Und im Glas tanzt der Druide

Coto de Gomariz, Ribeiro (Galizien)

Text: Thomas Vaterlaus, Fotos: z.V.g.

Vor tausend Jahren genossen die Weine aus der «goldenen Meile von Ribeiro» einen magischen Ruf. Mit seinen Crus aus Toplagen, bepflanzt mit alteingesessenen Sorten, knüpft die Bodega Coto de Gomariz daran an. Ihre Selektionen vereinen Charakter, Finesse und Temperament.

Magie ist hier überall. Im Wasser, im Wein, ja selbst in der Folkmusik mit ihren keltischen Einflüssen, in welcher der Dudelsack, hier «Gaita» genannt, eine tragende Rolle spielt. Und im mittelalterlichen Städtchen Ribadavia erwartet die Besucher ein geradezu radikales Erweckungserlebnis in Sachen Terroir. Man braucht dazu nur zur «Blauen Stunde» zur Therme Prexigueiro zu fahren, die unweit jener Stelle liegt, wo der Fluss Avia in den Minho fliesst. In einem lichten Wäldchen über dem Fluss setzt man sich in eines der Becken aus grossen Natursteinen und lässt vom fast 40 Grad heissen Wasser mit seinem hohen Anteil an Fluor, Carbonat und Silikat die Muskeln entspannen und den Stoffwechsel aktivieren. Nach so einem Bad muss einem niemand mehr gross erklären, warum das Terroir in Ribeiro ein ganz und gar einzigartiges ist... Von der kleinen, aber lebendigen Provinzmetropole Ribadavia aus, in der übrigens neben dem Weinbau auch die Herstellung von Särgen ein wichtiger Wirtschaftssektor sein soll, dauert die Fahrt den beschaulichen Rio Avia entlang zum Weingut Coto de Gomariz nur noch eine Viertelstunde. Hier, in der «goldenen Meile von Ribeiro» mit ihren Toplagen, wo die Reben in idealen Hanglagen in Böden aus viel Ton mit unterschiedlichen Anteilen an Granit und Schiefer wurzeln, hat die alteingesessene Familie Carreiro über zwei Generationen hinweg ein veritables Weinwunder geschaffen. Allerdings mit einem kleinen Umweg über Südamerika. Galicien gehört zu den spanischen Regionen mit dem grössten Auswanderer- Anteil. Auch Ricardo Carreiro Ameijeiras, der Vater des heutigen Patrons, emigrierte in den 60er Jahren nach Venezuela. «Caco», wie ihn seine Freunde nannten, arbeitete zuerst als Buchhalter einer Tankstelle und gründete später mit Partnern eine eigene Tankstellen-Kette. Und er lernte hier, fern der Heimat, auch seine spätere Frau Maria Alvarez kennen, nicht ganz zufällig auch eine Galicierin, deren Familie in der Ribeira Sacra mit dem Weinbau verbunden war. Anfang der 70er Jahre kehrte Maria Alvarez mit ihren zwei noch kleinen Kindern nach Spanien zurück und lebte fortan in Madrid. Ihr Mann pendelte zwischen beiden Kontinenten, tätigte er doch inzwischen auch in Madrid und Galicien seine Geschäfte, besonders im Bau und Immobilienbereich. Die Ferien verbrachte die Familie stets im heimatlichen Gomariz, wo sie seit jeher einen Rebberg besassen.

Back to the Roots!

So wie bei vielen galicischen Auswanderern blieb auch bei Ricardo Carreiro die Beziehung zur Heimat immer sehr eng. Und mit der Zeit entwickelte er die Vision, mit einem Weinbauprojekt an jene goldene Epoche anzuknüpfen, in welcher der Ribeiro-Wein zu den bekanntesten in Spanien gehörte. Es waren Zisterzienser- und Benediktiner-Mönche, die der Region Ribeiro im Hochmittelalter eine Blütezeit bescherten und den Weinbau entwickelten. Die Gemäuer der Klöster, Kirchen und Kapellen sind noch heute präsent. Bereits im 10. Jahrhundert wurde das Gebiet wegen der Qualität der Weine als die «Milla de Oro del Ribeiro», die «goldene Meile von Ribeiro» bezeichnet. Kein Wunder, dass Christoph Kolumbus reichlich Ribeiro-Wein auf sein Flaggschiff, die Nao Santa Maria verladen liess, als er im August 1492 in den Atlantik stach und zwei Monate später Amerika entdeckte. Das Renommee schwand, als nach der Reblaus-Katastrophe die Toplagen nicht mehr mit den alteingesessenen Sorten, sondern mit neu eingeführten Gewächsen wie Palomino oder Garnacha Tintorera (Alicante Bouschet) bepflanzt wurden, die als produktiver und weniger krankheitsanfällig galten.

«Schon Christoph Kolumbus hatte Ribeiro-Weine an Bord, als er 1492 Amerika entdeckte.»

