Die Karten werden jetzt neu gemischt

Interview mit Dirk Niepoort

Text: Axel Probst; Foto: z.V.g.

Ist Portwein derzeit unterrepräsentiert? Wie ist Ihre Ansicht zum Preisgefüge (beim Vintage Port) im Vergleich zu anderen Weingebieten?

(Vintage) Port ist zu günstig. Beim Portwein gibt es keine Massenproduktion. Im Douro-Tal gelten ähnlich schwierige Erntebedingungen wie in den Steillagen an der Mosel, die ähnliche Erträge haben.
Allerdings ist eine gewisse Menge an Flaschen wichtig für eine (hochwertige) Wahrnehmung am Markt und die Verfügbarkeit. Der Klimawandel hilft dem Portwein in gewisser Weise – zumindest bis zu einem bestimmten Mass, da die Jahrgänge wärmer werden und die Trauben damit ausreifen können. Portwein mag reife – keine überreifen – Trauben. Daher wird sich die Anzahl der Vintage-Port-Deklarierungen in Zukunft erhöhen, was der Sichtbarkeit des Portweins bestimmt in die Karten spielt. Ich bin allerdings kein Fan davon, jährlich einen Vintage Port abzufüllen.

Wie wird er denn in der europäischen Gesellschaft wahrgenommen?

Das Erste, was mir wirklich auffällt, ist, dass die meisten Leute überrascht sind, wie gut Portwein schmeckt und dass es zum Beispiel einen weissen Portwein gibt. Es ist also definitiv zu wenig Wissen am Markt. Wenn man aber dann die Möglichkeit hat, Portwein vorzustellen, wird die Zahl der Fans schnell grösser.

Sind die Traditionen heute eher förderlich oder behindern sie den Vertrieb?

In den letzten Jahren habe ich mir darüber viele Gedanken gemacht. Ich denke im Umgang mit Portwein kann man ruhig ein wenig snobistisch sein. Nicht, dass ich Snobs mag, aber Port gehört einfach zum Besten, was die Weinwelt zu bieten hat. Daher kann man eine alte Flasche Colheita oder Vintage Port auch gebührend zelebrieren, ohne diese Gepflogenheiten zur Pflicht zu machen. Allerdings müssen diese Geschichten manchmal besser erzählt werden, und es muss dabei auch (hochwertiger) Portwein gezeigt werden.

Welche Hausaufgaben muss das Douro-Tal noch machen?

Die Hersteller müssen verstärkt gemeinsam am Markt auftreten und den Portwein bewerben. Bei den Douro-Boys haben wir eine ganze Zeit lang im Ausland Bilder vom Douro-Tal, Weine und Portwein gezeigt. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir die Weinfreunde an den Douro bringen. Wenn man einmal hier ist und die Ruhe geniesst und die Gastronomie und die Weine vor Ort probiert, hat man eigentlich schon gewonnen.

Wie sehen Sie die Zukunft des Portweins?

Erhöhte Abfüllung von Vintage-Port-Jahrgängen? Die englischen Häuser hatten in den letzten 200 Jahren eine verdiente Vormachtstellung bei den Vintage Ports. Dann gibt es noch Ramos Pinto, Noval und Niepoort. Seit 2015 stimmt die Rangordnung nicht mehr so wie früher. Es gibt immer mehr kleinere (portugiesische) Häuser, die sehr gut arbeiten und fantastische Vintage Ports abfüllen. Daher werden die Karten jetzt neu gemischt, und es wird sich etwas verändern. Der Brexit und die Preiskämpfe der grossen Hersteller bieten einige Herausforderungen in der nächsten Zeit, die schnell gelöst werden müssen. Vintage Port wird sich aber immer mehr als einer der grossen Weine durchsetzen und schliesslich preislich in den Regionen anderer grosser Weine ankommen. ◄

Portwein als Investment

Langer Atem oder schneller Gewinn?

