Michael & Florian

Genussbrüder Moosbrugger

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 2. April 2019


ÖSTERREICH (Gobelsburg und Arlberg) – Sie kamen eher zufällig als gewollt zu dem, was sie so nicht vermutet hatten: Michael Moosbrugger (53) wurde Chef eines der besten Weingüter Österreichs (Schloss Gobelsburg) und Florian Moosbrugger (49) wurde Hausherr der renommierten „Post“ in Lech am Arlberg, einem Fünf-Sterne-Haus mit ambitionierter Küche. Wie kam es dazu?

Wie in vielen Unternehmen üblich folgt die nächste Generation den Zwängen oder bestenfalls den Wünschen der Familie. Im Fall Moosbrugger war Michael der Kandidat für die „Post“, was Bruder Florian gern akzeptierte – schien ihm das Wirken und Leben in der Hotellerie damals für nicht unbedingt erstrebenswert. Doch dann ereilte die Familie ein Schicksalsschlag. Vater Franz war 1988 als leidenschaftlicher Bergsteiger im Himalaya unterwegs. Es war die Höhenkrankheit, der er erlag. Mutter Kristl stand von heute auf morgen allein im Haus, hatte die ganze Verantwortung. Die Brüder unterstützten die Mutter fortan nach Kräften, wobei sich in dieser Zeit bei beiden die späteren Berufswege abzeichneten.

Die Entscheidung

Nach einer internationalen Ausbildung mit Hotelfachschule übertrug Mutter Kristl ihrem Sohn Florian in 1994 die Geschäftsführung des Hauses. Währenddessen erwachte in Michael der Wunsch, sich dem Faible des Vaters zu widmen – dem Wein. Für Vater Franz war Wein stets von großer Bedeutung. Dies zeugt auch davon, dass er als Qualitäts-Pionier für Wein in der Hotelbranche galt und Mitbegründer eines Sommeliervereins war. Als Michael seinem Bruder seine zukünftigen Weinpläne offenbarte, war Florian überrascht aber auch stolz, weil er diesen Schritt seines Bruders als mutig empfand. Gleichzeitig freute er sich aber auch darüber, dass er nun ohne Hindernisse Chef der „Post“ werden konnte.

Der plötzliche Tod des Vaters hatte die Familie noch enger verbunden. Während Schwester Johanna das Elternhaus mütterlichseits, das Bergschlössl in St. Anton, übernahm, begann Michael eine Beschäftigung im Gut Oberstockstall, gelegen in der Weinregion Wagram, damals ein vielfältiger Betrieb mit den Sparten Gastronomie, Landwirtschaft, Obst und Weinbau. Hier eignete er sich den Umgang mit dem Weinbau und der Vinifikation per learning by doing an. Seine Vorliebe war aber eigentlich die Gastronomie, dennoch suchte Michael parallel ein Weinobjekt mit Keller, das er übernehmen könnte, wurde aber nicht fündig. Willi Bründlmayer gehörte damals schon zum engeren Netzwerk von Michael und er war es auch, der Michael mit einem Objekt in Verbindung brachte, dass sein Leben ausfüllen würde.

Projekte: Schlossweingut und Hotel

Als Willi Bründlmayer seinem Weinfreund das Objekt benannte, war Michael erstaunt. Es war Schloss Gobelsburg, seit 1740 im Besitz von Stift Zwettl. Nachdem beide in 1995 dort vorstellig wurden, ging alles sehr schnell. Michael übersiedelte ein Jahr später ins Schloss und unterschrieb einen Vertrag mit einer Laufzeit von zwei Generationen. Dabei war ihm durchaus klar, dass er vor einem Sprung ins kalte Wasser stand, doch er hatte Schützenhilfe in Willi Bründlmayer. Was Michael auf Schloss Gobelsburg vorfand, war eine gute Ausstattung und vor allem genetisch hervorragendes Rebmaterial, das vom Gut lange Zeit selbst veredelt wurde. Auch wurden keine Spritzmittel in den Weingärten verwandt und die Reben waren vollauf gesund. Die Keller waren bestens aufgestellt, Wein konnte hier optimal reifen.

