VINUM-Profipanel • Schweizer Top-Schäumer

Schweizer Schaumweine verkostet

Text: Thomas Vaterlaus, Fotos: Hans-Peter Siffert

Immer mehr Schweizer Winzer ziehen bei ihren Schaumweinen alle Register. Ausbau der Grundweine im Holz oder in derAmphore, jahrelanges Hefelager nach der zweiten Gärung, Abfüllung ohne oder fast ohne Dosage. Wie unser Panel beweist, sind die Resultate beeindruckend. Vor allem die Waadtländer Schäumer zeigten sich in Hochform. Die zwei hochkarätigen Champagner, die wir als Piraten in die Probe einschleusten, erwiesen sich zwar als anspruchsvolle Referenzen, doch die besten Schweizer Schäumer agierten auf Augenhöhe. C’est formidable!

Die Westschweiz gibt in der helvetischen «Sparkling»-Szene den Ton an. Beim VINUM‑Profipanel jedenfalls sind in den Top 5, abgesehen von den zwei hochkarätigen «Piraten» aus der Champagne, ausschliesslich Schäumer aus dem Waadtland zu finden. Und der bestklassierte Schweizer Mousseux, der «Coeur de Cuvée» von der Familie Cruchon in Echichens bei Morges, zeigt denn auch exemplarisch, was einen CH-Top-Schäumer auszeichnet. So liegt dieser Blanc de Blancs (Chardonnay und Pinot Blanc) mehr als fünf Jahre auf der Hefe und wird ohne Dosage als Brut Nature degorgiert. Fast alle Winzer, die in der helvetischen Schaumweinszene aktiv sind, trinken selber gerne Champagner und nehmen mit ihren Schäumern denn auch klar die Stilistik der Champagne ins Visier. Das heisst, sie streben nach Weinen mit geradlinig knackiger Frische und einer subtil zurückhaltenden Aromatik, ohne zu viel sortengeprägte Primärfrucht, dafür mit Noten wie Brioche, Biskuit und Butter, wie sie eben auch gute Champagner zeigen. Und das gelingt ihnen inzwischen so gut, dass die beiden Champagner in dieser Probe von der Mehrheit der Verkoster nicht identifiziert werden konnten. Obwohl fast alle Schweizer Top-Mousseux aus klassischen Burgundersorten (Pinot Noir, Chardonnay und Pinot Blanc) gekeltert werden, zeigen Ausnahmen, dass auch autochthone Schweizer Sorten viel schäumendes Potenzial haben. So wird der hervorragende Tsampéhro VI (Platz 6) aus dem Wallis zu 30 Prozent aus Petite Arvine gekeltert. Eine höchst positive Überraschung ist auch der reinsortige Räuschling Brut Blanc de Blancs «Zürischum» (Platz 12) von Zhampagner in Zürich.

Die Jury

Von links nach rechts

Alain Kunz, Journalist aus Zug
Sein Favorit: Blanc de Blancs Imperial Brut, Côte de l’Orbe AOC von Cave de la Combe, Daniel und Valérie Marendaz in Mathod, Waadt

Timothy Magnus, Weinhändler aus Zürich
Sein Favorit: Gosset Grand Millésime Brut 2012 von Gosset, Champagne, Frankreich

Lidwina Weh, Sommelière aus Wohlen
Ihr Favorit: Räuschling Brut Zürich AOC 2017 vom Weingut Besson-Strasser in Uhwiesen, Zürich

Stefano Giuliano Paolino, Sommelier im «Smith and de Luma», Zürich
Sein Favorit: Brut Blanc vom Weingut Francisca & Christian Obrecht in Jenins, Graubünden

Roland Högger, Gastronom aus Jona
Sein Favorit: Mousseux Thurgau AOC vom Schlossgut Bachtobel in Weinfelden, Thurgau

Miguel Zamorano, Redaktion VINUM in Zürich
Sein Favorit: Tsampéhro V1 2016 von Clos de Tsampéhro in Flanthey, Wallis

Nicole Vaculik, Sommelière aus Meersburg
Ihr Favorit: Apex Brut La Côte AOC von Domaine La Colombe in Féchy, Waadt

Thomas Vaterlaus, Chefredaktor VINUM in Zürich
Sein Favorit: Coeur de Cuvée Brut Nature Millésime 2013 von Domaine Henri Cruchon in Echichens, Waadt

Nicole Harreisser, Redaktion VINUM in Zürich
Ihr Favorit: No Name Blanc de Blancs Brut, 2018 von Hammel SA in Rolle, Waadt

 


«In Bezug auf die Qualität waren einige der Schweizer Schäumer schon sehr nahe dran an den beiden Edelpiraten aus der Champagne, die doch offensichtlich als Orientierungspunkt der helvetischen Schaumwein-Winzer dienen. Vor allem bei edlen Brioche- oder Biskuit-Noten denkt man gemeinhin an Gewächse aus der Champagne, aber auch etliche der Schweizer Schaumweine zeigten diese edle Charakteristik. Good Job!»

Nicole Vaculik Sommelière, Meersburg


«Die Qualität der 25 Schäumer war insgesamt bestechend hoch, und das beweist, wie dynamisch sich die Schweizer Schaumweinszene entwickelt. Drei oder vier der helvetischen Schaumweine waren schon nahe an der Perfektion und verdienen durchaus den Superlativ ‹Weltklasse›. Die Probe zeigt auch, dass der Trend zu wenig oder gar keiner Dosage geht. Auch die naturbelassene Vinifikation scheint auf dem Vormarsch zu sein.»

Alain Kunz Journalist, Zug


 

«Die Professionalität, aber auch der Mut der Schaumwein-Winzer, die hier vertreten waren, hat mich überrascht. Ich hatte nicht erwartet, dass die Szene auf diesem hohen Niveau agiert. Als professionell empfand ich die Leichtigkeit und Eleganz der Weine beziehungsweise das Vermeiden von Alkohol und Üppigkeit. Mutig das Bekenntnis zu Säure und Trockenheit und, noch viel wichtiger, zur Originalität und Eigenständigkeit.»

Lidwina Weh Sommelière, Wohlen


 

«Die Verkostung zeigte ein grosses Spektrum an Stilistiken und Qualitäten. Bei einigen Schäumern wurde der Grundwein offensichtlich im Holz ausgebaut, was nach meiner Meinung das eine oder andere Gewächs etwas zu stark prägte. Bei den Weinen, die länger auf der Hefe reiften, war die Dosage besser integriert. Am besten gefielen mir jene Schäumer, die möglichst kompromisslos auf trockene Frische und klare Frucht fokussiert waren.»

Timothy Magnus Weinhändler, Zürich


 

«Champagne, Cava, Franciacorta, Trento DOC? Nach dieser Probe bin ich der Meinung, dass auch die Schweiz ihren Platz in dieser Aufzählung hat. Genial ist, dass es hier nicht eine dominante Schaumweinregion gibt, sondern dass die unterschiedlichen Kulturen, Terroirs und auch Sorten, von Petite Arvine im Wallis bis zum Räuschling in Zürich, diesen Schäumern auf hohem Niveau viel Eigenständigkeit bescheren.»

Stefano Giuliano Paolino Sommelier im «Smith and de Luma», Zürich


 

vinum+

Weiterlesen?

Dieser Artikel ist exklusiv für
unsere Abonnenten.

Ich bin bereits VINUM-
Abonnent/in

Ich möchte von exklusiven Vorteilen profitieren