Corona-Wein

Zwei Millionen Hektoliter in der Corona-Krise nicht verkauft

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 08. Juni 2020


FRANKREICH / DEUTSCHLAND (Paris / Mainz / Bonn) – Winzer in Frankreich beginnen jetzt damit, Millionen Liter Wein in Desinfektionsmittel zu verwandeln. 33 Betriebe im Land dürfen Wein, der wegen der Corona-Krise nicht verkauft wurde, einsammeln und destillieren, wie Didier Josso vom Vermarktungsverband FranceAgriMer am Freitag letzter Woche gegenüber der Presse verkündete. Die außergewöhnliche Maßnahme wurde von der EU genehmigt und wird aus europäischen Mitteln bezahlt; damit sollen vor allem die Weinkeller für die kommende Lese geräumt werden.

Zuviel des Guten

Mit dem Geld aus Brüssel für Frankreich können nach Angaben von Josso zwei Millionen Hektoliter Wein zu Desinfektionsmittel destilliert werden. Die EU gibt 78 Euro pro Hektoliter - also 78 Cent pro Liter. 

In der Corona-Krise sind der Konsum nicht nur in Frankreich und der Export vor allem in die USA eingebrochen. Laut Verband gibt es drei Millionen Hektoliter Wein, die zuviel sind und destilliert werden könnten. Aus dem so gewonnenen Alkohol kann unter anderem Desinfektionsmittel hergestellt werden. Dieses wird in der Corona-Krise verstärkt genutzt und auch zukünftig gebraucht werden. 

DWI: Wichtiges Signal im Verdrängungsmarkt

Auch die Weinländer Italien und Spanien sind Nutznießer des EU-Weinvernichtungsprogramms. Dort wird auch subventioniert, wenn die Weinbauern die unreifen Trauben an den Reben zerstören. Auf Nachfrage beim Deutschen Weininstitut (DWI) sagt Frank R. Schulz (Abteilungsleiter Kommunikation), „dass das Thema der weltweiten Überproduktion, einhergehend mit entsprechendem Absatzdruck, global gesehen nicht neu sei. Gerade auch nach zwei erfolgreichen Jahrgängen stehe die deutsche Weinbranche vor einer großen Herausforderung.“

„Glücklicherweise sind heimische Weine seit dem Shutdown hierzulande im Handel überdurchschnittlich stark nachgefragt, das werte man als wichtiges Signal“, sagt Schulz. Parallel machen sich Einbrüche im Gastgewerbe und im Event-Bereich drastisch bemerkbar. „Vor Corona sei es trotz Mengen und Absatzdruck der deutschen Weinbranche in 2019 gelungen, Durchschnittspreise im Export nahezu zu halten. Das sei angesichts der weltpolitisch schwierigen Lage nicht selbstverständlich und spreche zur Zeit für eine relative Stärke der deutschen Weinindustrie“, ergänzt Schulz.

DWV: Marktstabilisierung in Krisenzeiten

Beim Deutschen Weinbauverband (DWV) sagt Generalsekretär Christian Schwörer, dass die Weinländer der EU dieses Thema unterschiedlich in der Diskussion haben. Sowohl Frankreich, Spanien und Italien werden diesen Weg der Desinfektionslösung, die Krisendestillation, gehen, Österreich strebt auch diese Lösung an. Nun bietet die EU im Rahmen von Krisen keine frischen Gelder an, sondern aus dem Topf der Nationalen Stützungsprogramme, die normalerweise für Maßnahmen wie Umstrukturierung oder Investitionsförderung vorgesehen sind, können sich aktuell die Wein produzierenden Länder bedienen. „Aufstockungen finanzieller Art können hier jedoch von den Mitgliedstaaten möglich sein“, sagt Schwörer.

In Deutschland habe man diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen und, so Schwörer, „man würde alle Möglichkeiten abwägen und würde das gesamte Portfolio an Maßnahmen prüfen“. Unter solche Möglichkeiten fallen beispielsweise auch eine freiwillige Ertragsreduzierung gegen Prämienzahlung.

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