Im Interview: Der Chef von Gonzalez Byass mag Sherry schon am Vormittag

28.03.2015 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Düsseldorf) - Er verkörpert die fünfte Generation in einem traditionsreichen spanischen Unternehmen, das mit Sherry bekannt wurde, aber jetzt auch auf einigen anderen weinigen und hochgeistigen Hochzeiten tanzt. Der Mann mit dem temperamentvollen Namen Mauricio González-Gordon López de Carrizosa (MGGLdC) startete beruflich bei General Motors in Cádiz und diente sich dann bei Gonzalez Byass vom Assistenten über Direktor, Vize-Präsident hoch bis zum Präsidentenamt, das er seit Ende 2006 bekleidet. Mit Rudolf Knoll sprach der 54-Jährige über Sherry, Wein und Pläne für die Zukunft.

 

Was ist das Besondere am Haus Gonzalez Byass?

MGGLdC: Da gibt es einige Dinge. Bemerkenswert ist zum Beispiel, dass es aufgrund unserer weit verzweigten Familie im Unternehmen rund 150 Leute gibt, die alle den Namen González tragen, aber keinen einzigen, der Byass heißt, obwohl wir mit dieser britischen Familie seit den Gründerzeiten nach 1835 bis 1988 verbunden waren. Ein Kennzeichen ist auch eine gewisse Nachhaltigkeit. Wenn wir Partnerschaften eingehen, dann wird das vorher sehr intensiv, oft über etliche Jahre hinweg geprüft, aber dann hält das auch ewig.

Ihr Unternehmen wurde einst mit der Sherry-Marke Tio Pepe bekannt. Dann kam Brandy hinzu. Aber seit geraumer Zeit ist Wein ein wichtiger Geschäftszweig. Und inzwischen gibt es zudem internationale Spirituosen. Was hat diese Entwicklung herbeigeführt?

MGGLdC: Vor allem die spanische Wein-Revolution. Zwischen 1970 und 1990 wurde eine DO-Region nach der anderen ausgewiesen, die Qualität stieg enorm. Sherry wurde weniger nachgefragt. Wir wollten in diesem Wein-Sog nicht untergehen, sondern mitspielen. So haben wir 1980 erstmals außerhalb von Jerez investiert und mit der Bodega Beronia ein Weingut in der Rioja-Region gekauft, die damals international bekannt wurde. Einige weitere Weingüter kamen im Lauf der Zeit hinzu, so dass unsere Familia de Vino heute auch noch in Somontano mit Vinas del Vero, im Penedès mit Cava Vilarnau, in der Nähe von Toledo mit der Finca Constantia sowie bei Arcos de la Frontera noch mit der Finca Moncloa vertreten ist.

Wie verteilt sich das Geschäft aktuell?

MGGLdC: Auf unseren Klassiker Sherry entfallen noch 25 Prozent, der Wein macht 45 Prozent aus, inklusive Cava. Spirituosen wie Wodka und der London Dry Gin N° 1 aus englischen Getreide und reinem Quellwasser aus dem Norden von London sowie Brandy liegen bei 25 Prozent. Der Rest entfällt auf Sonderfüllungen.

Was sind die wichtigsten Märkte für Ihr Unternehmen?

MGGLdC: Natürlich Spanien. Aber im Export ist Deutschland nach England der wichtigste Markt. Deshalb wollen wir hier eine eigenständige Distribution aufbauen, so wie das schon in England, Mexiko und den USA der Fall ist. Wichtig ist für uns, dass unsere Verantwortlichen im Keller diese Märkte kennen. Wir schicken sie an die Front, damit sie mit den Kunden sprechen und deren Bedürfnisse verstehen lernen.

Ist Einkaufslust weiterhin vorhanden?

MGGLdC: Durchaus. Bisher haben wir uns darauf beschränkt, in Spanien Betriebe zu übernehmen. Neue Einkäufe müssen ins Portfolio passen. Das kann zum Beispiel eines Tages ein Weingut in Mexiko sein, weil dieser Markt für Brandy sehr bedeutend ist, aber es wird immer mehr Wein getrunken. Den letzten Erwerb haben wir allerdings erst vor kurzem in Spanien getätigt, nämlich 70 Hektar in der Region Rueda mit der Rebsorte Verdejo. Den Wein haben wir allerdings unter dem Dach unseres Rioja-Betriebes Beronia angesiedelt. Der 2014er ist der Erstling.

Er wurde schon verkostet. Duftet fast wie ein Sauvignon blanc, ist aber sehr saftig und würzig im Geschmack. Sonst noch Neuigkeiten?

MGGLdC: Dazu kann man einen Garnacha aus Somontano zählen. Wir haben bei Besichtigungen einen uralten Weinberg mit über hundert Jahre alten Reben entdeckt und wollten den unbedingt kaufen. Wir mussten länger suchen, eher wir die Eigentümerin fanden und zuschlagen konnten. Die bisherigen Ergebnisse als Rotwein sind exzellent.

Kann ich in Kenntnis des 2010ers nachvollziehen. Gehört er zu ihren Lieblingsweinen?

MGGLdC: Ich schätze ihn, aber ich bin eher ein großer Sherry-Trinker. Einen gereiften, gehaltvollen Amontillado leiste ich mir oft schon am späten Vormittag, das ist für mich ein sehr erfrischendes Produkt. Am Abend darf es dann ein schwerer, dunkler Oloroso sein. Und wenn ich mit meiner Frau und guten Freunden abends in Bars gehe, starte ich mit einem Oloroso. Zum Finale mag ich dann einen strohgelben, trockenen Fino.

Gibt es normale Lieblingsweine?

MGGLdC: Grundsätzlich bin ich ein Freund von Frucht und mag keine zu alkoholischen Weine, die stark vom neuen Holz geprägt sind. Ich bevorzuge einen spanischen Klassiker, den Rioja. Aber ich habe zunehmend Lust auf die Kombination traditionelle spanische Sorten mit internationalen Varietäten. Das ist ein Hauch neue Welt in Spanien.

Herr González-Gordon López de Carrizosa, wir danken Ihnen für das Gespräch.