Wie viel Hefe steckt im Terroir? - (Teil-1)

12.10.2015 - arthur.wirtzfeld

AUSTRALIEN (Adelaide) - Wie kommt der Geschmack in den Wein? Was prägt ihn? Wir kennen die Verantwortlichen für den Geschmack. Es sind das Klima, zuweilen ein besonderes örtliches Mikroklima. Es sind die Böden und ihre Beschaffenheit. Und es ist das Können der Rebe, Klima und Mineralien in sich aufzunehmen, dies in die Traube zu transferieren. Das ist Terroir. Jedenfalls sind dies grundlegende Bausteine eines Terroirs, aber es sind nicht alle Bausteine eines Terroirs. Dazu gehören auch traditionelle oder regionale Besonderheiten der Weinherstellung und nicht zuletzt die Sorte der Trauben, die natürliche Gegebenheiten 'einatmen' muss und dann noch ihr eigenes individuelles Geschmacksbild dazu mischt.

 

So könnte man Terroir definieren. Könnte …, aber es soll nicht so sein, sagen Wissenschaftler. Jetzt berichten Biologen im Fachblatt "Scientific Reports", dass das sogenannte Terroir maßgeblich von der Hefe Saccharomyces Cerevisiae bestimmt wird. Der Mikroorganismus, der den Traubensaft zu Alkohol vergärt, produziert dabei eine Vielzahl von Aromastoffen - letztlich wiederzufinden als Geruchs- und Geschmacksstoffe im Wein. Dies haben die Biologen vergleichend in sechs Weinbauzonen Neuseelands untersucht und belegt.

Anhand der Studien wurde weltweit erstmals ermittelt und wissenschaftlich nachgewiesen, dass auch kleinste genetische Unterschiede unter den jeweils regionalen Hefestämmen einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie der spätere Wein riecht und schmeckt. Chemische Analysen der in diesen Weinbauzonen aus der Sorte Sauvignon Blanc hergestellten Weinen bestätigen, dass Aromastoffe zwischen den verschiedenen Zonen variieren. Bedeutet dies nun, dass Terroir insbesondere von der jeweiligen Hefe bestimmt wird?

Die überwiegende Zahl der Weinerzeuger weltweit nutzen speziell gezüchtete Hefen (Reinzuchthefen) zur Vergärung ihrer Weine. Dieses Prozedere ist praktisch ihre Versicherung, denn Reinzuchthefen sind berechenbar und verringern das Risiko, dass der Most nicht angärt, dass die Gärung unvermittelt stoppt und sie verhindern, dass der spätere Wein unangenehme Geruchs- wie Geschmacksbilder annimmt. In der Neuen Weinwelt nutzen so gut wie alle Weinerzeuger die Reinzuchthefen. In einigen Weingebieten wie beispielsweise in Australien und Neuseeland, in Südafrika oder auch in Kalifornien könnten die Winzer ohne Reinzuchthefen keine Weine nach heutigem Geschmacksbild produzieren, denn es gibt dort klimabedingt keine oder kaum natürliche Hefekulturen. 

In den Alten Weinländern in Europa ist die Verwendung von Reinzuchthefen ebenfalls Standard. Das Ergebnis kennen wir. Oftmals sind Weine aus verschiedenen Teilen der Anbaugebiete uniform, weil die Winzer - im ungünstigsten Fall - alle die gleiche Reinzuchthefe verwenden. Das eigentliche Terroir, also die Unterschiede der Böden, das jeweils unterschiedliche Mikroklima, die sich auch daraus natürlich bildende Mineralik und Aromen einer Rebsorte, ist so kaum mehr individuell in die Flasche zu bringen.

Das ist die eine Seite der Medaille. Es gibt allerdings einen gegensätzlichen Ansatz, vor allem angewandt in der Alten Weinwelt. Darüber sprechen wir in Teil-II: "Bestimmt die Hefe das Terroir?