufstieg der Weinregion um die Hügel von Rosazzo im östlichsten Friaul. Er war es, der die dortigen außergewöhnlichen Lagen, die von vielen Winzern aufgegeben waren, wiederbelebte. Und er schaffte es, dass die Weinwelt ihre Aufmerksamkeit auf Friaul richtete. Dafür sind wir ihm alle sehr dankbar", sagt Mattia Scarbolo vom Weingut Scarbolo. 

Von seinen bescheidenen Anfängen hat Livio Felluga sein Weingut gleichen Namens auf eine heutige Produktionsfläche von rund 155 Hektar ausgebaut. Die Rebflächen liegen im Collio und Colli Orientali del Friuli. Der Rebsortenspiegel aus deren besten Lagen reicht von einer ganzen Reihe autochthoner Traubenarten wie Ribolla Gialla, (Tocai) Friulano oder Picolit bis hin zu internationalen Sorten, zu denen etwa Chardonnay, Pinot Grigio und auch Cabernet Sauvignon zählen. Livio Fellugas Ziel war es stets, die typischen Eigenschaften seiner Rebsorten in elegante, frische und ausbalancierte Weine zu transferieren, egal ob sortenrein oder in Cuvées.

"Der fassgereifte Terre Alte aus Friulano, Pinot bianco und Sauvignon bianco, sie alle sind zu Recht hoch geschätzt, und die Picolit sind gewöhnlich eine Freude, abgesehen von ihrem happigen Preis. Überhaupt ist hier alles von bester Qualität“, heißt es im Großen Johnson.

Honoris Causa

In 2009 wurde Livio Felluga von der Universität Udine der Doktortitel „honoris causa“ in Weinbau, Önologie und Weinvermarktung für sein Lebenswerk verliehen. "Er habe seine Vision von friaulischen Spitzenweinen konsequent umgesetzt und er habe seine eigenen Erfahrungen den Winzern der Region zu Verfügung gestellt und ihnen damit zu einem neuen Stellenwert verholfen", hieß es in der Laudatio. Livio Felluga hinterlässt seine Frau Bruna, seinen Bruder Marco und die Kinder Maurizio, Elda, Andrea und Filippo sowie mehrere Enkelkinder. Ihm zu Ehren wurde zu seinem 85 Geburtstag ein eigenes Etikett entworfen, dass den Livio Felluga Illivio Bianco Colli Orientali del Friuli D.O.C. ziert. So bleibt er auch für viele Weinliebhaber, die das außergewöhnlich hohe Niveau und die außerordentliche Qualität seiner Weine schätzen, in Erinnerung.