Frauen prägen den Charakter ihrer Männer

Eleonora Marconi – Neue Weinemacherin bei Masseto

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 24. September 2018


ITALIEN (Bolgheri) – An vielen Arbeitsplätzen kann es eine grosse geschlechtsspezifische Trennung geben, im Weinbereich ist das Verhältnis längst beispielhaft aufgebrochen – gerade hier rücken Frauen immer mehr in den Fokus und besetzen Spitzenjobs in Produktion und Vertrieb. Nicht nur die weiblichen Konsumenten überwiegen die der Männer, auch die Zahl der weiblichen Winzer und Sommeliers steigt stetig. Es gibt wahrscheinlich zahllose Gründe, warum Frauen in der Weinbereitung auf dem Vormarsch sind – über Quoten, Leidenschaften und Helden sprach ich mit Eleonora Marconi.

Grund für das Interview war eine mir jüngst zugesandte Pressemeldung, die lautete: «Das Team des Kultweinguts Masseto in Bolgheri unter der Leitung von Gutsdirektor Axel Heinz wird ab sofort verstärkt durch die Önologin Eleonora Marconi».

Wer ist Eleonora Marconi?

Ihre Weinpassion habe sie schon im Gymnasium entdeckt und direkt anschliessend als Einstieg in die Weinwelt Sommelierkurse besucht, erzählte Eleonora Marconi, eine attraktive junge Frau, die zudem noch eine sympathische Stimme am Telefon hat. Es folgte ein Önologiestudium an der Università Politecnica der Marken in Ancona. Nach dem Universitätsabschluss absolvierte sie ein Praktikum im berühmten Frescobaldi-Weinkeller auf Castello di Nipozzano. Ausser ihrer Arbeit auf Nipozzano hat sie in Südaustralien und Frankreich internationale Erfahrung gesammelt.

Eleonora Marconi ist in San Benedetto del Tronto in der Region Marken geboren und aufgewachsen. Der Tochter eines Italieners und einer Australierin bescheinigen ihre bisherigen Arbeitgeber in Südaustralien, Frankreich und Italien grössten Respekt vor dem Terroir und eine sehr gewissenhafte Arbeitsweise im Vinifikationskeller.

Sie gehören zu einer ständig wachsenden Zahl von Frauen im Weinsektor, der einstmals eine Männerdomäne war. Wie bewerten Sie diese Annahme?

Eleonora Marconi: Ich denke nicht, dass es einen grossen Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Weinindustrie gibt. Stattdessen bezieht sich die Fähigkeit, Wein zu machen, auf das Individuum – unabhängig davon, ob der Mann oder die Frau den Wein macht. Ich fühle mich wohl und glaube, dass die gelegentliche Diskussion um eine Quote nicht wirklich die Realität spiegelt.

Wie empfinden Sie das Klima für Frauen in der Weinbranche und warum hat es so lange gedauert, bis Frauen heute in Top-Positionen wirken?

Eleonora Marconi: Ich empfinde keine atmosphärischen Störungen in der Weinbranche und ich empfinde auch nicht, dass dieses Thema spezifisch für die Weinindustrie ist. Es ist ein weltweites Problem der Gleichheit in der Arbeit. Immer noch haben Frauen einen weiten Weg vor sich, um wirklich die gleichen Rechte der Männer zu erhalten.

Gibt es eine weibliche Figur in der Weinwelt, die Sie für inspirierend halten oder die Sie vielleicht in Ihrem Wirken beeinflusst?

Eleonora Marconi: Während meines Wirkens in Australien beeindruckten mich die Persönlichkeiten der dortigen Winzer … sie hatten so viel Energie, Liebe und Leidenschaft für ihr Handwerk. Nach und nach entdeckte ich den Grund ihres Erfolges – hinter ihnen standen unglaubliche unterstützende Frauen. Sie waren grossartige, schöne Frauen, die den Charakter ihrer Männer prägten. Darüber hinaus hatte ich das Vergnügen, mit einigen Winzerinnen in Südaustralien zu arbeiten, die ebenso leidenschaftlich und erstaunlich waren. Sie haben mich inspiriert und ich versuche jeden Tag, diese guten Erinnerungen und Erfahrungen bewusst zu halten und mein Ding zu machen.

Wo sehen Sie sich gerade und was möchten Sie bewirken?

Eleonora Marconi: Ich bin im Moment sehr glücklich und kann mir nichts anderes vorstellen als das, was ich gerade tue.

Sie sind jetzt in Diensten bei Masseto. Worin besteht der Reiz, hier als Önologin zu wirken?

Eleonora Marconi: Diese Frage ist etwas verfrüht, also darauf jetzt zu antworten fällt mir schwer, denn das Weingut ist noch nicht fertig. Im Moment erfahre und atme ich die Atmosphäre des grossartigen Terroirs und der grossartigen Menschen im Team bei Masseto. Wir alle arbeiten hier jeden Tag in Harmonie und mit einem unglaublichen Engagement.

Welche Weine bevorzugen Sie zum persönlichen Genuss und warum?

Eleonora Marconi: Dass ich einen Lieblingswein hätte, dem ist nicht so. Stattdessen wähle ich den Wein zum Geniessen, der je nach Stimmung und Anlass passt.

Gibt es Helden in Ihrem Leben?

Eleonora Marconi: Ja, meine Familie. Sie sind definitiv die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Sie unterstützen meine Träume und mein Wirken, egal wo ich lebe oder arbeite. Und das war besonders wichtig für mich, während ich um die halbe Welt gereist bin.

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