Bordeaux Weine - endlich erschwinglich - Parker unerwünscht

02.06.2009 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Nach Monaten der Tristesse hoffen die Negogiants (Händler) in Bordeaux, dass der Jahrgang 2008 nach dem gerade erlebten erdrutschartigen Preisverfällen der Grand Grus Weine wieder die einflussreichen Weinkenner aber auch gleichermaßen die verlorenen Kunden interessiert. Letztere hatten die Bordeaux-Weine geschmäht, nachdem deren Preise in den vergangenen Jahren ins uferlose gestiegen waren.

 

In Frankreich gelten die Bordeaux-Weine der Weinindustrie als Pegel für deren wirtschaftlichen Erfolg. Im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise hatten viele große Kellereien aber auch einige bekannte Chateau und auch viele weniger bekannte Erzeuger Angst vor der finanziellen Katastrophe bekommen. Die aktuelle Preisanpassung der Grand Grus Weine an die nun gegebenen Marksituation, lässt aber alle aufatmen und wieder hoffen.

Die Händler in Bordeaux haben sich schon auf die neue Kundschaft eingestellt. In der jüngsten Vergangenheit hatten Sie es überwiegend mit reichen Spekulanten zu tun. Nun, da die Preise der Top Grand Crus bis zu 40 Prozent gefallen sind, ändert sich auch entsprechend ihr Klientel. Jetzt öffnet sich ihnen wieder die Mitte des Weinmarktes und damit verbunden auch die Hoffnung, die Weine auf  breiter Basis verkaufen zu können.

"Es ist unglaublich", sagt Patrick Bernard, Inhaber von Millésima. "Seit 2005 stiegen die Preise der Top Grand Crus ins unermessliche, nun fallen Sie rapide in den Keller". Die ersten Preise kamen in diesem Frühjahr von Château Angelus, die ihre Preise um 40 Prozent gesenkt haben. Ein paar Tage später zogen andere berühmte Châteaux nach und senkten ihre Preise um bis zu 45 Prozent. Und Château Yquem legte noch eins drauf. Hier sanken die Preise um 65 Prozent.

Weitere Güter, deren Preise für deren Premium Weine sich der allgemeinen Dynamik unterwerfen mussten, glichen ihre Preise ebenfalls an. "Die Preisreduzierungen waren größer als ich gedacht hatte", so Lilian Baron, Miteigentümerin der legendären Grundbesitze Château Léoville Barton und Langoa Barton und CEO des Weinhandelsunternehmens Les Vins Fins Anthony Barton.

Aber nicht nur die aktuelle Preisentwicklung beschäftigt die französische Weinindustrie. Im Zuge der aktuellen Entwicklung hoffen die Châteaux und Händler gleichermaßen um Ihre Unabhängigkeit  von dem US-Weinkritiker Robert Parker, der in Frankreich den Spitznamen "Million Dollar Nase" trägt. Sein Einfluss auf den Weinmarkt war und ist den Franzosen nicht geheuer.

Parker ist ohne Frage ein Kenner der Bordeaux-Weine. Aber viele in der Branche glauben, dass er mit seiner Rangliste zu viel Macht ausübt. Manche der Chateaux versuchen daher ihre Weine möglichst schnell zu verkaufen, weil sie fürchten, dass Parkers Rangliste ihnen die Preise verderben könnte. Weil aber alle auf Parkers Rangliste warten, haben es die Chateaux schwer, die vorher ihre Weine auf den Markt bringen wollen. "Der Verkauf läuft bis zur Bekanntgabe von Parkers Bewertung sehr gedämpft", sagt Patrick Bernard. "Nach Bekanntgabe überschlagen sich die Käufer, um die höchstbewerteten Parker-Weine zu ergattern".

Trotz noch wankelmütiger Importeure sehen Patrick Bernard, Lilian Baron und viele andere nun einen neuen Markt kommen. "Unsere traditionellen Kunden, die von den astronomischen Preisen verschreckt waren, kommen nun wieder zurück", sagt Bernard. "Der 2008er Jahrgang ist ein excellenter für die Verbraucher. Nach dem dramatischen Rückgang der Preise haben wir nun wieder Kunden, die Weine trinken wollen, anstatt diese nur als Investitionsgut zu betrachten."

Im Gegensatz zu vielen Händlern aus Bordeaux steht Millésima gut da. Mit einem jährlichen Umsatz von 52 Millionen Euro verkaufen sie direkt an Endverbraucher in 11 europäischen Ländern und nach Amerika. "Der Direktverkauf läuft gut", sagt Bernard. "Es gibt in Europa keine Probleme mit der Währung".

Viele Experten und Liebhaber der Bordeaux-Weine haben die aktuelle Entwicklung herbeigesehnt. Die Wiederbelegung des Marktes, einhergehend mit einem freundlichen Bild von Bordeaux und die erwartete Umsatzsteigerung des Handels lassen die französischen Erzeuger hoffen. Demnach freuen sie sich auch ihre Weine auf den kommenden Weinmessen präsentieren zu können.