Mythos alte Reben

Alter vor Schönheit

Text: Harald Scholl, Fotos: Anna Stöcher

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Diese Reportage finden Sie in der
Ausgabe 01 | 2024

Hier geht es zu den verkosteten Weinen.

Wurzelechte Reben

Laut Definition sind wurzelechte Reben Rebstöcke, bei denen der «Stock samt Wurzelwerk und die oberen, Frucht tragenden Teile aus einer Pflanze stammen». Das waren bis in das 19. Jahrhundert alle Rebstöcke in Europa. Das endete mit der Einschleppung der Reblaus von der Ostküste der USA. Notabene: Auch der Falsche Mehltau und der Oidium-Pilz wurden aus Nordamerika nach Europa «exportiert». Mit der Reblaus wurde ein Schädling nach Europa eingeschleppt, der den Weinbau auf dem gesamten Kontinent nahezu verwüstete. Allein in Frankreich fielen 2,5 Millionen Hektar Rebfläche dem kleinen Schädling zum Opfer. Nachgewiesen in Deutschland wurde die Reblaus 1874, ebenso in Österreich. Ein echtes Gegenmittel gegen diese Laus gibt es nicht, man wusste sich aber zu helfen. Bis heute werden europäische Edelreben auf reblausresistente, amerikanische Wurzelstöcke aufgepfropft. Einzelne wurzelechte Reben haben in Europa die Katastrophe der Reblaus bis heute überlebt, Neupflanzungen ohne amerikanische Unterlage sind nicht gestattet. Das Risiko, dass sich die Reblaus wieder schlagartig verbreitet, ist einfach zu gross.

Esca

Der Begriff stammt aus dem Lateinischen. «Esca» bedeutet «Zunder» und beschreibt den Zustand des von der Krankheit befallenen Holzes. Trocken, strohig, leicht brennbar. Sichtbar auch durch die «Tigerstreifen» genannten Streifen auf den Rebblättern. Diese Holzkrankheit ist vor allem im Weinbau seit einigen Jahren vermehrt zu beobachten. Sie dürfte die im Augenblick gefährlichste Krankheit für den Weinbau sein, führt sie doch am Ende zum Absterben des Rebstocks. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht direkt bekämpft werden kann. Zudem treten die Symptome oft erst Jahre nach dem Befall auf – dann ist es in aller Regel zu spät, um noch helfend eingreifen zu können. Auch das Ausschneiden von totem Rebholz ist nicht viel mehr als eine kurzfristige Massnahme, die nicht grundsätzlich hilft. Die einzige wirkliche Hilfe ist es, die Infektion von vornherein zu verhindern. Die Schäden durch Esca sollen sich nach Schätzungen von US-Forschern weltweit auf circa 1,5 Milliarden Dollar belaufen.

Alte Reben

Anmerkung: Die Mengen sind begrenzt, die Jahrgänge schnell ausverkauft – wer gereifte Weine aus alten Reben sucht, wird vor allem auf dem Sekundärmarkt fündig. Im qualifizierten Handel (zum Beispiel Pinard de Picard, Lobenberg, Weinfurore) oder in den Schatzkammern der Weingüter sind auf Anfrage immer wieder Einzelflaschen erhältlich. Die Suche danach lohnt sich, garantiert!

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