Wie viel Wein gehört ins Glas?

Von Arthur Wirtzfeld

Eine US-Studie kommt zu dem Schluss, dass die Form des Glases die Füllmenge - mal abgesehen vom Geschmacksempfinden - beeinflusst. Fakt ist: Angebote an Weingläsern sind schwer zu überblicken. Es gibt ein ganzes Arsenal von Formen, Größen und Stilen - alle von den Herstellern als das beste, geeignetste Glas für den optimalen Weingenuss beworben. Wenn Sie keinen Überblick haben, dann sind Sie in der Masse der Weintrinker gut aufgehoben, heißt es in der Studie, veröffentlicht von der US-Zeitung Substance Use & Misuse. Hier referieren die Forscher Doug Walker und Laura Smarandescu von der Iowa State University und Brian Wansink von der Cornell University, dass die Füllmenge auch noch von einer Reihe anderer Faktoren abhängig ist.

Die Verhaltensweisen

Die US-Behörde Alcohol, Tobacco, Tax and Trade Bureau (TTB) hat eine standardisierte Füllmenge für Wein in einem Glas mit 5 Unzen (rund 142 Gramm) bestimmt. Aber wer kann schon einschätzen, welcher Menge Wein dies entspricht. Kaum einer der Probanden konnte diese Menge abschätzen - verständlich, denn einerseits fehlt die Übung, diese Menge auch nur annähernd einzuschenken und andererseits sind die im normalen Haushalt vorhandenen Weingläser zu unterschiedlich.

Insgesamt 73 verschiedene Verhaltensweisen der Probanden haben die Forscher registriert - dabei wurden Weine in insgesamt 504 verschiedene Gläser gefüllt. Untersucht wurde der Umgang des privaten Genusses von Wein. Die Forscher wollten analysieren, welches Glas in welchem Rahmen mit welchem Wein, in welcher Füllmenge normalerweise konsumiert wird - alles im Vergleich zu einer Normmenge Wein im Glas, definiert von der TTB. Außerdem wurden individuelle Techniken des Eingießens, etwaige Gedecke oder Orte wie Küche, Wohnzimmer, Terrasse oder der Weingenuss im Stehen oder Sitzen und vielen weiteren Faktoren untersucht.

Individuelle Einschätzung

Die Studie weißt nach, dass die Probanden durchschnittlich 11,9 Prozent mehr in ein bauchiges Glas gossen, 12,2 Prozent mehr in ein Glas auf dem Tisch stehend füllten und 9,2 Prozent mehr Weißwein als Rotwein durchschnittlich eingossen - jeweils im Verhältnis zur Normmenge des TTP. Was das Zugießen beeinflusst, seien neben der Form der Gläser viele weitere verschiedenen Faktoren, sagen die Forscher. Beispielsweise das Vorhandensein von Gedecken auf dem Esstisch, hohe, eher schmale oder breite, eher bauchige Glasformen oder auch das Konsumieren allein oder im Beisein anderer Familienmitglieder oder Freunden hätten als Summe einen signifikanten Einfluss auf die Füllmenge.

Bei der Schätzung der Volumen neigten die Probanden dazu, eher höhere Glasformen mit mehr Menge zu füllen als breite, bauchige Glasformen. Und im Stehen war das Eingießen für die Probanden einfacher als im Sitzen. Und dann wies die Studie das Phänomen namens "Delboeuf", eine nach dem Schweizer Mathematiker und Psychologen Joseph Remi Leopold Delboeuf (1831–1896) benannte geometrisch-optische Täuschung, nach. Dabei lassen sich Menschen beim Genuss von Getränken von einem niedrigeren Farbkontrast leiten. Die Probanden gossen weit mehr Weißwein als Rotwein ein, bedingt durch den niedrigeren Farbkontrast des Weißweins.

Hersteller sind gefordert

Die Studie untermauert die Empfehlung des TTB an die Hersteller alkoholischer Getränke, Informationen zum Servieren auf den Etiketten aufzunehmen. Dazu gehören auch die Füllmenge pro Portion, die Zahl der Portionen pro Flasche, der Alkoholgehalt pro Portion sowie nützliche Informationen zur Ernährung. Noch ist es nur eine Empfehlung der TTB, doch schon sorgen sich kleinere Weingüter der USA um die zusätzlichen Aufwendungen und Kosten hinsichtlich dieser Informationen. Sie hoffen, dass es eine freiwillige Option bleibt. Befürworter dieser zusätzlichen Informationen auf dem Etikett argumentieren, dass die Konsumenten kein Gefühl für die richtige Füllmenge hätten, was die aktuelle Studie unterstützt.

Fazit

"Ich denke, es wäre hilfreich, wenn die Menschen diese Informationen bekommen", sagt Laura Smarandescu, teilnehmende Forscherin der Studie. "Wenn der Konsument die Standard-Portion kennt, kann er besser seinen Alkoholgenuss einschätzen. Ein Wermutstropfen bleibt, denn wir haben mit unserer Studie nachgewiesen, dass die Probanden - auch wenn Sie wiederholt die gleiche Füllmenge in verschiedene Gläser gießen wollten - dies nicht schafften. Hier wäre der Schulterschluss mit der Glas- wie auch der Zubehörindustrie wohl zu überdenken, denn eine Maßhilfe könnte hilfreich sein."