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Süße Weine aus Baden-Württemberg

Text: Harald Scholl, Fotos: Jana Kay

Es ist streng genommen ein Widerspruch. Der deutsche Weintrinker verlangt immer häufiger nach trockenen Weinen, gerade so, als ob Süße im Wein etwas Unanständiges wäre. Denn das Gegenteil ist eigentlich der Fall – schließlich enthält jede Weintraube von Natur aus Zucker. Also warum sollte sich davon nicht auch etwas im Wein finden?

Es ist beim deutschen Weintrinker ein wenig in Vergessenheit geraten, aber kein weinproduzierendes Land hat eine solche Vielfalt an Süßweinen wie Deutschland! Der Begriff ist weinrechtlich zwar nicht fixiert, genauso wenig wie das schöne Wort «Dessertwein». Sehr wohl sind das aber die Prädikatsstufen Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein, die allesamt weinrechtlich fixiert und definiert sind und deshalb auch nur gesetzlich kontrolliert den Weg in die Flasche und auf das Etikett finden. Neben diesen definierten Begriffen gibt es aber auch noch die Zusatzbegriffe «mild», «fruchtig» oder «lieblich». Sie werden immer dann verwendet, wenn ein Wein nicht mehr trocken ist, also mehr als zehn Gramm Restzucker pro Liter aufweist. Laut EU-Vorschrift und deutschem Weingesetz dürfen Weine als «lieblich» bezeichnet werden, wenn ihr Restzuckergehalt zwischen 18 Gramm pro Liter und höchstens 45 Gramm pro Liter liegt. Ob ein Wein dann tatsächlich auch «mild», «fruchtig» oder «lieblich» schmeckt oder vielleicht doch eher trocken, liegt in den allermeisten Fällen an den persönlichen Vorlieben des Weintrinkers. Was für den einen schon lieblich erscheint, ist für den anderen noch knochentrocken. Die Geschmäcker sind eben verschieden. So oder so: Der echte Weinkenner ist in allen diesen Kategorien und Abstufungen unterwegs, denn sowohl das eine wie das andere hat seine Berechtigung im Weinuniversum. Kleine Mengen Restzucker wirken ohnehin nicht primär süß, sondern vermitteln eher den Eindruck von Weichheit und Milde.

Einen besonderen Stellenwert im Weinuniversum haben die roten Weine mit Restsüße. Dummerweise fristen sie eine Art Schattendasein, wenn es darum geht, als Begleiter bei Tisch eine gute Figur abzugeben. Das ist nicht wirklich verständlich, denn wie langweilig würde unser Essen schmecken, wenn nicht hier und da ein wenig Süße für den richtigen Kick sorgen würde? Die Prise Zucker am Salatdressing, die Preiselbeere zum Wildragout, der Feigensenf zur Käseplatte– allesamt auf Süße setzende Spezialitäten, die das Gericht erst zur Delikatesse machen. Warum sollte es beim Wein also anders sein? Gerade die schon angesprochenen Wildgerichte sind in Verbindung mit ein wenig Süße im begleitenden Wein durchaus denkbar, wer jemals einen leicht gekühlten, restsüßen Lemberger zum rosa gebratenen Rehrücken genossen hat, weiß, wovon die Rede ist. Bei der Verkostung der Rotweine mit Restsüße kam jedenfalls unter allen Verkostern bisweilen genau dieser Gedanke auf.

Sweets for my sweet

  • Das Wort «Restsüße» ist tatsächlich ein wichtiger vinologischer Begriff, denn er bezeichnet den nicht vergorenen Zucker im Wein. Das können technisch gesehen unterschiedliche Arten von Zucker sein. Zum einen solche, die von den Hefen während der Gärung nicht in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt wurden, oder zum anderen Zuckerarten wie Glukose oder Fruktose, die der Winzer absichtlich nicht vergären lassen wollte.
  • Gemessen wird der verbleibende Zucker im Wein in Gramm pro Liter. Weine mit weniger als vier Gramm Restzucker pro Liter bezeichnet man in Deutschland als trocken.
  • Halbtrockene Weine dürfen bis zu zwölf Gramm Restzucker je Liter aufweisen, oder sogar bis zu 18 Gramm je Liter, wenn dabei der Restzuckergehalt den Säuregehalt nicht um mehr als zehn Gramm übersteigt.
  • Liebliche Weine haben einen Restzuckergehalt, der die für halbtrockene Weine festgelegten Werte übersteigt, aber höchstens 45 Gramm pro Liter Wein erreicht.
  • Die Angabe «süß» ist erst ab 45 Gramm Zucker pro Liter Wein zulässig.
  • Oft findet man auf Weinetiketten auch die Bezeichnung «feinherb». Diese eigentlich inoffizielle Geschmacksrichtung ist nicht eindeutig definiert, wird geschmacklich aber zumeist zwischen halbtrocken und lieblich eingeordnet. Obwohl sie nicht offiziell weinrechtlich reglementiert ist, erfreut sie sich zunehmender Beliebtheit.

Verkosten, wo andere genießen: Das Gasthaus Hotel Adler

Das Gasthaus «Hotel Adler» liegt einerseits auf dem Land in Brackenheim-Botenheim, andererseits doch mittendrin. Als Ausgangspunkt für (Wein-)Entdeckungsreisen bietet sich das Hotel idealerweise an, bis zu den Weingärtnergenossenschaft in Cleebronn-Güglingen, Stromberg-Zabergäu oder auch Lauffen am Neckar sind es nur wenige Kilometer. Die Weine lassen sich natürlich auch direkt vor Ort im Restaurant probieren, wo sie neben anderen erstklassigen Gewächsen die traditionelle schwäbische Küche des Hauses begleiten. Wobei traditionell nur die halbe Wahrheit ist, im «Adler» Botenheim wartet eine schwäbische Küche mit weltoffenem Blick. Das heißt: Erstklassige, regionale Kochkunst trifft auf internationale Einflüsse, Bewährtes auf Überraschendes. Und die Weine lassen sich auch glasweise zu den einzelnen Gerichten genießen, die Karte der offenen Weine ist ein weiteres Highlight. Insgesamt steht der «Adler» für eine moderne Küche, die ihre Wurzeln nicht verleugnet und bei der mit Liebe und Leidenschaft immer frisch und saisonal gekocht wird. Handgeschabte Spätzle, Maultaschen aus eigener Produktion, jede Sauce wirklich gekocht und nicht aus dem Päckchen. Das sollte ja eigentlich überall in der Gastronomie selbstverständlich sein, im «Adler» ist es das. Selbstverständlich.

Genießen lassen sich die Kreationen entweder in der liebevoll restaurierten, historischen Gaststube oder, bei schönem Wetter, im großzügigen und gemütlichen Innenhof. Auch hier findet sich der persönliche Stil von Familie Rembold in vielen liebevollen Details, lassen Sie sich unbedingt das Frühstücksbuffet zeigen. Die Art und Weise, wie aus zwei alten Haustüren ein modernes und individuelles Unikat entstanden ist, dürfte einmalig sein. Wenn Sie es sehen, verstehen Sie, was wir meinen.

Seit über 50 Jahren ist die Familie Rembold mit Leib und Seele für ihre Gäste da. Ganz gleich, ob es nur eine kurze Stippvisite ist oder ein ausführlicher Urlaub im Zabergäu, im «Adler» erwarten den Reisenden gepflegte Gastlichkeit, eine wirklich familiäre Atmosphäre und ein ganz besonderes Ambiente, das sich zu entdecken lohnt.