Im Rückblick - Weinherbst 2015: Nördliche Rhône mit außergewöhnlichem Prädikat

19.01.2016 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Ampuis) - In der nördlichen Rhône, wo die Winzer normalerweise ein Antlitz einem Pokerface gleichend pflegen, ist ein Grinsen von Ohr zu Ohr nun der Normalfall. Sie berichten von einer Vegetationsperiode sehr ähnlich wie in 2003, dieses Mal aber mit kühlen Nächten und zeitlich passenden uns ausreichenden Regenfällen. Der Jahrgang 2015 ist vielversprechend, so ist unisono die Meinung. Die Gute Nachricht: Der Jahrgang 2015 hat ein gutes und sicheres Potenzial. Die Qualität der Trauben von Syrah, Marsanne und Roussanne seien vielversprechend, die des Viognier außergewöhnlich gewesen. Die schlechte Nachricht: Bislang keine, auch die Erträge waren normal und die Weine entwickeln sich bestens.

 

Die Besonnenen unter den Winzern bezeichnen den Jahrgang 2015 als klassisch. Die Vegetationsperiode verlief ohne Zwischenfälle. Regen und Kühle Nächte waren im normalen Bereich. "Wir haben erstaunliche Qualitäten von Trauben ernten können", berichtet Jean-Louis Chave, dessen Hermitage und St.-Joseph-Abfüllungen als Gradmesser für die Region gelten. Nach einem perfekten Frühling konnte die Dürre im Sommer unseren Trauben nichts anhaben. Und der Indian-Summer führte zu einer besonderen physiologischen Reife."

Und in der Tat - im Gegensatz zu dem ebenso heißen Jahrgang 2003 fielen die Nächte in 2015 weit kühler aus, was wiederum der Bildung von ausreichender Säure zugute kam. Trotz der Schrumpfung einiger Trauben, bedingt durch die Hitzewochen, die diesen einen Geschmack von gekochtem Obst verliehen, wurden aber überwiegend gesundes Lesegut in die Keller gebracht. Die einzige Gefahr an der nördlichen Rhône war, die Trauben zu früh zu ernten. Der beste Zeitpunkt für die Ernte, auch hinsichtlich der Alkoholbildung, war Mitte bis Ende September.

"Unsere Trauben waren gesund, unsere Erntemenge reichhaltig", berichtet Michel Chapoutier, der in allen nördlichen Regionen der Rhône Rebflächen bewirtschaftet. "Trotz Wasserstress, der aber wieder durch ausreichend Regen Ende September ausgeglichen wurde, hatten unsere Trauben eine sehr gute Balance von Zucker und Säure. Wir werden somit ausgewogene Weine bekommen. Die Trauben von Granitböden werden konzentrierte Weine liefern, ohne jedoch ihr Terroir zu verstecken. Und die Weine von Sedimentböden zeigen bereits eine besondere Finesse, trotz reichem Alkoholspiegel."

"Unsere roten Trauben hatten eine bestmögliche physiologische Reife, aber noch wichtiger ist, dass sich bereits beeindruckende Tannine zeigen", berichtet Philippe Guigal von der bekannten Vins E. Guigal (Château d´Ampuis). "Mein Vater meint, dass der Jahrgang 2015 seit 55 Jahren wieder ein außergewöhnlicher ist. Vor 55 Jahren, also 1961, gab es einen legendären Jahrgang und jetzt haben wir wieder einen."

Die Weißweine der Region entwickeln sich ebenso beeindruckend wie die Rotweine, so der allgemeine Tenor, obwohl einige Winzer doch Unterschiede in Teilbereichen sehen. "Die Weißen aus Hermitage zeigen mehr Balance als die aus Condrieu. Und die Sorte Marsanne konnte die Wärme besser kompensieren als der Viognier", meint Louis Barruol, dessen Handelshaus St.-Cosme hochwertige Labels aus der gesamten nördlichen Rhône anbietet."