CHINA (Beijing)

Der chinesische Weinmarkt verzeiht auf Dauer keine Gimmicks

Von Arthur Wirtzfeld

Nach Einschätzung aller großen chinesischen Importeure haben importierte Weine mittleren Preisgefüges aus Europa und der Neuen Weilt immer bessere Chancen auf dem Inlandsmarkt. „Der chinesische Verbraucher beginnt schon jetzt sich von den teuren Image-Weinen zu entfernen und bemüht sich intensiv um mehr Wissen über Weine“, beschreibt stellvertretend Ian Ford, geschäftsführender Gesellschafter des in Shanghai ansässigen Großimporteurs Summergate den aktuellen Trend.

Dieser Trend bleibt natürlich auch den einzelnen exportierenden Weinnationen nicht verborgen. So bewegen sich immer mehr auch die Erzeuger nach China, die bisher das Feld den großen renommierten Gütern überlassen haben. Und die Chancen, sich am riesigen chinesischen Absatzmarkt zu beteiligen, stehen nicht schlecht. „Die Mittelschicht in China ist begierig die Weine unbekannter Erzeuger und Weinbaugebiete kennen zu lernen und zu probieren“, erklärt Ford. „Bisher kaufte die Oberschicht High-End-Weine um anzugeben, die Mittelschicht kaufte nach Image und Etikett, aber nun wollen beide Schichten Weine zum Genießen - daher wird sich der Markt merklich verändern.“

Bordeaux neutralisiert

Während dieses Prozesses hat sich bereits die Hegemonie der Tropfen aus Bordeaux neutralisiert, meint Ford. „Weine aus Bordeaux werden sicherlich immer von Interesse für den chinesischen Verbraucher bleiben“, sagt Ford. „Aber deren Beliebtheit ist ein Teufelskreis. Denn die Wahrnehmung in China war bisher, dass Bordeaux die einzige Region ist, wo es gute Weine gibt. Dies lag auch daran, dass über einen großen Zeitraum überwiegend Weine aus dieser Region in China angeboten wurden und entsprechend Erzeuger wie auch Importeure deren Image forciert haben“. Aktuell entwickle sich beispielsweise die Nachfrage nach Weinen aus Burgund sehr gut, erläutert Ford. Manko aber sei, dass diese nicht in den Mengen zu Verfügung ständen, die in China gebraucht würden. Auch eine Erhöhung der Produktion in Burgund könne daran nichts ändern, meint Ford.

„Die gut informierten Weinliebhaber wissen, was Sie kaufen müssen. Dagegen kaufte die überwiegende Mehrheit bisher nach dem Etikett und nicht nach dem Geschmack“, erklärt Ford. „Die Zeiten, wo man noch mit Gimmicks Weine bewerben konnte sind vorbei. Der chinesische Verbraucher ist langsam auf dem Weg ein kritischer und bewusster Weinkonsument zu werden.“

Spielerei oder Schmeichelei

Die Idee von Château Lafite Rothschild das chinesische Symbol für die Zahl "8" in rot auf deren Flaschen plastisch aufzutragen, hat seine Wirkung letztlich verfehlt. Die Überlegung des renommierten französischen Erzeugers war, mit der vermeintlichen Glückszahl "8" den Umsatz unter den High-End-Käufern zu steigern. Aber diese Marketingidee hat nicht gefruchtet. „Die chinesischen Verbraucher denken, dass die '8' auf den Flaschen von Lafite eine Spielerei sei, um der chinesischen Seele zu schmeicheln, oder sie denken auch, dass der Wein irgendwo in China hergestellt wurde, also kein echter Bordeaux ist“, erklärt Ford.

Die Chance

Nach einer Studie des International Wine & Spirit Research (IWSR)stieg der Weinkonsum in China und Hong Kong zwischen den Jahren 2005 und 2009 um 100 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Import an Flaschen von 192 auf 276 Millionen an. Aktuell schätzt die IWSR, dass China bis Ende dieses Jahres den Import an Weinen auf etwa 700 bis 800 Millionen Flaschen steigern wird. Diese Mengen lassen sich keinesfalls nur mit High-End-Weinen bedienen –- die Chance also für alle Weinnationen und für die Mittelklasse unter den Weinen.