Das Cru Classé in Margaux gehört zu den ersten Bordeaux-Gütern, die professionell Weintourismus betrieben haben

Kirwan: Sidecar-Romantik

Mit Philippe Delfaut

Das Cru Classé Kirwan in Margaux gehört zu den ersten Bordeaux-Gütern, die professionell Weintourismus betrieben haben. Besucher könnendie ­neuen Keller bewundern – oder im Sidecar durch die Reben schaukeln. 

Ich bin seit gut 15 Jahren als Generaldirektor für Château Kirwan zuständig. In der Zeit hat sich das Grand-Cru-Classé-Gut beträchtlich verändert. Die Gebäude wurden sorgfältig renoviert, ein neuer wurde Keller errichtet. Den grössten Aufwand haben wir im Rebberg betrieben. Dank aufwendigen Bodenanalysen wissen wir heute im Detail über dessen geologische Struktur Bescheid, Parzelle für Parzelle. Um das ganze Potenzial unserer herrlichen Lagen hier in Margaux ausschöpfen zu können, brauchten wir einen neuen, geräumigen, topmodernen Keller. Er wurde 2017 fertig und erleichtert uns seither gewaltig die Arbeit. Unsere Weine sind deutlich präziser geworden.

Pionierarbeit haben wir auch in puncto Weintourismus geleistet und wurden dafür mehrmals ausgezeichnet. Besucher können die architektonisch besonders beeindruckenden neuen Anlagen bewundern, sich im Shop ein paar Flaschen besorgen, durch den Park spazieren und selbstverständlich auch unsere Weine verkosten. Doch der wichtigste Teil des rund eine Stunde dauernden Besuchs ist ein Abstecher in die Reben, zu Fuss, mit dem Fahrrad oder, besonders pittoresk, im Seitenwagen alter, aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammender Motorräder. Sicherheit geht dabei natürlich vor, dafür sorgen unsere erfahrenen Piloten. Dank der offenen Helme hat man die Nase im Wind und atmet echten Margaux-Rebbergsduft.

Auf der rund 30 Minuten dauernden Rundfahrt erfahren Besucher ausführlich, wie wir auf unseren Rebparzellen vorgehen. Den immensen Aufwand, den wir heute im Rebberg betreiben – er ist weit grösser als noch vor 30 oder 40 Jahren, sowohl, was den eigentlich Unterhalt als auch die Neupflanzungen anbelangt – können wir so quasi am lebendigen Objekt demonstrieren.

Der Mann neben mir im Sidecar ist Stanislas Thierry, der Stiefsohn von Mitbesitzerin Sophie Schÿler. Seit Sophie in Rente gegangen ist, kümmert Stanislas sich um Marketing und Kommunikation. Er hat einiges zu tun. In drei Jahren wird die Familie Schÿler ihr hundertjähriges Jubiläum als Eigner des historischen Spitzengutes feiern.