Wein & Karriere: Wein Heimat Württemberg 1/2022

Die Macher im Ländle: Tamara-Luisa Elbl, Jonas Schäffer & Marcus Dittel

Text: Eva-Maria Dülligen, Fotos: Armin Faber

Sie sind jung, begabt und ehrgeizig. Den Rahmen für ihre Professionalität bilden eine Winzerlehre, ein Weinbaustudium und häufig Praktika in fernen Weinbauregionen. Jonas, Tamara und Markus haben uns ein Stück auf dem Weg zu ihren Traumberufen mitgenommen.

Tamara-Luisa Elbl

Weinkönigin, Jungwinzerin, 24

Dass sie Corona die längste Amtszeit als württembergische Weinkönigin verdankt, nimmt Tamara Elbl mit Humor: «So hatte das Ganze wenigstens einen Vorteil.» Sprachgewitzt und optimistisch bewegt sich die 24-jährige Hohenloherin durch die Welt als Weinhoheit, die sie nun – aufgrund einer ausgefallenen Wahl – seit zwei Jahren durchlaufen darf. Ein Wermutstropfen ist zweifelsohne die abgesagte Reise nach Indien, wo sie vergangenes Jahr auf dem Weinfestival in Mumbai als Botschafterin württembergischer Weine auftreten sollte. Stattdessen kommunizierte Tamara in einem Chatroom mit hunderten Teilnehmern des Festivals. Weniger virtuell erfasste die gelernte Winzerin in der gewonnenen Zeit die Weinkultur vor ihrer Haustür. «Auf meinem Mountainbike bin ich von Rottenburg am Neckar bis ins Jagsttal und habe so viele Weingüter wie möglich unter die Lupe genommen». Statt zehn Minuten hier und zehn Minuten dort als kleiner Weinpromi habe sie einen intensiven Blick hinter die Weingutskulissen gewagt, sozusagen einen Crashkurs im Fach Heimatwein absolviert.

In Echtzeit studiert Tamara auch Wein-Technologie-Management in Weinsberg und Heilbronn. «Dieser neue duale Studiengang stellt für mich eine kleine Revolution dar – es werden drei Welten vermittelt: Weinbau, Önologie und Betriebswirtschaft, alle mit derselben Gewichtung.» Dass sich Wein nicht so einfach aus der Hüfte heraus verkaufen lässt, weiß sie aus langjähriger Erfahrung, denn Tamara hilft seit 2016 in der Vinothek der Weinkellerei Hohenlohe aus. Man müsse ein Bindeglied zwischen Weinbranche und Konsument sein, und das funktioniere nur auf der Basis fundierten Wissens in Theorie und Praxis.


VITA

Kurz nach ihrem Abi wird Tamara-Luisa Elbl zur Hohenloher Weinkönigin gekürt. Der 24-jährigen Quereinsteigerin liegt der regionale Wein seit jeher im Blut: «Ich bin ins Trollinger-Erbe hineingeboren worden.» Nach zwei Lehrjahren auf dem Heilbronner Weingut Dautz-Able und im Staatsweingut Weinsberg darf sie sich Winzerin nennen und wird im selben Jahr Württemberger Weinhoheit. Parallel zu diesem Amt studiert sie Wein-Technologie-Management, arbeitet im Verkauf der Weinkellerei Hohenlohe sowie an einem studentischen Sekt-Projekt und sitzt ehrenamtlich im Gemeinderat. Tamaras Lieblingsrebsorte: Trollinger.


 

Jonas Schäffer

Weinbautechniker, Jungwinzer, 26

Ein gutes Gefühl muss es sein, wenn die eigenen Weine im Feinschmecker-Guide «Die besten Weingüter 2022» auftauchen. Mit «eigene Weine» sind je ein Lemberger und ein Schwarzriesling der württembergischen Jungwinzer-Gruppe «Vinitiative» gemeint. Jonas Schäffer ist einer von ihnen. Seit zehn Jahren gibt der examinierte Weinbautechniker und Önologe alles, um als Vinitiative-Mitglied «den Rotwein auf die Spitze zu treiben.» Der 26-jährige Jungwinzer konzentriert sich auf seine Lieblingsrebsorte: «Der Lemberger ist für mich das eigentliche Aushängeschild im Ländle. Ertragsreduziert und in der Barrique gereift, kommt Finesse mit schön gereifter Frucht ins Glas.» Vier Reihen Lemberger mit alten Rebstöcken bewirtschaftet Jonas für die Weinlinie der jungen Wengerter unter dem Genossenschaftsdach der Lauffener Weingärtner. Zwischen 30 und 35 Euro bewegt sich die Preisspanne für alle Roten. «Es sollte langsam bis zum Endverbraucher durchgesickert sein, dass hochpreisige Spitzenweine hier vermehrt den Genossenschaften entspringen.» Bis zum Premiumweinerzeuger war es ein spannender Weg für Jonas. Zunächst lernte er drei Winzer-Lehrjahre das Handwerk auf verschiedenen Weingütern. Bevor er sich zum Techniker für Weinbau und Önologie schleifen liess, absolvierte er bei der Schweizer Weinikone Hans Herzog ein Praktikum in Marlborough, Neuseeland. Auch wenn er «dem parfümartigen NZ-Sauvignon-Blanc» nicht viel abgewinnen könne, habe er viel mitnehmen können, vor allem, was die Pinot Noirs von Herzog angehe. Obwohl manchmal noch vom Fernweh gepackt, steckt Jonas die württembergische Weinkultur in jeder Körperfaser: «Ich möchte nirgendwo sonst auf der Welt Wein machen.»


