Champagne Louis Roederer eröffnet eigene Rebschule

29.08.2015 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Reims) - Um eine bessere Kontrolle über die eigenen Rebstöcke zu erhalten, hat Champagne Louis Roederer jüngst eine Rebschule eröffnet. Hier will Roederer Experimente mit Reben aus der Prä-Phylloxera Epoche, also vor 1870, bevor in Europa die Reblauskatastrophe begann, durchführen. Die wurzelechten Reben dieser Zeit haben den Ruf besonders langlebig zu sein. Um die Rebschule betreiben zu dürfen wurde der Maison Louis Roederer von staatlicher Seite der Status "Pépiniériste privé" gewährt - die Erlaubnis mit Reben experimentieren zu dürfen.

 

"Es war ein langer Prozess bis zur Genehmigung", sagt Jean Baptiste Lecaillon, Kellermeister und Vice-Präsident des Champagnerhauses. "Seit 1996 stammen unsere Champagner zu 100 Prozent von eigenen Reben - wir haben seitdem keine Reben zugekauft. Trauben von 80 Hektar unserer insgesamt 240 Hektar unter Ertrag werden ausschließlich für Louis Roederer Cristal verwendet. Diese Trauben stammen von Reben, die biologisch-dynamisch gewachsen sind und der Rest der Rebflächen bewirtschaften wir ökologisch."

In 2013 hat Roederer auf Versuchsflächen rund um Bouleuse (Nähe Reims) begonnen, amerikanische Unterlagsreben mit eigenen gezogenen Reben (Massalé-Verfahren*) zu vermehren. In spätestens einem oder zwei Jahren werden diese Reben in gewünschte Rebhänge gepflanzt werden. Ab dann kann Roederer auf den Zukauf von Reben völlig verzichten. 

"Für uns ist es ein großer Vorteil, eigene junge Reben, von deren Qualität wir vollends überzeugt sind, nutzen zu können. Soweit wir wissen, sind wir der einzige Produzent von Champagner, der dann dazu in der Lage ist", sagt Lecaillon. "Unsere parallelen Experimente mit der eigenen Rebschule werden zukünftig zeigen, ob sich Unterschiede im Geschmack von Trauben, geerntet von wurzelechten Reben aus der Prä-Phylloxera Epoche und denen auf Basis der amerikanischen Unterlagsreben gibt." 

 

*Das Masselé-Verfahren zur Vermehrung von Reben hat im Gegensatz zur klonalen Selektion einen anderen Ansatz. Üblicherweise werden beste Klone zur Auffrischung oder Neupflanzung einer Rebfläche - meist nur von wenigen Varianten - verwendet. Dies birgt aber auf lange Sicht die Gefahr einer genetischen Verarmung und Identitätsverlust durch Abschwächung der DNA. Dagegen stützt sich das Massalé-Verfahren nicht nur auf das genetische Material einer einzigen Mutterpflanze. Stattdessen werden sorgfältig ausgesuchte Teilstücke von Jahrzehnten altern Rebstöcken zur Vervielfältigung verwendet. Man geht davon aus, dass sich alte Reben an ein bestimmtes Terroir angepasst und optimiert haben. Somit will man auch eine mögliche genetische Verarmung des Rebbestandes verringern.