Das Preisniveau bei den hochwertigen Portweinen hat in den letzten Jahren enorm angezogen. Und es wird noch weiter steigen, da immer mehr Weinliebhaber und Investoren das Potenzial der gereiften Vintage Ports (und Colheitas) erkennen. Im Weiteren werden diese Portweine in recht überschaubaren Mengen und nur alle paar Jahre abgefüllt. Es trifft also eine immer grössere Nachfrage auf eine überschaubare Menge hochqualitativen Weins. Zu beachten ist hier, dass sich nur (!) die Vintage Ports als Investment eignen, da fast alle anderen Portweine zum direkten Verbrauch abgefüllt werden.

Lange Reifezeiten haben Einfluss auf den Preis

Allerdings benötigt man bei Vintage Ports einen recht langen Atem bzw. den richtigen Zeitpunkt, wenn man auf Gewinnmaximierung aus ist. Betrachtet man die grossen Jahrgänge und Preisentwicklungen genauer, dann ergibt sich am Beispiel der Niepoort-Vintage-Ports folgendes Bild: Der Niepoort-Vintage-Port 2017 hat bei der Markteinführung rund 85 Euro gekostet. Zur gleichen Zeit wurden ältere grosse Jahrgänge von Niepoort mit ähnlich hohem Qualitätsniveau, wie beispielsweise 2000 und 2003, für geringere Preise angeboten. Da Vintage Ports aus grossen Jahrgängen erst nach drei bis vier Jahrzehnten ihr optimales Trinkfenster erreichen, hat diese lange Reifezeit auch Einfluss auf den Preis bzw. die Preisentwicklung.

Während für den Vintage Port 1977 heute die Auktionszuschläge bei ungefähr 150 bis 200 Euro erfolgen, muss man für den Jahrgang 1970 fast doppelt so viel bezahlen. Richtig teuer werden dann die älteren Jahrgänge wie 1955 oder 1945 mit bereits vierstelligen Preisen.

In den 1990ern ist die Qualität über alle Hersteller hinweg sehr viel besser als in der Dekade davor – gerade durch die zwei Spitzenjahre 1994 und 1997. Jedoch ist im Jahrgang 1994 das Preisniveau bereits sehr hoch und wird erst in zehn bis zwanzig Jahren weiter anziehen. Für eine kurzfristige Gewinnmitnahme sind Investitionen in diese Jahrgänge nicht sinnvoll. Meist rücken diese Jahrgänge erst wieder in den Fokus der Weinliebhaber, wenn sie ihr optimales Trinkfenster erreichen, also bei den grossen Häusern zwischen 2025 und 2030.

Bei den jüngeren Topjahrgängen bin ich ein grosser Fan des Jahrgangs 2000, der nicht üppig ist, sondern durch eine ausgeprägte Balance und Finesse überzeugt. Stilistisch völlig anders ist der Jahrgang 2003. Bei den Fassproben musste man damals «Messer und Gabel» verwenden, so konzentriert und tanninhaltig zeigten sich die Vintage Ports dieses sehr heissen Jahrgangs im jungen Stadium. Für mich ist es der Jahrgang mit der höchsten Lebenserwartung. Beide Jahrgänge sind nur bei sehr langfristiger Investitionsabsicht eine Kaufempfehlung.

Es ist immer hilfreich, einen Portwein zu kaufen, den man als Portweinfan auch gerne selbst trinken möchte. Wenn Sie bereits Erfahrung in der Verkostung hochwertiger Portweine haben, lassen Sie sich am besten durch Ihren Gaumen leiten. Der grösste Vorteil einer Wertanlage in (Port)Wein ist, dass man bei einer Wirtschaftskrise in den Weinkeller geht und den Portwein dann eben mit viel(en) Freu(n)de(n) trinkt.

Derzeitiges Preisniveau der Top-Vintage-Port-Jahrgänge von Niepoort:

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