VITA

Im zarten Alter von 16 wurde er Teil einer dynamischen Jungwinzer-Gruppe. Das Fundament für Jonas Schäffers Part in der «Vinitiative» ist kompakt: drei Jahre Winzer-Ausbildung auf württembergischen Weingütern, Praktikum im neuseeländischen Hans Herzog Estate sowie ein Abschluss als staatlich geprüfter Techniker für Weinbau und Önologie. Auch wenn der 26-Jährige den elterlichen Weinbaubetrieb in einigen Jahren übernehmen wird, denkt er nicht daran, den Lauffener Weingärtnern den Rücken zu kehren: «Wir sind eine große Familie. Und: In einer Genossenschaft herrscht gebündelte Kompetenz.»


 

Marcus Dittel

Kellermeister, 30

Nahezu süchtig ist Marcus Dittel nach Lebenserfahrung und Abenteuern – obgleich er irgendwie schüchtern wirkt: «Das war ich früher mal», sagt der 2. Kellermeister des Collegium Wirtemberg, «aber dann habe ich die Welt bereist, bin auf eigene Faust nach Südafrika oder habe auf Weingütern in Neuseeland, Österreich und Südtirol gearbeitet.» Nicht nur sein Englisch aufpolieren und Freundschaften knüpfen konnte er weit weg von der Heimat Württemberg. Der 30-jährige Weinstädter griff auch Elementares aus dem organischen Weinbau bei Starwinzer Hans Herzog in Marlborough ab oder feilte sein önologisches Geschick in den Barrique-Kellern der Südtiroler Cantina Tramin. «Natürlich habe ich net den ganzen Dag gschaffd», schwäbelt er rückblickend. Auf der Pazifikinsel kreiste er im Helikopter über Gletscher, genoss Whale Watching und steuerte mit einem Schweizer Koch die besten Gourmetadressen Marlboroughs an. Das Spannendste jedoch sei das Probieren unterschiedlichster Weine vom Sauvignon Blanc bis zum Pinotage gewesen. Mit Ehefrau Tabea und der zehn Monate alten Tochter Nele hat der Techniker für Weinbau und Önologie im Remstal ein schönes Zuhause gefunden – samt 1,4 Hektar bestockter Rebfläche, deren Trauben er ans Collegium liefert. Durch einen befreundeten Obstbauern sei er an den Wengert gekommen und würde gern noch ein paar Ar dazu pachten. «Aber ich will auf jeden Fall im Nebenerwerb bleiben.» Denn in erster Linie ist Marcus Kellermeister. Er liebt die Kontrolle über Gärungsprozesse in Edelstahl und Holzfass, das sanfte Abpressen im Herbst und vor allem das Verkosten und Verschneiden der Weine im Dreier-Team vor der Flaschen-Abfüllung. Lieblingsrebsorte: Grauburgunder.


VITA

Die Kindheitsjahre in den idyllischen Weinbergen von Großheppach konnten sein Fernweh nicht austreiben. Neuseeland, Südafrika, Österreich, Südtirol nutzte Marcus Dittel allerdings nicht nur als Sehnsuchtsorte seiner Abenteuerlust. Primär arbeitete der Kellermeister dort auf renommierten Weingütern, um sich in Weinbergen und Reifekellern Handwerkskniffe abzuholen. Nach Winzerlehre und Ausbildung zum Techniker für Weinbau und Önologie vinifiziert er heute vom Riesling bis zum Lemberger alle Rebsorten des Collegium Wirtemberg. Den Ertrag seiner 1,4 Hektar liefert er im Nebenerwerb an die Genossenschaft.