Weinbauern in Georgien kehren zu uralter Keltermethode zurück

01.08.2014 - arthur.wirtzfeld

GEORGIEN (Batumi) - In einem kleinen Laden in der Altstadt der georgischen Hafenstadt Batumi am Schwarzen Meer drängen sich die Touristen, um den Wein von Gela Danelia zu kosten. Der 58-jährige Winzer keltert seine Trauben wieder nach der uralten georgischen Methode, die im vergangenen Herbst von der UN-Kulturorganisation Unesco als Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde.

 

"Ich fülle nur rund 8000 Flaschen pro Jahr ab", berichtet Danelia. Wichtig sei ihm die Nutzung der Keltermethode, die seine Familie über Generationen gepflegt habe. Dazu werden die Trauben samt Stielen und Schalen in große, ovale Tongefäße gepresst, die dann in der Erde vergraben werden. In den Quevris genannten Amphoren, die bis zu 500 Liter fassen können, gärt der Inhalt anschließend monate- oder gar jahrelang.

Die Georgier nehmen für sich in Anspruch, als erste überhaupt Wein gekeltert zu haben - schon lange vor den Griechen und Römern. Tatsächlich lassen archäologische Funde darauf schließen, dass auf dem Gebiet des heutigen Georgien, zwischen dem Schwarzen Meer und dem Kaukasus, bereits vor gut 8000 Jahren Reben angebaut wurden.

Die Quevri-Methode wird von den Georgiern seit Jahrtausenden gepflegt. Viele Familien bauen in ihren Gärten Trauben an und produzieren ihren Hauswein, selbst in der Hauptstadt Tiflis ranken sich Rebengewächse um viele Balkone. "Der Weinkeller gilt heute noch als heiligster Ort der Haushalte", erläuterte die Unesco.

Doch mit der Eingliederung Georgiens in die Sowjetunion 1921 begann in den Kolchosen eine Massenproduktion von billigen, gesüßten Weinen mit oft zweifelhaften Zusätzen, die fast ausschließlich für den russischen Markt bestimmt waren. "Jedes rote Getränk mit den Label 'georgischer Wein' fand in Russland Absatz", erläutert Danelia. Darunter habe die Qualität erheblich gelitten.

Die Weinberge von Danelias Familie wurden damals wie alle anderen verstaatlicht. Und nachdem Georgien 1991 unabhängig wurde, hatte der Winzer alle Mühe, wenigstens einen kleinen Teil des ehemaligen Familienbesitzes zurück zu bekommen. Wie die meisten georgischen Weinbauern produzierte Danelia zunächst weiter für den russischen Markt - bis Moskau 2006 nach allerhand Reibereien mit Tiflis ein Embargo gegen georgischen Wein verhängte. Die Bauern mussten sich nach neuen Abnehmern umsehen.

"Und das war ihr Glück", betont Burkhard Schuchmann, der 2006 ein Weingut in der Anbauregion Kachetien erwarb und heute Wein von dort in rund 15 Länder exportiert. "Sie mussten wieder auf Qualität setzen und sich mit Marketing-Methoden vertraut machen", erläutert der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Eisenbahnunternehmens Vossloh AG. Viele Weinbetriebe hätten "gewaltig investiert" und verfügten mittlerweile über modernste Technik. Außerdem entspreche die Qualitätskontrolle heute den EU-Standards.

Insgesamt werden in Georgien nach Angaben des nationalen Winzerverbandes jährlich rund 60 Millionen Flaschen abgefüllt, von denen der größte Teil ausgeführt wird. Etwa 90 Prozent der Exporte gehen nach Russland - das sein Embargo 2013 wieder aufhob - und in Länder des ehemaligen Ostblocks.

In die EU wurden demnach im vergangenen Jahr rund 3,7 Millionen Flaschen Wein aus Georgien verkauft - dies entsprach gerade mal 0,01 Prozent des Weinkonsums in den 28 Mitgliedsländern. Doch das könnte sich nun ändern - denn das Ende Juni mit der EU unterzeichnete Assoziierungsabkommen sieht einen Wegfall der meisten Zollschranken vor. Dies werde den Export in die EU "energisch ankurbeln", betont die Sprecherin des Winzerverbandes, Maia Tskitischwili.

Die Experten setzen dabei auf Exil-Russen und russische Touristen, aber auch auf Weinliebhaber, die mal etwas Besonders kosten möchten - und dafür auch tiefer in die Tasche greifen. Denn nach der Quevri-Methode gekelterte Tropfen sind nicht unter zwölf Euro die Flasche zu haben. Spitzenweine aus alten roten und weißen Rebsorten wie Saperawi, Kindsmarauli oder Mukasani, die nur in Georgien gedeihen, können bis zu 70 Euro kosten.