Für Ricardo Carreiro der falsche Weg. Darum begann er 1979 mit der Restaurierung des historischen, rund drei Hektar umfassenden Rebberges O Figueiral, der nachweislich schon im 12. Jahrhundert bewirtschaftet worden war. Für die Wiederbepflanzung wählte er zwölf alteingesessene weisse Sorten wie Treixadura, Lado, Albariño, Dona Blanca und Torrontés. Und siehe da: Schnell zeigte sich das besondere Potenzial dieser Parzelle, denn die tonhaltigen Böden mit hohem Schieferanteil brachten sowohl mineralische wie auch langlebige Weine mit hohem Säuregehalt und niedrigem pH-Wert hervor. So wurde mit O Figueiral der Grundstein zur Gründung des Weingutes gelegt, auch wenn es noch bis 1989 dauern sollte, bis die ersten Weine unter dem «Coto de Gomariz»-Label abgefüllt wurden. Einen grossen Anteil an dieser Entwicklung hatte «Cacos » Sohn, Riccardo Carreiro junior. Ursprünglich Bauingenieur erfüllte er den Traum seines Vater, aus den familieneigenen Rebbergen ein Weingut zu formen. Als sein Vater schliesslich 2009 starb, gehörte Coto de Gomariz bereits zu den Vorzeigeweingütern der Region und hatte acht eigenständige Terroirweine in seinem Portfolio.

Dieses Konzept hat Riccardo Carreiro, der auf der Website augenzwinkernd als «Der grosse Indianerhäuptling» vorgestellt wird, in Zusammenarbeit mit seinem Rebmeister Xosé Lois Sebio in den letzten Jahren stetig verfeinert. Vor allem die Verbindung von alten Sorten, historischen Lagen und biodynamischen Anbaumethoden ist ein Garant für eigenständige Terroirweine mit lebendiger Eleganz. Und obwohl in DO Ribeira die Weissweine mit einem Anteil von annähernd 90 Prozent ganz klar dominieren, verblüfft Coto de Gomariz zunehmend auch mit seinen roten Selektionen wie Abadía de Gomariz oder VX Caco. Ebenfalls aus alteingesessenen Sorten wie Sousón, Brancellao, Ferrol, Caiño Longo, Carabuñeira oder Mencia gekeltert und behutsam über Jahre ausgebaut, vereinen auch die roten Crus komplexe Fülle und eine burgundisch anmutende Eleganz.

Übrigens: Auch im Valle del Avia, wo die Familie Carreiro seit Generationen zuhause ist, spüren Besucher die besondere Ribeiro-Spiritualiät. Da sind die Klöster und kleinen Kirchen aus der romanischen Epoche sowie die heissen Quellen und hoch über dem Tal thront der Pena Corneira, ein mächtiger Fels, der wie ein Steinhorn in den Himmel ragt. Das nahegelegene Städtchen O Carballiño gilt als Zentrum der Oktopus-Zubereitung. Nach dem klassischen Rezept «Pulpo a Feira» wird der Oktopus in Salzwasser gekocht, dann in Scheiben geschnitten und mit Olivenöl, grobem Salz, Paprika und Kartoffeln lauwarm serviert. Zu diesem feinen Klassiker ist der überaus trinkige rote Abadía de Gomariz ein perfekter Begleiter.

Weine im Clubpaket

Gomariz X Blanco 2019 DO Ribeiro

2021 bis 2025

Selektion aus Albariño (95%) und Treixadura von schieferhaltigen Terroirs. Subtile Aromen von Zitrusfrüchten und Pfirsich, dazu Kräuter, Wachs und mineralische Noten (Graphit). Am Gaumen ausdrucksstark, aber geradlinig, getragen von einer saftigen Säure.

Mariage: gebratener Fisch, Meeresfruüchte, Pilzrisotto, weisser Weichkäse.

 

Abadía de Gomariz Tinto 2015 DO Ribeiro

2021 bis 2025

Assemblage heimischer Sorten: Sousón, Brancellao, Ferrol und Mencia. Reife dunkle Waldbeeren, eingelegte Kirschen, auch Kirschkerne, ein Anflug von Pfeffer. Am Gaumen dicht gewoben, feinkörniges Tannin und erfrischende Säure.

Mariage: Geflügel, Fleisch vom Grill, Quiche mit Käse oder Gemüse, Tapas oder Mezze, Pulpo, Hartkäse.

 

VX 9 Cuvée Caco Tinto 2015 Produto de España

2021 bis 2027

Topselektion aus sechs autochthonen Sorten, 20 Monate in französischer und amerikanischer Eiche gereift. Dunkle Beeren, Lakritze, Waldmeister, etwas Rauch und Teer. Am Gaumen kräftig, vielschichtig, feine Frucht und saftigpräsente Säure.

Mariage: klassische Fleischgerichte, zum Beispiel Lamm oder Kalbsleber, Pilzragout, gereifter Hartkäse.