GAIA

Blick aus dem Orbit auf Weinberge

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 28. Juni 2019


AUSTRALIEN (Adelaide) – Grosses Interesse bekunden die Weinländer mit Blick auf Australien und des dort erprobten neuen Softwaresystems, das mit künstlicher Intelligenz und Satellitenbildern jeden Weinberg in Down Under kartiert hat. Der von Consilium Technology in Adelaide entwickelte Analysealgorithmus, genannt „Geospatial Artificial Intelligence for Agriculture“ (Kürzel GAIA) scannt hochauflösende Satellitenbilder der australischen Weinregionen, um genau zu bestimmen, wo sich die Weinberge befinden, misst deren Areal und analysiert die Anzahl der Weinreben.

Der von Wine Australia finanzierte Scan aller Rebflächen des Kontinents ist der Erste seiner Art weltweit und ersetzt die bisherige papierbasierte Umfrage bei den Erzeugern, die vom Australian Bureau of Statistics letztmalig in 2015 durchgeführt und veröffentlicht wurde. Mittels GAIA wurden jüngst 75.961 Weinbergsblöcke kartiert und gleichzeitig Informationen geliefert, die für Notfallmassnahmen zur Biosicherheit verwendet werden können. Mit der neuen Methode wurde auch die Länge der Weinrebenreihen gemessen, so dass erstmals die Pflanzdichte einzelner Anbauzonen, insbesondere Lagen mit geografischer Identifizierung (GI) und Subregionen, beurteilt werden können. Außerdem können in Kombination mit den Multispektralbildern des WorldView-2-Satelliten und der GAIA-Technologie Einblicke in die Gesundheit der Reben gewonnen werden oder es können Daten selektiert werden, um beispielsweise wetterbedingte Schäden zu beurteilen.

Weinindustrie im Fokus

Consilium Technology hat bisher in einer Betaversion mit 24 Kunden gearbeitet, darunter Treasury Wine Estates, DeBortoli Wines, Brown Family Wine Group – auch eine Reihe von Beratern der australischen Weinszene wurden in die Testphase einbezogen. Eine interaktive GAIA-App wird nächsten Monat auf der Australia Wine Industry Technical Conference in Adelaide vorgestellt. Einmal installiert können Weinbauern und Winzer in ganz Australien ihre eigenen Weinberge identifizieren und kommentieren.

„Unser System kann Reben automatisch erkennen und besitzt auch die Fähigkeit, den Gesundheits- wie Entwicklungsstand der Kulturen zu überwachen“, erläutert Sebastien Wong, Chef-Techniker von Consilium Technology. „Die Technologie ist aber nicht nur auf Weinlandschaften beschränkt, sondern genauso einsatzfähig für hochwertige Agrarindustrien wie Mandeln, Avocados oder Zitrusfrüchte. Allerdings wir die Weinindustrie im unserem Fokus. Für diese Branche ist unser System mittlerweile erfolgreich getestet und wir spüren Interesse aus der ganzen Welt, vor allem aus Nordamerika.“

Riesiges Potenzial

Und in der Tat, GAIA ist eine Weltneuheit, kein anderes System kann derart genau und in kurzer Zeit Rebflächen scannen, kartieren und sogar bezüglich Schäden analysieren. In Australien gab es bereits ein Satellitenprojekt, dass sich allerdings auf Gebäude für Sonnenkollektoren bzw. für geeignete Flächen zum Einsatz von Sonnenkollektoren konzentrierte. Das System GAIA, noch spezialisiert auf Weinflächen, steht demnächst allen Winzer Australiens zu Verfügung. Zusätzliche Dienste, die sich noch genauer den Weinkulturen widmen, können individuell geordert werden.

„Es gibt ein riesiges Potenzial und wir arbeiten mit anderen IOT-Experten* und Datenbankanbietern zusammen, um ein vernetztes Ökosystem zu schaffen, weil wir kein eigenständiges Stand-Alone-Kit sein wollen, sondern wir suchen die gemeinsame Arbeit mit Unternehmen, die sich auf Dinge wie Bodenfeuchtigkeit, Wetter und Sprühtagebücher spezialisiert haben, um den Menschen zu helfen, die Wertschöpfung zu steigern und das Geschehen räumlich zu visualisieren, anstatt sich nur auf traditionelle Methoden zu verlassen“, resümiert Wong das Projekt.

Die Zahlen für Australien

Die Auswertung mit GAIA hat folgende Daten für Australien ergeben:

  • In Australien sind 146.128 Hektar Land mit Reben kultiviert.
  • Die Gesamtlänge der Weinrebenreihen  beträgt 463.718 km, diese Länge reicht aus, um die Erde 11 mal zu umrunden
  • Im Süden Australien sind 51 Prozent der nationalen Rebflächen im Ertrag
  • Das Riverland in Südaustralien ist mit 21.058 Hektar Rebflächen die größte Weinregion mit geografischer Identifizierung (GI).
  • Die Pflanzungen im Barossa-Tal sind seit der letzten manuellen Umfrage in 2015 um 1560 Hektar gestiegen.

„Diese neuen Daten, ermittelt durch GAIA-Scan sind sehr genau, im Vergleich zu menschlichen Identifikationen bis zu 95 Prozent“, erklärt Andreas Clark, CEO von Wine Australia. „Der Weinsektor erhält damit eine aussagekräftige Grundlage für Folgeuntersuchungen, die wir in den nächsten zwei Jahren angehen werden. Wer sich außerhalb Australiens für unsere Erfahrungen interessiert, der kann uns gerne kontaktieren.“

*IOT (Internet of Things) Definitionen

Internet of Things - Definition des Deutschen Bundestages: Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages spricht von einer „technischen Vision, Objekte jeder Art in ein universales digitales Netz zu integrieren“. Demnach erhalten Alltagsgegenstände eine eindeutige Identität, mit der sie im Internet repräsentiert und angesteuert werden können. So wird die Welt der Dinge mit der Welt der Daten verknüpft. Das Internet of Things weist dabei markante Eigenschaften auf: es ist allgegenwärtig (vergleiche mit Ubiquitous Computing) und die darin befindlichen Objekte sind weitgehend unsichtbar, handeln aber jeweils autonom. Auch hier wird die Logistik als Vorreiter benannt. Weitere Begriffe wie zum Beispiel „Maschine-zu-Maschine-Kommunikation“, „Smart Factory“ und „Smart Grid“ werden dem Internet der Dinge zugeordnet. (ExpertenDerIT)

Definition von Internet of Things im Gabler Wirtschaftslexikon: Gabler versteht darunter „die Vernetzung von Gegenständen mit dem Internet, damit diese Gegenstände selbstständig über das Internet kommunizieren und so verschiedene Aufgaben für den Besitzer erledigen können. Der Anwendungsbereich erstreckt sich dabei von einer allgemeinen Informationsversorgung über automatische Bestellungen bis hin zu Warn- und Notfallfunktionen.“ Die Begriffe „Digitalisierung“, „Industrie 4.0“, „Smart Home“ und „Soziale Medien“ werden dabei in Beziehung zum Internet of Things gesetzt. (ExpertenDerIT)

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