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Mit Ökowein und Solaranlage

Text: Claudia List, Fotos: z.V.g.

Auch im Weinbau spielt Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle und die Genossenschaften schärfen ihren Blick dafür. Ein Besuch bei den Weingärtnern Stromberg-Zabergäu in Brackenheim, wo schon seit über 25 Jahren Bioweine produziert werden.

In den 1980er-Jahren war er in Brackenheim mit dieser Idee ein Exot: Reiner Döbler wollte den Wein künftig nach ökologischen Richtlinien anbauen. «Das war nach Tschernobyl und in einer Zeit, in der wir uns viele Gedanken über die Zukunft gemacht haben», erinnert er sich, «deshalb nahm ich mir vor, etwas für den Umweltschutz zu tun – und zwar am besten bei meiner Arbeit.» Zunächst einmal musste der junge Mann, der damals in der Ausbildung zum Weinbautechniker steckte, seine Eltern davon überzeugen, ihm einen Versuchs-Weinberg zu überlassen.

Der Betrieb der Eltern gehörte zur örtlichen Winzergenossenschaft und Reiner Döbler wollte sich davon auch nicht lösen, sondern den Weg gemeinsam gehen. Um eine eigene Kellerwirtschaft aufzubauen, fehlte ihm im elterlichen Betrieb mit Wein-, Ackerbau und Viehhaltung die Zeit. Zum anderen sah er den großen Vorteil, keine eigenen Vertriebswege aufbauen zu müssen, sondern die der Genossenschaft zu nutzen.

In Jürgen Winkler fand er in Brackenheim einen Mitstreiter. Beide waren überzeugt, dass die ökologische Wirtschaftsweise, also auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Dünger zu verzichten, für sie die richtige ist – auch wenn es mehr Arbeit und ein höheres Ertragsrisiko bedeutet. Gemeinsam überzeugten sie die Weingärtnergenossenschaft von ihrer Idee. «Der Geschäftsführer sah durchaus Marktpotenzial», sagt Döbler, «und die Kollegen in der Genossenschaft gaben uns viel Freiraum.» So erhielten die jungen Biowinzer eigene Lesetage und ihre Trauben wurden fortan separat ausgebaut. Im Jahr 2000, als die Eltern den Betrieb an Reiner Döbler übergaben, stellte er komplett auf Bio um und schloss sich dem Ecovin-Verband an.

Heute gehören die Bioweine ganz selbstverständlich zum Angebot der Weingärtner Stromberg-Zabergäu in Brackenheim. Zehn Betriebe wirtschaften nach ökologischen Kriterien. «Das Interesse ist gestiegen – auch im Handel», sagt Geschäftsführer Bernd Kost, «und wird in Zukunft sicher noch größer werden.» Abgesehen davon hat sich in den Weinbergen viel getan und auch konventionelle Winzer arbeiten umweltschonen-
der als früher. Gegen Schädlinge, wie den Traubenwickler, hängen sie Pheromonfallen auf, die den Lockduft der Weibchen überlagern. Gegen den «falschen Mehltau» brachten die Winzer früher regelmäßig Pflanzenschutzmittel aus, wie Bernd Kost erklärt. «Heute kennen wir die Infektionsbedingungen und ergreifen, je nach Luftfeuchtigkeit und Nachttemperatur, nur dann Maßnahmen, wenn die Gefahr eines Ausbruchs groß ist.»

Die Mitglieder setzen auch pilzwiderstands-fähige Rebsorten ein, mit denen sich nach-
haltiger im Weinberg arbeiten lässt. Allerdings sei die Vermarktung nicht ganz einfach, wie Kost erklärt: «Ein Muscaris oder Solaris hat noch nicht die Identität wie ein Riesling.»

Nachhaltigkeit spielt aber nicht nur im Weinberg, sondern auch in der Kellerei eine Rolle. Die Weingärtner Stromberg-Zabergäu haben beispielsweise eine Solaranlage installiert und einen Energieberater ins Haus geholt. Wärme, die bei der Gärung entsteht und früher verpufft ist, nutzen sie heute und sie durchleuchten – bis hin zum Flaschenetikett – jeden Arbeitsschritt.

Ein Thema sind dabei auch Leichtflaschen, die bei der Herstellung und beim Transport durch ihr geringeres Gewicht Vorteile bringen. «Damit können wir leider noch nicht arbeiten, da unsere Abfüllanlage zu viel Druck auf die dünnwandigen Flaschen bringt», erläutert Kost. Vorbildlich ist für ihn hingegen das Literflaschen-Mehrwegsystem, das es schon lange in Württemberg gibt. Das Liter-Format hat bei manchen zwar einen zweifelhaften Ruf, was Kost nicht nachvollziehen kann: «Das sind gute, alltägliche Weine und ich glaube, dass insbesondere die jüngeren Kunden künftig die Vorteile sehen.» Anders sieht es bei hochwertigen Weinen aus, die nach wie vor in besonders schweren Flaschen verkauft werden. «Das erwartet der Verbraucher», erklärt Kost, «da stecken wir in der Zwickmühle zwischen wirtschaftlichem Erfolg und der Ökologie.»

Nachhaltigkeit beinhaltet für Bernd Kost aber auch die soziale Verantwortung gegenüber den Familien, die der Genossenschaft angehören, und deren Zukunftssicherung. Deshalb beschäftigen sich bei den Weingärtnern derzeit mehrere Arbeitsgruppen intensiv mit den Folgen des Klimawandels oder der Frage, welche Trends die Genossenschaft aufgreifen soll. «Wir müssen uns fit machen für die Anforderungen, die in fünf oder zehn Jahren an uns gestellt werden», ist Kost überzeugt, «damit wir attraktiv bleiben für die jungen Leute, die in den Betrieben nachfolgen.»