Steht Neuseelands Weinindustrie am Scheideweg?

28.12.2010 - arthur.wirtzfeld

NEUSEELAND (Wellington) - Brachte der Jahrgang 2010 in Neuseeland noch eine reduzierte Weinernte von 265 Tausend Tonnen, so schätzen die eigenen Experten, dass in 2011 voraussichtlich mit über 300 Tausend Tonnen wieder eine Rekordernte droht. In den Jahren zuvor hatte man bereits Rekordernten eingefahren, was unweigerlich zu einem Preisabfall führte. So warnt Deloitte, neuseeländische Gesellschaft für Wirtschaftsprüfung, gestützt auf eine aktuelle Umfrage in der Weinindustrie und untermauert durch Berichte der Erzeuger und der Verbände vor einem kritischen Punkt, der schwerwiegende Folgen haben könnte.

 

„Die Versorgung der Märkte mit einer derartigen Menge wird unweigerlich zu weiteren Preisabfällen führen“, sagt ein Sprecher von Deloitte und gibt zu bedenken: „Wir haben uns von den Turbulenzen der Ernten in 2008-09 in Kombination mit der globalen Finanzkrise keineswegs erholt. Es wird entscheidend sein, die Nachfrage mit der Menge abzustimmen, ansonsten schädigt sich die neuseeländische Weinindustrie auf Jahre hinaus.“

Die Verbände und auch die Regierung Neuseelands drängen die Erzeuger ihre Erträge für die Ernte 2011 drastisch zu reduzieren und damit eine Rekordernte zu verhindern. „Wir haben jedem Erzeuger unsere Bedenken schriftlich mitgeteilt“, sagt Philip Gregan, Vorstandvorsitzender der neuseeländischen Winzervereinigung (New Zealand Wine). „Auch haben wir erklärt, dass es eine feine Linie gibt zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht - zudem haben wir in diesem Schreiben auf die möglichen Folgen explizit hingewiesen.“

Der aktuelle Bericht von Deloitte zeigt auch eine erschreckende Tendenz auf. Demnach ist seit 2008-09 die Rentabilität stetig rückläufig, gegenüber einer gleichzeitig steigenden Verschuldung der Weinbaubetriebe. „Auf eine kurzfristige Verbesserung ist nicht zu hoffen“, erklärt der Sprecher von Deloitte. „Zwar sind die Premium-Marken auf den internationalen Märkten noch gut positioniert, aber wir riskieren auch hier einen Einbruch.“

Die, die am meisten leiden sind wieder die kleinen und mittleren Weinbetriebe, meist familiengeführt. Sie verloren mit der Ernte 2010 bereits 50 NZ-Dollar (ca. 28 Euro) pro 6er Karton. Und die großen Kellereien konnten nur bescheidene Gewinne einfahren. „Wenn die Erzeuger den Warnungen nicht nachkommen, ist mit einem weiteren Preisverfall zu rechnen und dann werden einige auf der Strecke bleiben, was wir mit allen Mitteln zu verhindern versuchen“, sagt Philip Gregan.