Bordeaux und Burgund erwarten früheste Weinernte seit Jahrzehnten

24.06.2011 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Die französischen Erzeuger aus dem Bordelais, Burgund und auch aus der Champagne erwarten zum Jahrgang 2011 einen Rekord in Bezug zum Erntezeitpunkt. Bedingt durch eine überaus günstige Witterung, vielen Sonnenstunden im Frühjahr und einen für die Blüte und Entwicklung der Trauben besten vegetativen Zyklus bis dato wird vom heutigen Standpunkt aus die früheste Ernte seit Gedenken erwartet.

 

Die traditionell geltende Rechnung besagt, dass ab der Blüte in etwa 100 Tagen die Ernte erfolgen kann. Diese Zeitspanne wird heutzutage noch durch moderne Weinbautechniken auf 90 Tage definiert. Die Blüte, die in den französischen Anbauzonen in der Regel Ende Mai stattfindet, war dieses Jahr durch den sonnigen April und den folgenden trockendsten Mai seit Beginn der Aufzeichnungen in 1920, schon Anfang Mai eingetreten.

„Dieses Jahr waren die Blüten bereits zum 8. Mai hochentwickelt“, bestätigt John Salvi, Journalist und ehemaliger Negociant. „Einige Erzeuger berichten sogar, dass in bestimmten Gebieten die Blüte schon zum 1. Mai sehr fortgeschritten war. Eigentlich unglaublich, aber ich habe dies aus vertrauten Quellen erfahren. Bis heute jedoch haben wiederum die Wechsel von tagsüber oftmals 30 Grad hin zu meist kühleren Nächten mit Temperaturen runter bis 8 Grad die Entwicklung doch ein weinig verlangsamt.“

Im Bordelais beginnt die Ernte der Weißweine meist Anfang September und etwa zwei bis drei Wochen später die Rotweinernte mit Merlot und Cabernet Trauben. In Pomerol erwartet Jean-Claude Berrouet, ein Veteran unter den Weinmachern u. a. auch mit Wirkungskreis bei Petrus, die früheste Ernte, die er Zeit seines Schaffens im Weinbau je erlebt hat. „Ich kann mich gar nicht erinnern, dass wir jemals eine so frühe Ernte erwartet haben. Die Reben stehen zur Zeit sehr gut da - der ausschlaggebende Faktor aber wird wie so oft der August sein.“ Um zu verstehen, was es für die Reifung der Trauben bedeutet, vergleicht Berrouet die Jahrgänge 1989 mit 1990. „Beide Jahrgänge wiesen fast gleiche Sonnenstunden auf. Sie hatten beide ungefähr gleiche Niederschläge, aber ein heißer und trockener Mai in 1989 führte zu einer wesentlich früheren Ernte als in 1990.

Der Tenor der Châteaux ist gleich – alle sind sich einig, dieses Jahr wird die Ernte eine der frühesten sein, die es je gab. So rechnet Philippe Dhalluin von Château Mouton Rothschild mit einem Erntebeginn Anfang September. Auch wenn es bis dahin regnen würde, würde dies nicht viel am Zeitpunkt ändern, meinte Dhalluin. Und Delphine Kolasa von Château Marquis d'Alesme-Becker und Château Labégorce, beide Medoc, rechnet mit einem Erntebeginn um den 28., 29. August. Ebenfalls wie auch Anne-Claude Leflaive von der Domaine Leflaive aus dem Burgund. Sie meint: „Nach unseren eigenen Aufzeichnungen hatten wir seit 1893 niemals so einen frühen Erntezeitpunkt. Heute denke ich, dass wir vielleicht sogar schon zum 25. August beginnen können.“

Frederic Mugnier von der Domaine Jacques Frederic Mugnier in Chambolle Musigny im Burgund erwartet ebenfalls einen Beginn der Ernte gegen Ende August. „Ganz glücklich bin ich darüber allerdings nicht“, meint Mugnier. „Es besteht durchaus die Gefahr, dass, wenn die Trauben zu rasch reifen, uns dann später die Aromatik und die Komplexität in den Weinen fehlt.“ Eine Antwort auf die Frage, ob man schon Erwartungen an die Qualität des Jahrgangs 2011 habe, blieben alle Gesprächspartner schuldig. Dafür sei es noch viel zu früh, war der Tenor. 

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