I magnifici sette

Talente des Jahres

Die Verbindung von Innovation und Tradition ist den grossen Weingütern der Toskana eigen. Einige der renommiertesten befinden sich unter der Leitung von Frauen und produzieren einige der Flaggschiffweine der italienischen Region.

Laura Bianchi

Sangiovese für die Ewigkeit

San Donato in Poggio liegt an der westlichen Grenze des Chianti Classico in einer fruchtbaren hügeligen Landschaft. Eingebettet in Wälder liegen hier die Rebberge von Laura Bianchi und ihrem Weingut Monsanto. Das Gebiet ist wie geschaffen für den Weinbau: Der Einfluss des Tyrrhenischen Meeres sorgt für eine permanente Ventilation der Trauben, die Böden bestehen vorwiegend aus Galestro und das Klima ist ausgewogen. Perfekt für langlebige Kreszenzen, meint Laura Bianchi. Wie Il Poggio, die historische Einzellage von Monsanto mit ihren Lehm-Kalk-Böden. Laura Bianchi: «Das ist der Weinberg, der mich am meisten über das Gebiet und Sangiovese gelehrt hat.» Sie gehört zur dritten Generation der Familie, die sich um Monsanto kümmert. Gekauft wurde das Gut von Lauras Grossvater Aldo, das Potenzial des Monsanto-Terroirs erkannte aber erst Sohn Fabrizio: 1962 beschloss er, aus den Trauben eines einzigen Weinbergs, Il Poggio, einen Wein zu machen – etwas, das es im Chianti Classico noch nie gegeben hatte. Das Ergebnis war der erste Chianti Classico Cru. 1974 kreierte Fabrizio dann den Wein Fabrizio Bianchi und den Sangioveto Grosso aus dem 1968 gepflanzten Weinberg Vigna di Scanni, einen der ersten Sangiovese in «purezza». Seit 1989 arbeitet Laura Bianchi, die Tochter von Fabrizio, im Gut und leitet es bis heute mit viel Umsicht. Das aussergewöhnliche Alterungspotenzial der Weine von Monsanto demonstriert sie dabei immer wieder mit Vertikalen historischer Jahrgänge. Das ist für sie auch ein Beweis für den Charakter von San Donato in Poggio. Deshalb ist sie auch der Idee der UGA – der kontrollierten geografischen Ursprungbezeichnungen des Chianti Classico – sehr zugetan und ist Teil der lokalen Winzervereinigung: 13 Mitgliedsbetriebe haben sich im Februar 2018 zusammengefunden, um San Donato in Poggio als kleinen, aber einzigartigen Teil des Chianti eine Stimme zu geben.

Caterina Dei

Die Harmonie des Nobile

Das Weingut Caterina Dei gehört längst zu den Spitzenerzeugern des Vino Nobile DOCG. Einst von Grossvater Alibrando als Feriendomizil gedacht, widmet sich die Familie Dei seit 1985 dem Weinbau. 1991 übernahm Maria Caterina Dei die Leitung des Weinguts und beschloss nach Beendigung ihres Theaterstudiums, sich ganz den Weinbergen und ihrem Land zu widmen. «Ein weiteres Ziel von uns», erklärt Caterina, «ist Nachhaltigkeit, sowohl im Weinberg als auch im Keller. Auf dem Land geben wir der Prävention Raum, um mit gesunden Trauben ohne Chemie zur Ernte zu kommen. Wir stellen auch auf Bio um, was ab der Ernte 2021 zertifiziert wird. Ebenso wurde im Keller eine komplexe Geothermie-Anlage zur Temperierung errichtet, die für die Nutzung erneuerbarer Energien sorgt.»

Heute führt Caterina Dei den Betrieb, der über vier auf 38 Hektar verteilte historische Toplagen verfügt: Martiena, Bossona, La Ciarliana und La Piaggia. Im Keller pflegt man nach den klassischen Regeln des Vino Nobile den Ausbau im grossen Fass aus slawonischer Eiche. Die beiden Vino-Nobile-Flaggschiffe des Gutes – neben der Annata und Riserva – stammen aus den am besten geeigneten Terroirs für die Sangiovese-Traube und werden nur in hervorragenden Jahrgängen produziert: aus dem Nobile Riserva Bossona vom Weinberg Bossona und Nobile Madonna della Querce vom Weinberg La Piaggia. Darüber hinaus werden unter anderem auch die Toscana IGT Sancta Catharina – aus Sangiovese mit Merlot und Cabernet Sauvignon – und Bianco di Martiena produziert. Nicht zu vergessen der Vin Santo, seit langem ein traditionsreicher Passito aus den Rebbergen von Montepulciano.

Maria Elisabetta Fagiuoli

Die Königin der Vernaccia

Elisabetta Fagiuoli lebt seit 1965 auf einem malerischen Bauernhof bei San Gimignano – Montenidoli. Ursprünglich aus einer Winzerfamilie aus der Umgebung von Verona, war sie sich schon bald des Potenzials der Hügel von San Gimignano für diesen einzigartigen Weisswein bewusst. 1971 wurde der erste Wein geboren. Heute verteilen sich ihre Rebflächen auf mehr als ein halbes Dutzend Lagen zwischen knapp 200 und 460 Metern über dem Meer.

