Vitiforst
Rebgut Märxli, Oberrohrdorf
Text und Fotos: Kaspar Keller

Ein grösseres Hobby. So bezeichnet Raphael Peterhans die Bewirtschaftung dieser halben Hektare im aargauischen Reusstal – was man aber hinterfragen darf. Alle elf Mitarbeitenden, die in Teilzeit die bis zu 700 Stunden pro Jahr leisten, werden bezahlt. Und dass man seine Hobbys durchaus ernst nehmen kann, beweist der Leiter des Weinguts Märxli schon bei der Begrüssung. Er trägt ein Gilet und ein Baseball-Cap mit aufgedrucktem Märxli-Logo: ein Fossil. Selbst die Korken, die noch in den beiden mitgebrachten Weinen stecken, sind bedruckt. Beein-druckend ist jedoch eher, wie viele Massnahmen zur Förderung der Biodiversität auf einer solch kleinen Parzelle überhaupt möglich sind. Im Jahr 2019 wurde das Weingut in die Betriebsgemeinschaft Agrino aufgenommen, wo auch Raphael Peterhans’ Bruder und Cousin arbeiten. Und da die Agrino mit der Knospe zertifiziert ist, war die Umstellung auf Bio logisch. Die 35-jährigen Reben hatten ausgedient, statt Riesling und Pinot Noir wächst seither im oberen Bereich Cabernet Jura und unten am Berg Solaris.
«Ich erhoffe mir einen positiven Effekt auf die Bodengesundheit.»
Raphael Peterhans
Der mittlere Bereich wurde im Jahr 2022 mit Souvignier Gris und der roten Sorte CAL1-28 neubestockt. Seit einem Jahr wachsen zudem sechs Karelische Birken zwischen den Reihen. «Ich erhoffe mir einen positiven Effekt auf die Bodengesundheit. Zudem dürften die Bäume einen Einfluss auf den Wasserhaushalt und die Temperatur im Rebberg haben», sagt er. Die karelische Birke wächst eher hoch und hat ein lockeres Laubwerk. Die Reben werden – so Peterhans – somit auch künftig genug Sonne erhalten, zudem dürften sie Nährstoffe einfacher aufnehmen können. Noch fallen die jungen Bäumchen nicht auf, nur der Kunststoff-Schutz leuchtet zwischen den Reben hervor. Beim Spaziergang durch die Reben zeigt der 34-Jährige Reihen, bei denen der Boden umgewälzt wurde. «Hier öffnen wir nach der Ernte die Fläche, um Zwiebelpflanzen zu fördern.» Auf jeder zweiten Gasse sät er eine Blumenmischung. Gemäht wird gestaffelt, damit die Insekten stets Nahrung finden. «Allerdings können sich dann auch die Mäuse besser verstecken», sagt der Weinbauer. Er gewichtet den Gesamtnutzen einer intakten Biodiversität höher und hofft, dass die Mäusebussarde, Turmfalken sowie die Katzen aus der Nachbarschaft für ein akzeptables Gleichgewicht sorgen. Besonders stolz ist der Winzer auf ein weiteres Pflänzchen, das jetzt im Herbst unscheinbarer kaum sein könnte. Nur winzig kleine Blättchen wachsen auf einigen Mauern. «Rötlicher Mauerpfeffer kommt in der Schweiz nur an wenigen Stellen im Aargau und im Kanton Genf vor.»