Bordeaux Weine stehen am Scheideweg

05.04.2009 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Die Erzeuger aus dem Bordeaux setzen aktuell alles auf den Jahrgang 2008 und hoffen, die schleppenden Verkäufe wieder in Gang zu bringen. Nach Monaten der Unsicherheit, nach Diskussionen um die Preise, nach Kämpfen mit der eigenen Regierung für die Freiheit der kostenfreien Weinproben und nach Querelen um die Klassifikation St. Emilion, wurden die ca. 4.500 Kunden, Händler, Kritiker, Journalisten, Im- und Exporteure, die das Bordelais in der vergangenen Woche bei den En Primeur-Verkostungen bevölkerten, heiß ersehnt.

 

Drei Themen beherrschten die Gespräche der angereisten Fachleute und der Erzeuger in den Kellern, in den Probierstuben und bei den abendlichen Treffen: Qualität, Preis, Timing. Erst einmal erfreulich war, dass die Beteiligung der angereisten Interessenten höher als erwartet war. Trotz unruhiger Wirtschaftslage kamen auch die Top Einkäufer aus den Ländern Großbritannien, Russland und den USA. Das Interesse scheint also gegeben.

Überwiegend waren die Weinprofis angetan von der Qualität des Jahrgangs 2008, wie man den einzelnen Statements der Verkoster entnehmen kann. Gelobt wurde die Frische des Jahrgangs, die Frucht und die Struktur, die Bordeaux Weine so populär machen. "Der 2008 Jahrgang basiert auf einer guten Ernte", so Michel Rolland, französischer Oenologe und Berater von weit über 100 Weingütern in 13 Ländern und ergänzt: "Nach 2005 ist der 2008 Jahrgang der zweitbeste in diesem Jahrzehnt".

Doch es stellt sich die Frage ob ein guter Jahrgang ausreicht, um die Käufer letztlich zu überzeugen. Noch ist den Franzosen der Marktverfall von 20 Prozent im zweiten Halbjahr 2008 vor Augen. Und ein weiteres Problem spricht Justin Gibbs, Direktor von Liv-Ex, an: "Die Keller sind mit den Weinen aus 2006 und 2007 überfüllt. Diese Weine sind ja nicht schlecht. Aber sie müssen verkauft werden und dies geht nur über eine aggressive Preispolitik und Werbung".

"Wenn die Franzosen Käufer finden wollen, dann geht das nur über den Preis", bestätigt Arnoldo Palacios, amerikanischer Abteilungsleiter von Ginestet, einem der größten Exporteure von Bordeaux-Weinen. Und John Avery, Direktor von Averys Bristols meint: "Ich erwarte einen weiterhin zähen Verkauf der Bordeaux- Weinen in Großbritannien" und fügt an: "Die Weine haben einen feinen Geschmack, aber selbst wenn die Franzosen die Preise senken, haben sie es immer noch mit einem angeschlagenen Markt zu tun. Ich habe nicht viel Hoffnung, dass sich kurzfristig was ändert".

Zusätzlich zu der allgemeinen Finanzkrise müssen die Franzosen nun für Ihre Fehler bei der Preiskalkulation des 2006 und 2007 Jahrgangs büßen. Diese Weine waren überbewertet. Das haben natürlich auch die verantwortlichen Strategen der Güter erkannt. Seit Monaten arbeiten Sie gemeinsam mit den Großhändlern daran, die Verwirrung um die Preise zu beheben und die Verkaufsperiode kurz und lebhaft zu gestalten.

"Ich denke wir müssen zukünftig unsere Kunden besser informieren. Bereits ab der Ernte eines Jahrgangs müssen wir unsere Weine kommunizieren und eine vernünftige Preisgestaltung finden", so Pierre Lurton, Direktor von Château Cheval Blanc und Château Yquem. Und er ergänzt: "Was ist ein guter Preis? Ich weis es nicht. Ich empfehle bei jedem Jahrgang erst auf die Qualität zu schauen und erst dann ein Gleichgewicht zum Preis zu finden".

Während Herve Berland, Direktor von Château Mouton Rothschild die Preise vor der En-Primeur Verkostung nicht nennen wollte, sprach er sich dennoch dafür aus, kurz nach Ende der Kampagne schnell die Preise bekannt zu geben und in den Verkauf einsteigen zu wollen. Berland meinte: "Die Jahre, in denen wir den Preis erst spät veröffentlichen, sind positive Marktjahre. Nur im Moment müssen wir den Preis früh festigen und wir sollten schnell wissen, was wir tun müssen. Jetzt auf gute Nachrichten zu warten, ist unnütz. Wir müssen marktgerecht handeln".

Allgemein ist die Stimmung der französischen Erzeuger verhalten. In Anbetracht des merklichen Exportrückgangs der letzten Monate wären sie froh, auch nur einen gering steigenden Absatz ihrer Weine verzeichnen zu können. Nun liegt es letztlich an den Kunden. Sie entscheiden maßgeblich, ob der Verkauf der Bordeaux-Weine weiterhin stagniert oder langsam wieder anläuft.