Zum Charakter des Vernaccia tragen die Sand- und Tonböden ebenso bei wie das gemässigte Klima, das auch vom Tyrrhenischen Meer beeinflusst wird. Die Weinberge werden nach biologisch-dynamischen Methoden ohne Verwendung von Herbiziden oder Pestiziden kultiviert. Drei reinsortige Vernaccia hat das Gut heute im Portfolio, jeder sei ein besonderer Ausdruck des Terroirs von San Gimignano, meint Elisabetta: Beim Vernaccia Tradizionale sorgt langer Schalenkontakt für Geschmack und Struktur. Der Vernaccia Fiore wird ausschliesslich aus Seihmost hergestellt und ergibt einen leichten, delikaten Wein. Der Vernaccia Carato wird in Eiche vergoren und ist überaus elegant und langlebig. Auf jedem Etikett prangt noch der Satz: Sono Montenidoli – ich bin Montenidoli. Aber das ist noch nicht alles: Sangiovese, Canaiolo, Trebbiano Gentile und Malvasia Bianca – die traditionellen Trauben des Chianti – stehen ebenso in den Rebbergen und werden mit derselben Sorgfalt vinifiziert wie die Vernaccia. Und die letzte Entscheidung trifft immer Elisabetta. Aber von der Besonderheit des Gutes, seiner Besitzerin und ihrer Vernaccia war schon die verstorbene italienische Journalistenlegende Luigi Veronelli überzeugt: «Elisabetta Fagiuoli ist die lebende Metapher ihres Landes», schrieb er einmal. Und das ist noch immer so.

Faye Lottero

Im Einklang mit der Natur

Die Fattoria Lavacchio liegt auf dem Montefiesole im Westen von Florenz: eine abwechslungsreiche Landschaft mit Wäldern, Feldern und immer wieder Rebbergen, in denen vor allem Sangiovese für den Chianti Rufina DOCG produziert wird. Mittendrin in dieser toskanischen Landschaft liegt die Fattoria Lavacchio. Ihre Besitzerin Faye Lottero hat sich schon vor Jahren der biologischen Produktion verschrieben und begonnen, die Harmonie zwischen der Arbeit in der Landwirtschaft und der Natur rundherum herzustellen. Dazu gehören auch eine Windmühle, die vor 20 Jahren restauriert wurde, die Produktion von Olivenöl (natürlich biologisch) und ein Agriturismo mit angeschlossenem Restaurant.

Aber nicht nur die organische Produktion steht im Mittelpunkt: Auch die Vermeidung von Schwefel ist ein grosses Ziel der jungen Winzerin. So gelingt es ihr unter anderem, den Puro in einer Annata- und Riserva-Version «senza sulfiti» (ohne Schwefel) zu keltern. Reinsortige Sangiovese, die trotz Lagerfähigkeit mit ihrer Frische und Harmonie überzeugen. Die Basis dazu wird im Weinberg und im Keller gelegt, nur durch sorgsamste Arbeit und Vermeidung jedweder Oxidation. Zu den Aushängeschildern des Gutes gehören aber auch Weine wie der Chianti Rufina Cedro, elegant und präzise, und der harmonische Chianti Rufina DOCG Ludiè, der mit dem Jahrgang 2011 im Verkauf ist. Dieser Einzellagenwein aus alten Sangiovese-Reben zeigt auch das Potenzial des Gutes, langlebige Weine zu produzieren, die ihre Balance und Frische bewahren. Mit oder ohne Schwefelzusatz.

Cinzia Merli

Bolgheri in «purezza»

An der Via Bolgherese an der toskanischen Küste erheben sich die grosszügigen und doch schlichten Betriebsgebäude von Le Macchiole, dahinter dehnen sich die Rebberge aus: Mit ihren ausgesprochen hohen Stockdichten zählen sie seit jeher zur Avantgarde des Anbaugebietes Bolgheri. Seit vielen Jahren werden sie nach nachhaltigen Grundsätzen bewirtschaftet, auf eine Zertifizierung wird allerdings verzichtet. 2009 wurde Le Macchiole vom italienischen Sommelierverband AIS als Weingut des Jahres erkoren.

Cinzia Merli und ihr verstorbener Ehemann Eugenio Campolmi waren in den frühen 1980er Jahren unter den Pionieren des Weinbaus in Bolgheri und hatten bereits im Jahr 1983 damit begonnen, Cabernet Franc und wenig später auch Syrah zu pflanzen – Basis des Paleo Rosso (der erste reinsortige Cabernet Franc Bolgheris, ein Beispiel, dem inzwischen immer mehr Winzer folgen) und des Scrio (ein reinsortiger Syrah in Miniauflage). Dazu gesellte sich 1994 der aus Merlot gekelterte Messorio, der sich in guten Jahren unter die Besten seiner Art einreiht. Allesamt Toscana-IGT-Weine. Unter der Ursprungsbezeichnung Bolgheri DOC erscheint hingegen der Rosso, der ebenfalls zu den Aushängeschildern der Zone gehört. Mehr als 20 Hektar hat die Winzerin inzwischen auf Le Macchiole unter Reben und leitet das Gut mit viel Engagement und Präzision bis ins Detail. Unterstützt wird sie von ihren Söhnen Elia und Mattia. Verschiedene Projekte fördern auch die Beziehung zwischen Poesie, Kunst, Landschaft und Wein – so schmückt zum Beispiel ein Mural des Strassenkünstlers OZMO die Wand der Kellerei. Als Vizepräsidentin ist Cinzia Merli auch im Winzerkonsortium Bolgheri DOC federführend.