Während sich Michael fortan als Winzer etablierte entwickelte sich Florian zu einem gestandenen Hotelchef. Aber es dauerte einige Jahre, bis sich Florian rundum in seinem Job wohl fühlte. Er brauchte verständlicherweise Zeit, denn das Weiterführen eines solchen Hotelbetriebes erforderte Verantwortung, auch für ein mögliches Scheitern. Wer die Branche kennt und die Übernahme eines elterlichen Betriebes, egal in welcher Branche, mal vollzogen hat, kann dem nachfühlen. Florians Vorteil war, dass er von klein auf die Eltern im Hotelbetrieb erlebte und auch die stete Entwicklung mitverfolgen konnte.

Schloss Gobelsburg

Währenddessen erweiterte Michael kontinuierlich die Rebflächen des Weingutes. Bei seinem Start bewirtschaftete man auf Schloss Gobelsburg 35 Hektar, heute sind es 80 Hektar. Parallel baute er den Export aus – als er anfing, gingen gerade mal ein Prozent ins Ausland, heute sind es zwei Drittel der Produktion, allein die Hälfte davon geht nach Übersee. Außerdem führte er eine Traditionslinie ein, mit Riesling und Grüner Veltliner, die vinifiziert werden wie in alten Zeiten. Die Weine kommen ins Holzfass, erhalten ordentlich Zeit für die Reifung und sind im Abverkauf sehr erfolgreich – hat doch die Nachfrage nach reifen Weinen stark zugenommen.

Nebenbei hat Michael in seiner Zeit als Vorsitzender im Verein der Traditionsweingüter Österreich – vergleichbar mit dem deutschen Verband der Prädikatsweingüter (VDP) – eine Klassifizierung der Ersten Lagen eingeführt. Bis zum letzten Jahr zählte man 36 Mitglieder im Verein, die sich aus Gütern der Weingebiete Kamptal, Kremstal, Traisental und Wagram rekrutieren. In 2019 explodierte dann die Mitgliederzahl durch Aufnahme von sechs Betrieben aus Wien und 20 aus der Region Carnuntum, damit sind aktuell 62 Betriebe im Verein integriert. Nebenbei wurden 72 Rieden als Erste Lage klassifiziert. Nicht jeder kennt den Begriff „Riede“, daher hier eine kurze Begriffserklärung: Nach dem österreichischen Weingesetz bezeichnet eine Riede eine Lage innerhalb einer Gemeinde, die sich meist durch natürliche, seltener durch künstliche Grenzen oder alternativ durch traditionelle weinbauliche Nutzung als selbstständig zu erachtender Gebietsteil definieren lässt oder auch infolge des Terroirs – Bodenbeschaffenheit und Kleinklima – Weine gleichartiger oder gleichwertige Weine erwarten lässt.

Michael reicht dieser Erfolg aber nicht. Er will sich weiterhin um Qualität und Lagen kümmern. Es bestehen freundschaftliche Verhältnisse zu Betrieben aus der Steiermark, den STK-Weingütern (Steirische Terroir und Klassikweingüter), die sogar noch einen Schritt weiter sind und Große Lagen, also das Beste vom Besten, ausgewiesen haben.

Fans österreichischer Weine

Auf den ersten Blick scheinen die Mühen eines Hotelchefs geringer als die eines Weingutsleiters zu sein. Doch Florian widerspricht dem und verweist auf die Verantwortung den Gästen gegenüber und auf den Umgang mit den Schwankungen in der Saison. Während Michael die Erholung im Haus des Bruders mehrmals im Jahr genießt, reist Florian meist seltener ins Kremstal zu einem Besuch des Weingutes. Wenn er dann mal in Gobelsburg ist, empfindet er Glücksgefühle, wie er sagt, nicht nur, weil er wieder gemeinsame Zeit mit seinem Bruder verbringen kann, sondern auch weil er in Gobelsburg großartige Weine probieren darf. Und überhaupt outet er sich als Fan österreichischer Weine, die vielfältig auf der Karte der „Post“ zu finden sind.

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