Frost in Franken: 30 Prozent Einbußen für den Jahrgang 2011

06.05.2011 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Würzburg) - Während einige Anbaugebiete schon Entwarnung gaben herrschte in Franken am  Mittwoch "Schockstarre" - Genau dies brauchen wir nicht, so der Tenor der Winzer. Dabei hatte die Vegetation so gut begonnen. Bereits Ende März startete eine Schönwetterperiode, die praktisch bis Ende April anhielt. Milde Temperaturen und Sonne ließen die Reben sprießen. Deren zarte Austriebe erfroren aber nun in den Nächten zum Dienstag und Mittwoch bei Temperaturen mit -1 bis -4 Grad. Nach aktuellen Schätzungen wird für das fränkische Weinbaugebiet eine bis zu 30 Prozent geringere Ernte des Jahrgangs 2011 erwartet.

 

Wir sprachen mit Hermann Mengler, Leiter der Fachberatung für Kellertechnik und Kellerwirtschaft des Bezirks Unterfranken und Andrea Paul vom Weingut Fürst Löwenstein, Karl-Heinz Rebitzer vom Fürstlich Castell´schen Domänenamt, Benedikt Baltes vom Weingut Stadt Klingenberg sowie Horst Kolesch vom Weingut Juliusspital belgeiten das Thema mit Ihren Statements.

YOOPRESS: Die letzten Nächte brachten das, was Winzer überhaupt nicht gebrauchen können - Frost nach dem Austrieb - man hört von großen Schäden in Franken?

H.MENGLER: Ja leider hat im Jubiläumsjahr des Fränkischen Weinbauverbandes eine "höhere Macht" kein Einsehen mit den Winzern. Beinahe Deckungsgleich wie 1981 haben Strahlungsfröste und Kaltluftseen am 4. Mai, über das ganze Anbaugebiet hinweg, für Erfrierungen an den jungen Trieben gesorgt. Die polare Nordost-Luft und der sternenklare Himmel führte zu Temperaturen bis zu -4 Grad Celsius.

YOOPRESS: Was passiert bei Frost?

H.MENGLER: Bei diesen Temperaturen gefriert das Wasser in den Zellen, diese trocknen aus, werden braunschwarz und fallen ab.

YOOPRESS: Und das Ausmaß?

H.MENGLER: Das gesamte Ausmaß der Schäden und Folgeschäden ist gesamtfränkisch schwer zu beziffern. Es gibt Anlagen mit nahezu 100 Prozent geschädigten Trieben und Weinberge, die keine Schädigungen aufweisen. Beste Lagen mit einer "Pelzmütze" (Wald) sind die Gewinner. Seitentäler und Stellen an denen die Kaltluft fließt sind stark in Mitleidenschaft gezogen.

YOOPRESS: Und welche Teile Frankens sind besonders betroffen?

H.MENGLER: Besonders betroffene Teile Franken sind das Taubertal, Saaletal, Werntal, die Lagen im Landkreis Main-Spessart, Weininsel und alle tieferen Lagen.

YOOPRESS: Was bleibt?

H.MENGLER: Bleibt zu hoffen, das dies die vorgezogenen Eisheiligen waren und das angekündigte warme Wetter, die Vitalität und den Lebenswillen der Rebstöcke unterstützt und die derzeit noch schlafenden Beiaugen austreiben und die Weinberge wieder grün erscheinen lassen.

YOOPRESS: Was kann man von den Beiaugen erwarten?

H.MENGLER: Erfahrungsgemäß haben diese Beiaugen eine Fruchtbarkeit von 20-40 Prozent gegenüber den Hauptaugen, allerdings abhängig von den Rebsorten. Die weitere Entwicklung wird dann zeigen, ob die "höhere Macht" dann doch ein Einlenken mit den Fränkischen Winzern hat.

YOOPRESS: Bleibt also wie so oft die Hoffnung - Vielen Dank Herr Mengler für das Interview.

 

Statement von Andrea Paul, Verkaufsleiterin Weingut Fürst Löwenstein:

„Der Homburger Kallmuth ist zum Glück von Frostschäden verschont geblieben, was letztendlich an den Gegebenheiten des Weinberges liegt. Die Mauern der Terrassen wirken als gute Wärmespeicher, zudem besitzt der Kallmuth die Form eines Parabolspiegels - der Vorteil ist, dass dadurch tagsüber mehr Wärme aufgenommen werden kann, die Nachts wiederum abgegeben wird. Auch unsere Lagen im Rheingau sind verschont geblieben. Aber im Lengfurter Oberrot müssen wir bis zu 80 Prozent Frostschäden verzeichnen.“

 

Statement von Karl-Heinz Rebitzer, Weingutsleiter Fürstlich Castell´sches Domänenamt:

„Wie auch andere Betriebe in Franken hat uns der Frost im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Bei uns betraf es vor allem die Rotweinsorten, am wenigsten den Silvaner, was wiederum belegt, wie unterschiedlich Lage bzw. Rebsorte auf Frost reagieren. Insgesamt rechnen wir mit einer um rund 30 Prozent reduzierten Ernte."

 

Statement von Benedikt Baltes vom Weingut Stadt Klingenberg:

„Rund 2 Hektar unserer Rebanlagen sind erfroren. Vor allem die Anlagen von Portugieser und Müller-Thurgau in Großheubach hat es ziemlich getroffen. Wir werden wohl 1,5 Hektar Reben entfernen und mit Spätburgunder bestocken. Aber ein Schaden bleibt allemal. Aber gut, ich kann mich trösten - es gibt Winzer, denen sind 5 oder sogar 10 Hektar erfroren. Wie kann ich mich da beschweren. Also Kopf hoch und weiter, nützt ja nichts.“

 

Statement von Horst Kolesch, Leiter des Geschäftsbereichs Landwirtschaft, Weinbau und Forsten der Stiftung Juliusspital Würzburg:

Wir rechnen im Juliusspital mit einem Ertragsausfall von derzeit rund 30 Prozent, wenn sich alles noch zum Guten entwickelt. Wir profitierten in dieser Situation insbesondere durch unseren hohen Anteil von klassischen Lagen (Steillagen), die sich in den vergangenen Jahrhunderten schon bei vielen derartigen negativen Ereignissen bewährt und daher auch durchgesetzt haben. Einerseits zeichnen sich Gute Lagen gewissermaßen auch immer durch ihre Ertragssicherheit aus. Nur so kann man kontinuierliche und verlässliche Qualität erzeugen. Andererseits ist eine schmerzliche Reduzierung der Erträge auch immer eine gute Basis für eine besondere Qualität des Jahrgangs. Fazit: Wir haben schon schlechtere Zeiten erlebt, wir machen weiter.