Bordeaux lächelt wieder - Weinjahr mit potenzieller Klassik

26.11.2015 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Nach schwierigen Jahrgängen hatte Mutter Natur in der 2015er Vegetationsperiode ein Einsehen - alles gut in Bordeaux - oder? In der nördlichen Hemisphäre begannen in vielen Regionen die Weinernten zu einem der frühesten Zeitpunkte, die jemals verzeichnet wurden. Jetzt ist es zwar noch zu früh, um eine Entwicklung der Weine vorherzusagen, aber es gibt überall Aufregung über das Potenzial und das nicht nur in den klassischen Weinländern Europas, sondern auch in Kalifornien, Washington und Oregon.

 

In Bordeaux herrscht vorsichtiger Optimismus. Die Winzer vergleichen ihre noch sehr jungen Weine mit denen der Jahrgänge 2009 und 2010. Sie begründen dies mit der idealen Vegetationsperiode, mit einem warmen, trockenen Sommer und gerade ausreichender Feuchtigkeit im August und September. Schon während der Ernte sprach man rechts und links der Gironde von vielversprechenden Trauben.

Die gute Nachricht: Der Jahrgang 2015 soll in Bordeaux, mal abgesehen vom Jahrgang 2010, der beste dieser Dekade sein - dies gilt für die Weißen, Roten und Süßweine gleichermaßen. Die Trauben haben sich bestmöglich entwickelt. Aus allen Teilgebieten melden die Winzer die Hoffnung auf vielversprechende Weine. Die schlechte Nachricht: Im Medoc beeinträchtigte der Regen im späten September die Ernte in den nördlichen Teilen dieser Anbauzone - es musste rasch geerntet werden, obwohl die Trauben eigentlich noch länger am Stock bleiben sollten.

Die Überschrift für Bordeaux könnte also lauten: "Bordeaux lächelt wieder". Nach den schwierigen Jahrgängen in 2011, 2012 und 2013 zeigten die Trauben in diesem Herbst gleichbleibende Qualität. "In diesem Jahr passen alle Faktoren zusammen und das bei allen Rebflächen unserer Châteaux", sagt Christian Moueix, wobei er sich auf die Châteaux Trotanoy und La Fleur-Pétrus in Pomerol sowie Bélair-Monange in St.-Emilion bezieht. "Einige Bottiche zeigen fantastische Komplexität der Frucht, Tiefe und Länge. Das Tannin ist sehr hoch, aber auch wieder so weich - es ist unglaublich."

Nach einem nassen Winter, der die Weinberge mit ausreichenden Wasserreserven versorgte - was letztlich über die gesamte Periode den Reben ein ausreichendes Rückgrat verlieh - folgte ein milder Frühling mit besten Bedingungen für die Blüte, gefolgt von einer trockenen und warmen Witterung von Juni bis Ende August. "Wir hatten einen idealen Winter - sehr kalt und regnerisch", bestätigt auch Pierre Courdurie von Château Croix de Labrie in St.-Emilion. "Nach dem Frost kam ein sonniger Frühling. Die Blüte war perfekt - sehr ähnlich wie im Jahrgang 2010. Der Juli war sehr heiß und trocken, einer der heißesten der letzten 30 Jahre. Im August hatten wir Regen, dessen Menge war perfekt, so dass die Véraison (Reifebeginn - Anm. d. Red.) ebenfalls perfekt startete.

Und in der Tat, die Regenfälle im August kamen wie bestellt, um die Reben nach fast zwei Monaten der Trockenheit zu erfrischen. Zum leichten Regen gesellte sich ein frischer Wind, der wiederum mögliche Fäulnis verhinderte. Die Ernten, außer wie erwähnt im oberen Bereich des Medoc, konnten in normalen Zeiträumen abgeschlossen werden. "Etwas regnete es noch Anfang September, aber dann kam eine sonnige Woche und wir konnten unseren Merlot bei besten Bedingungen ernten. Die Qualität der Trauben war sehr zufriedenstellend, die Renditen normal", berichtet Jean-Charles Caze von Château Lynch Bages in Pauillac, dessen Familie auch die Châteauxx Cordeillan-Bages in Pauillac, Villa Bel-Air in Graves und Ormes de Pez in St.-Estèphe besitzt und bewirtschaftet. "Schließlich konnten wir vom 2. bis 8. Oktober aus 60 Hektar vollkommen gesunden Cabernet Sauvignon ernten, der jetzt in der beginnenden Entwicklung schon ein sehr schönes Potenzial zeigt."

Philippe Blanc, Direktor bei Château Beycheville, bestätigt die Einschätzungen von Gaze und meint: "Wir begannen die Kommissionierung unseres Merlot in St.-Julien am 22. September und endeten unsere Ernte mit dem Cabernet Sauvignon am 8. Oktober. Die Trauben waren sehr gesund und gut gereift. Der Zuckergehalt des Merlot lag zwischen rekordverdächtigen 13,7 und 14,2 Prozent und der des Cabernet Sauvignon bei 12,7 bis 13,5 Prozent. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Weine eine feine Balance erfahren, denn es gibt keinen Mangel an Säure." Die Einschätzungen der Produzenten des rechten Ufers klingen ähnlich positiv. "In der Phase der Gärung zeigen die Weine bereits eine hohe Komplexität", sagt Stephan von Neipperg, Eigner der Château Canon-La Gaffelière und La Mondotte in St.-Emilion. "Die neuen Weine sind gut fokussiert und fruchtig, sie sind kräftig und haben eine seidige Tanninstruktur."

Auch die Produzenten von Weißweinen sind ähnlich glücklich über den Jahrgang 2015. "Was für eine Saison. Es ist ein großer Jahrgang für den Sauvignon Blanc", sagt Jean-Christophe Mau von Château Brown in Pessac-Léognan. "Wir haben ein gutes Niveau von Säure, ähnlich wie in 2007 und 2012. Unsere Erntemenge ist etwas weniger ausgefallen, denn für den Sauvignon Blanc war das Jahr komplizierter als für die roten Sorten, vor allem weil der August für diese weiße Sorte zu trocken war." 

Und auch die Produzenten der Süßweine sind sehr zufrieden mit diesem Weinjahr. Der späte Regen im September beflügelte die Botrytis. "Wir ernteten in vier Wellen und beendeten unsere Ernte am 21. Oktober. Die Botrytis kam schnell und war sehr rein. Es wird wirklich ein klassischer Jahrgang. Wir sind sehr aufgeregt.", sagt Pierre Lurton, Direktor des berühmten Château d’Yquem aus dem Sauternes. Diese Einschätzung bestätigt auch Aline Baly von Château Coutet in Barsac, die sagt: "Die Botrytis wirkte sehr homogen auf den Sauvignon Blanc, Sémillon und Muscadelle. Erste Verkostungen begründen unsere Zuversicht und bestätigen schon hohe Qualitäten."