Emilia Nardi

Die vielen Facetten des Brunello

Nur wenige Brunello-Winzer haben rund um Montalcino eine Tradition in der Produktion von Einzellagenweinen. Eine der wenigen ist Emilia Nardi und eine der bekanntesten Einzellagen des Anbaugebietes ist Vigneto Manachiara, in dem Emilia Nardi seit 1995 ihren gleichnamigen Cru produziert. Die Geschichte des Weingutes ist aber älter: Emilias Vater, der Unternehmer Silvio Nardi, kaufte das Landgut Tenuta di Casale del Bosco im Westen von Montalcino im Jahr 1950, bereits 1958 wurde der erste Brunello produziert. 1962 kam schliesslich das Landgut Tenuta di Manachiara in der Nähe von Castelnuovo dell’Abate im Südosten des Anbaugebietes hinzu, wo auch der gleichnamige Rebberg liegt. So bestehen die Tenute Silvio Nardi – so der Name des Gutes – heute aus zwei Anwesen. Casale del Bosco, im Westen gelegen, wo die Sonne untergeht, bietet elegante und komplexe Weine. Manachiara, im Osten gelegen, wo die Sonne aufgeht, bietet strukturierte und kraftvolle Weine. Der Brunello Vigneto Poggio Doria wurde 2004 geboren, in dem Jahr, in dem Emilia Nardi die Prämie Dea Terra des italienischen Landwirtschaftsministeriums erhielt. Aber das ist noch nicht alles: Acht separate Grundstücke, unterschiedliche Terroirs, 20 unterschiedliche Bodentypen, Dutzende von Mikrovinifikationen erforschen das Potenzial vor allem der Sangiovese...

Emilia Nardi war stets der Innovation und der Suche nach noch höherer Qualität verpflichtet: Bereits 1995 begann Emilia Nardi – die seit 1985 an der Seite ihres Vaters und seit 1990 alleine das Gut leitet – mit der Selektion von eigenen Klonen und der wissenschaftlichen Erforschung der eigenen Rebberge. Unterstützt wird sie dabei von einem eingespielten Team rund um ihren Neffen Emanuele als Önologen.

Ginevra Venerosi

Pesciolini: Pisa biodynamisch

Seit 1370 befindet sich die Tenuta di Ghizzano nahe Pisa bereits im Besitz der Familie Venerosi Pesciolini. Ginevra Venerosi Pesciolini begann 1995 im Betrieb zu arbeiten und die einige Jahre zuvor von ihrem Vater begonnene Arbeit fortzuführen. Sie ist die zweite der drei Töchter des Grafen Pierfrancesco Venerosi Pesciolini. Schon 1996 wurde der Nambrot kreiert und dem Ritter Karls des Grossen gewidmet, dem ersten Vorfahren der Venerosi Pesciolini. In den folgenden Jahrzehnten hat Ginevra Venerosi Pesciolini mit der Unterstützung ihrer Schwestern das traditionsreiche Gut in einen der Spitzenbetriebe der toskanischen Küste umgemodelt. Die Winzerin ist auch ein Motor hinter dem neuen DOC-Gebiet Terre di Pisa, das erst vor wenigen Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Biodynamisch produzierend umfasst das Gut heute rund 280 Hektar, davon 18 mit Weinbergen, 15 mit Olivenhainen, 100 Hektar Getreideanbau und 150 Hektar Wälder und Pappelhaine. Ihren Namen hat die Tenuta vom gleichnamigen Dorf, das sich etwa 200 Meter über dem Meeresspiegel an der toskanischen Küste südöstlich von Pisa erstreckt. Die Landschaft ist weich und das Klima mild, vom Meer beeinflusst. Die Böden bestehen aus Meeressedimenten, in denen tonige Sandkalksteine mit Muschelfossilien zu finden sind. Ginevra Venerosi Pesciolini: «Diese Böden geben den Weinen eine feine Eleganz, ihre mineralischen Komponenten sorgen aber auch für die Langlebigkeit.»

Vor allem mit zwei Weinen hat Ginevra Venerosi Pesciolini toskanische Weinbaugeschichte geschrieben: Der Veneroso (aus zwei Dritteln Sangiovese und der Rest aus Cabernet Sauvignon, der als Terre di Pisa DOC firmiert) feierte mit dem Jahrgang 2015 den 30. Geburtstag, sein Bruder Nambrot (ursprünglich ein Merlot, inzwischen ein Blend aus Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot) mit dem Jahrgang 2016 den 20. Geburtstag.