Klassifikation Saint-Emilion endgültig erledigt

18.03.2009 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Nun ist der Alptraum der Erzeuger aus der französischen Weinbauregion Saint-Émilion wahr geworden. Gestern hat das französische Berufungsgericht ablehnend entschieden, die umstrittene Klassifikation Saint-Émilion vorerst solange bestehen zu lassen, bis man eine eindeutige Regelung gefunden hat. Damit ist die bisherige Verfügung eines untergeordneten Bordolaiser Gerichtes, die es vorsah die Klassifikation von 2006 bis 2016 bestehen zu lassen, endgültig nichtig gemacht worden.

 

Auslöser der gerichtlichen Auseinandersetzung war die Klage von 9 französischen Erzeugern, die das Schema der Verkostung und damit die Klassifikation selbst bemängelt hatten, weil zuerst die Weine von bereits klassifizierten Gütern und dann erst die Weine von noch nicht klassifizierten Gütern verkostet und klassifiziert worden waren (wir berichteten mehrfach - siehe verwandte Artikel).

Die jetzt vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung bedeutet nicht nur, dass die Etiketten der 2006er und 2007er Weine geändert werden müssen, sondern auch die Etiketten der bereits exportierten Weine sind davon betroffen. Bereits im August 2008 hatten die USA den Import französischer Weine aus dem Bordolais wegen den Kontroversen über eindeutige Etikettierungen französischer Weine gestoppt.

"Wir müssen nun dringend eine Regelung finden, um alle Erzeuger zufrieden zu stellen und auch um einen wirtschaftlichen Schaden möglichst zu vermeiden" so ein Sprecher der INAO (Institut National des Appellations d'Origine) und fügt an, "zusammen mit dem Landwirtschaftsministerium werden wir uns zeitnah mit dem Senat besprechen, damit wir Klarheit für die Zukunft haben." In der lokalen Presse wird ein Sprecher der Winzer zitiert: "Die Entscheidung hat auch einen immensen wirtschaftlichen Aspekt, denn die Grand Gru Classé aus Saint-Émilion haben einen Bonus im Preis von mindestens 30%. Insbesondere im Export spielt dies eine wichtige Rolle".

Saint-Émilion, ca. 35 km östlich von Bordeaux, besitzt eine eigene Appellation, die auch einige Nachbargemeinden umfasst. Zusammen mit Pomerol bildet Saint-Émilion das Kerngebiet des sogenannten "Rechten Ufers" der Gironde bzw. Dordogne. Merlot ist hier die vorherrschende Rebsorte, neben den hier nur vereinzelt angebauten Cabernet-Sauvignon bzw. Cabernet Franc.

Im Gegensatz zu den Weinen aus dem Médoc waren die Weine rund um Saint-Émilion, einem malerischen Dorf mit knapp 2.500 Einwohnern und Weltkulturerbe der Unesco, nicht in der Klassifikation von 1855 enthalten. Erst im Jahre 1955 wurden die Weine von Saint Émilion in die Klassen "Saint-Émilion" und "Saint Émilion Grand Cru" eingeteilt, mit der Maßgabe, die Klassifizierung alle 10 Jahre anzupassen. Bisher gab es Revisionen in den Jahren 1969, 1985, 1996 und zuletzt 2006. Dann im März 2007 wurde die Klassifikation von 2006 vom Bordolaiser Verwaltungsgericht suspendiert, um im November 2007 wiederum in Kraft zu treten.