Wird 2015 ein großer Weinjahrgang für Europa?

17.10.2015 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Würzburg) - Mal abgesehen von einem vornehmen Understatement gegenüber zügelloser Euphorie, ist derzeit die Frage nach einem großen Weinjahrgang in Europa durchaus berechtigt. Denn, wenn man die Hälfte der Aufregung um den Jahrgang 2015 mal beiseite lässt, könnte es ein Jahrgang zum Genießen werden. Zumeist Positives ist aus den unterschiedlichen Weingebieten zu hören. Zumal aus den bekannten Regionen wie Bordeaux, Burgund, Rhone, Champagne, Rioja, Piemont und der Toskana sowie auch aus den deutschen Regionen Baden, Württemberg und der Pfalz.

 

Nun ja, das sind vorläufige Prognosen. Aber noch sind die Erntehelfer hier und dort in den Weingebieten mit der restlichen Ernte beschäftigt. Und letztlich ist es mehr als schwer, über alle Weinbauzonen Europas einen Nenner zu stülpen. Schwierig wird es auch, wenn einzelne Regionen die Beurteilung des Traubenmaterials und der Traubensäfte regionalpolitisch kommentieren und bewerten.

So hört man aus Bordeaux: "Wir haben das Potenzial für einen Jahrhundertjahrgang". In Sauternes, etwas getrübt durch die aktuelle Diskussion um Pestizide und der Krebsfälle von Kindern, war die Stimmung ob der Entwicklung der Trauben und ist ob deren endgültigen Qualität im Allgemeinen sehr positiv. In der Champagne hofft man auf ein Spektrum zwischen gut bis großartig. In Burgund will man den Jahrgang 2015 als einen der Großen bezeichnen, obwohl mit der selbstkritischen Einschränkung, dass der gemäßigte August nur hier und dort eine Großartigkeit in der Flasche zulässt.

Im Rioja, wo man dieses Jahr zwei bis drei Wochen früher mit der Ernte begann, vergleicht man den Jahrgang 2015 mit dem aus 2005, einem der besten Jahrgänge dieses spanischen Anbaugebietes. Hier hat man allerdings bisher nur die Hälfte der Trauben im Keller. In Italien fehlten jedenfalls im Norden die benötigte Feuchtigkeit. Probleme mit Krankheiten durch alle Anbaugebiete der Apenninenhalbinsel, teilweise auch durch Trockenstress, ließen zeitweise keine große Freude aufkommen. Optimistische Töne sind aber aus dem Piemont, der Toskana und Sizilien zu vermelden.

Auch aus Deutschland hört man Positives. In Baden zeigt man sich zufrieden. Gesunde, vollreife Trauben bei moderaten Mostgewichten. Erste durchgegorene Weine zeigen sich sortentypisch mit ausgeprägter Frucht und angenehmer Stoffigkeit. In Württemberg stellt man den vorsichtigen Vergleich zum Spitzenjahrgang 1976 und auch zu dem aus 2003 an. Damals hatte man wie in 2015 ideale Bedingungen. In der Pfalz spricht man von einer außergewöhnlichen Weinlese mit positiver Bilanz. Hier hofft man auf grandiose Beeren- und Trockenbeerenauslesen. An der Mosel und im Rheingau hat man die Lese noch nicht komplett beendet - hier hofft man auf einen goldenen Oktober.

Die durchweg minderen Mengen, die aus vielen europäischen Weinnationen gemeldet werden, sind den Hitzewellen dieses Sommers geschuldet. Ein Handicap haben alle Winzer in Europa gemein, sie können ihre Begeisterung und auch nicht ihren Optimismus in Flaschen abzufüllen. Ihnen steht noch die Arbeit im Keller bevor und die werdenden Weine müssen auch noch reifen. Man wird sehen.

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