Ist Chinas größtes Weingut in Nöten?

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 21. Juni 2016

  • Für den Weinproduzenten und Handelsriesen Changyu war bisher Quantität die Maxime - der Fokus lag neben Übernahmen insbesondere auf Absatz- und Umsatzsteigerung. (© Chateau...
  • Für den Weinproduzenten und Handelsriesen Changyu war bisher Quantität die Maxime - der Fokus lag neben Übernahmen insbesondere auf Absatz- und Umsatzsteigerung. (© Chateau...

CHINA (Yantai) – Nach zwei Jahren der Reife in französischer Eiche wurden die Blends nach französischem Stil vom Kellermeister Fan Xi beim Weingut Château Changyu Moser XV jüngst für den europäischen Markt gefüllt und freigegeben. Es herrscht Aufbruchstimmung bei Chinas größtem Weinproduzenten, seit 2005 beraten vom Österreicher Lenz Moser. Beide unterhalten seitdem auch eine Vertriebskooperation – gegenseitig vertreiben beide Partner die Weine des jeweils anderen in China beziehungsweise in Europa.

Große Ambitionen, große Profite

Die Yantai Changyu Wine Company beteiligt sich schon seit Ende der 1980er Jahre zunehmend an internationalen Unternehmen und hat auch seither einige europäische Weingüter gekauft. Der Fokus lag und liegt heute immer noch auf groß, größer, noch größer und natürlich galt das Interesse den Profiten – so viel als möglich. Doch wie für die im Vergleich kleinen Weingüter, die ab Anfang dieses Jahrhunderts in China gegründet wurden, wächst auch für Changyu der chinesische Weinmarkt schneller, als alle inländischen Produzenten mithalten können.

Der in Yantai in der chinesischen Provinz Shandong residierende Weinproduzent und Handelsriese Changyu hatte bisher wenig Bedarf, Weine höchster Qualität zu erzeugen. Denn der Absatz in China florierte in den letzten Dekaden und schneller Umsatz mit billigen Weinen war die Regel. Zudem ließen die eigenen überall in China verstreuten Rebflächen, die heute insgesamt über eine Million Hektar betragen, entsprechende Produktionsmengen zu. 

Die Davids gegen Goliath

Allerdings ist es Changyu nicht entgangen, dass in den letzten zehn Jahren im eigenen Land ein Boutique-Weingut nach dem anderen entsteht, deren Produzenten beginnen den Durst nach Qualität zu stillen. Diese Entwicklung erinnert an die Entstehung des Napa Valley in Kalifornien. Als dort in den 1960iger Jahren die Weine als "Mundwasser" verspottet wurden, kam ein heute weltbekannter Produzent namens Robert Mondavi auf den Plan. Er änderte die Wahrnehmung dieser Weinregion durch eine ganz andere Qualität der Weine, auch belegt durch seinen Opus One sowie durch die Zusammenarbeit mit französischen Techniken und Önologen.

Es sind heute die kleinen Erzeuger wie Jia Bei Lan oder Kanaan Winery (beide aus der chinesischen Provinz Ningxia) oder Silver Heights Vineyard (Penglai), die mit ihren Boutique-Weinen eine internationale Auszeichnung nach der anderen abschöpfen. "Die Nummer Eins der Weinregionen Chinas ist unsere Region Ningxia. Wir waren die Ersten, die internationale Weinstandards in China eingesetzt haben. Das ist die Zukunft", sagt Li Xueming, Direktor der Verwaltung der dortigen Traubenindustrie. 

Aufruf zur Kehrtwende

Auch Lenz Moser sieht eine Entwicklung, die Changyu womöglich ins Hintertreffen bringt, jedenfalls was die Qualität betrifft. Er meint gegenüber der chinesischen Presse: "Changyu ist Chinas ältester und größter Weinproduzent. Bisher hat sich Changyu auf stetig wachsendes Marktpotenzial konzentriert, aber es mangelt an internationaler Erfahrung sowohl in der Weinbereitung als auch in der Vermarktung. Neunzig Prozent des Geschäftes wickelt Changyu in China ab und das wird sich so schnell nicht ändern. Changyu will aber eine globale Reichweite, Ruf und Glaubwürdigkeit sowohl im Ausland als auch zu Hause erreichen und muss aktiv werden."